Back to the route

Für diejenigen, die keine zeit haben: ich bin in Brasilien angekommen, sonst wäre dies ja auch nicht zu lesen. Die geplante route von zweitausendreihundert meilen wollte ich mal schnell segeln, hat etwas länger gedauert, die tücke liegt im detail. Also besser das ganze elend von anfang an beschrieben.

Nachmittags um drei habe ich den ankerplatz verlassen und am ende des bojenweges die segel gesetzt. Mein geplanter weg liegt auf dem kurs von fünfzig grad, leider konnte ich nur bis zehn grad segeln. Ok, hauptsache die richtung stimmt grob. Bis morgens um halb sechs hatte der wind jedoch so gedreht und dann aufgehört, dass der motor mal an musste. Schöner mist, ich bin die ersten neunzig meilen in die falsche richtung gesegelt, an den Iles de Salut vorbei und schon fast wieder am Maroni angekommen. Hin ging superschnell und der weg zurück ist mühsam. Ab neun uhr kam dann wind und mit drei knoten geht es zurück. Mindestens einen tag verloren.

Aus den erfahrungen des ersten tages habe ich am morgen des zweiten eine plane über der plicht gespannt. Ich habe hektoliter sonnenmilch dabei und aus unachtsamkeit nicht benutzt. Krebsrot sitze ich nun im schatten und beobachte das langsame schiff. Der umweg hätte nicht sein müssen, zumal die strömung dort nicht für mich war. Ansonsten gab es gestern nur einen schauer und das meer ist freundlich zu mir. Am späten abend werde ich hoffentlich am wegepunkt nummer eins sein, wenn es weiterhin mit drei knoten voran geht. Und zu guter letzt funktioniert auch die logge seit gestern, somit sehe ich, ob ich gegen oