Französisch Guayana Teil zwo

Die überfahrt nach Kourou ist nur ein katzensprung oder ein langer schritt für die menschheit. Mit halbem segel und drei knoten ging es richtung der ansteuerungstonne. Alle polizeischiffe hatten sich verkrümelt, nur die alte dünung war dabei. Und zwischen den tonnen zwei und zwölf kam die feuchtigkeit von oben dazu, alle luken dicht und leichte regenklamotten an. Bei tonne sechs war ich schon durchnass, dann hörte es kurz auf und das ankermanöver im warmen regen neben der marina im fluss lief gut.
Der anker hielt und da die vorwäsche schon durch war, habe ich den hauptduschgang eingeleitet. Danach war es duftender und die sonne kam zurück. Ich hätte auch gern an der marina angelegt, aber kein guter platz war für mich frei. Somit liege ich vor anker im fluss.

20160129 marina kourou

 

20160129 marina kourou

 

Marina ist in diesem land eher eine umschreibung für einen anleger mit schwimmstegen. Aus der ersten perspektive ist das weniger als letzteres. Gegenüber wieder urwald und auf der marinaseite eine werft mit schiffsfriedhof. Das will morgen erkundet werden.

20160129 schiffsleiche

 

20160129 schiffsleiche

 

20160129 schiffsleiche

 

Ich will erst morgen vom schiff, um dessen verhalten hier im fluss zu beobachten. Noch liege ich zwischen der fahrwegstonne K19 und K21 außerhalb des fahrwassers und das sollte sich nicht wesentlich ändern.

Ein neues thema oder mal wieder aktuell: der kühlschrank. Er ist der energiefresser nummer eins, und wenn sich die batteriespannung unter vierundzwanzig volt absenkt, macht er pause. Freundlich mögen einige meinen, da er nur an den verbraucherbatterien hängt, könnten es auch zweiundzwanzig volt sein.
Im kühlschrank lagert aber auch ein kilo schweinesteaks im gefrierfach. Die sollten eigentlich auf den grill, aber was dort aus dem schrank waberte, war nicht lecker. Ohne welle kam bei mir ein pumpender magenreflex zutage. Den grünlichen braunen inhalt des siffenden beutels habe ich noch bei den inseln entsorgt. Das sekret durchlief leider den gesamten kühlschrank und ist schwerlich zu ertragen. Eine neue grundreinigung ist dringend anzuraten. Ein grund mehr, sich vegetarisch zu ernähren.

Nach einem kurzen telefonat in die heimat, für sechs cent in der minute in der hiesigen eurozone, habe ich auch das zeitfenster des raketenstarts in Kourou erfahren. Ab zwanzig nach acht sollte es anfangen – und es begann pünktlich. Irgendwelche mädels in einem kanu kreischten kurz auf, der himmel wurde hell. Dann stieg die rakete immer höher und ab dem siebenten bild wurde es lauter. Viel war nicht zu sehen, ging wohl alles glatt. Am ende sah ich noch die abgesprengten stufen und dann war das teure schauspiel vorbei.

 

Der erste ausflug nach Kourou, um ein wifi-netz zu finden, war mühselig und sehr heiß. Mit dem dingi und ablaufendem wasser zum marinaanleger und dann zu fuß weiter. Dieser stadtteil heißt le Bourg und ist runtergekommen. Durch fragen habe ich dann ein internetcafe gefunden, im chinesischen laden.
Auf dem rückweg wollte ich noch etwas einkaufen, da waren am nachmittag aber alle läden zu. Morgen werde ich es besser planen.

Der zweite ausflug war diesmal mit dem rad, um den erkundungsradius zu vergrößern. Ein schnell hochgezogenes dorf – und den bewohnern ist der zustand der häuser egal. Oft sind die fenster kaputt, türen ausgehebelt oder einfach nur alles dreckig. Müll landet irgendwo, auch im kanalsystem.
Dann bin ich richtung meer gefahren und dort gibt es sogar einen strand. Die häuser dort sind in besserem zustand, aber alle hausöffnungen sind vergittert. Dann bin ich bei der post vorbei, und dort war eine sehr lange schlange, zum monatsende wird wohl die sozialhilfe ausgezahlt. Einen richtigen supermarkt konnte ich nicht finden, und nur die chinesischen. Dort haben sie mich noch beschissen, eine packung süße paprikachips auf dem kassenbon, die ich nicht gekauft hatte.
Am späten nachmittag kamen die fischer wieder und haben mir einen fisch geschenkt, ich wollte zahlen. Der war lecker, art unbekannt. Die fischer nehmen die fische auf dem steg aus, jeder woanders und der fang ist oft nicht klein. Das führt dazu, dass die fischköpfe sich an einigen stellen sammeln. Und deshalb gibt es hier sehr viele aasgeier, die besonders die gammligen köpfe mögen, auch im abwasserkanal vom fischmarkt her.

20160129 geier am abwasserkanal

 

20160129 geier am abwasserkanal

 

20160129 geier am abwasserkanal

 

20160129 geier am fluss

 

Gestern war ich das letzte mal an land und online für kurze zeit. Hier ist die fünfte jahreszeit ausgebrochen, für zwei tage. Laut trommeln und so weiter, nicht mein ding, die aktion im rheinland nervt mich auch. Dummerweise hat es in der nacht bis zum mittag hin geregnet und das abreisefenster hat sich geschlossen. Somit fahre ich am Mo richtung der inseln und am Di weiter. Saint-Laurent du Maroni ist das ziel.

Der nächste tag war auch regenzeit bis um zehn uhr morgens, dann klarte es auf und ich bin mit dem ablaufenden wasser in richtung der Iles du Salut motort. Der wind kam genau auf die nase und das segel konnte nicht richtig helfen. Die strömung ist sehr teuer, der verbrauch lag bei vier liter diesel in der stunde, und es ging trotzdem langsam voran. Bei den inseln hat sich in der zwischenzeit nichts getan und somit war der ankerplatz vom letzten mal auch frei.

Mal sehen, wie das ganze mit mir und dem schiff weitergeht. Es ist sehr viel luft bei mir raus, es nervt so vieles und die freude versteckt sich. Soll ich weiter machen oder zurück fahren, denn jetzt wäre noch die möglichkeit dazu. In der auszeit in der sich bewegenden heimat muss eine entscheidung gefällt werden. Leider fehlen mir richtig gute alternativen, und so denke ich zur zeit, dass es hier weitergehen wird. Vielleicht auch durch den kanal, mal sollte keine option völlig ausschließen. So langsam kann ich die abbrecher verstehen.

Die abfahrt war nach dem zweiten regenguss um halbelf. Es sollte auch nicht der letzte bleiben. Die erste stunde habe ich mich von den inseln freimotort und dann kam endlich brauchbarer wind. Es ging recht gut, beim regenschauer ins trockene und wieder raus. Um kurz nach vier war dann der wind aus, dummerweise ist hier draußen eine grosse dünung. Damit das schiff in die richtige richtung treibt, habe ich noch ein stück genua draußen gelassen. Immerhin geht es mit zweieinhalb knoten voran, dank der strömung.

Bis zum sonnenaufgang hatte ich vierzig seemeilen zurückgelegt, treibend, auch mit über vier knoten. Radar an, laptop auf den kartentisch und die matratze in den gang, so ging es, denn die wellen kamen von quer. Oben auf der leiter sitzen und das radar bedienen ging schon schwerer und da schlich sich ein fehler ein. Das gerät schaltete nicht mehr vom standby in den aktiven modus. Als ich das bemerkt hatte und das problem gelöst hatte, gab es auch gleich einen alarm. Mehrere fischer eine meile seitlich von mir entfernt. Die hatten glück gehabt. Sie fischten an der gleichen tiefenlinie, an der mich die strömung voran geschoben hat, um kurven herum.
Am nächsten morgen ging es zuerst mit dem segel weiter und um zehn ein kurze krisensitzung mit mir. Wenn ich den Maroni erreichen will mit dem auflaufenden wasser, so musste der motor an. Ein paar meilen nach der mündung auf der linken seite kommt ein kleinerer fluss in den grossen, der anker fiel um vierzehn uhr mit dem hochwasser zusammen.
Nach über hundert meilen und der ersten nachtfahrt seit einiger zeit ist erstmal wieder ruhe im schiff. Morgen geht es das letzte stück bis in die stadt hinein.

20160204 ankerplatz im maroni

 

20160204 ankerplatz im maroni

 

20160204 ankerplatz im maroni

 

20160204 ankerplatz im maroni

 

Die nacht im fluss war sehr ruhig und erholsam. Mit dem morgenhochwasser bin ich dann das letzte stück bis nach Saint Laurent gefahren. Das schiff muss schon sehr bewachsen sein und auch der propeller, denn die geschwindigkeiten von früher sind nicht mehr zu erreichen.

20160204 saint laurent

 

Am ende habe ich die marina gefunden, oder das, was die menschen hier als marina bezeichnen. Fünfzehn verstreute mooringbojen, die zwischen alten schiffswracks liegen. Mit meinem ladebaumhaken in langsamer fahrt gegen den strom habe ich auch eine erwischt. Der ladebaum war am anderen ende an das schiff gebunden, das habe ich aus Lissaboner fehlern gelernt. Nur wie jetzt ein seil durch den schäkel auf wasserhöhe bekommen?
Das problem löste sich von alleine, das schiff drehte sich, die boje wanderte, der ladebaum rutschte an der seite entlang und entfernte ein langes stück der farbe am rumpf und dann streckte sich der fette haken, gab nach und ich war wieder frei.
Der anker fiel in der nähe des bootsteges, bis einer von der marina ankam und mich zu einer distanz von hundertfünfzig metern aufforderte. Ich deutete auf die mooringboje, die ich gern hätte und er band ein seil daran. Am nachmittagshochwasser wechselte ich  meine position und ein anderer mooringlieger im schlauchboot half mir mit dem seil zum schiff.

20160204 saint laurent schiffswrack

 

20160204 saint laurent schiffswrack

 

Alles weitere im nächsten bericht.

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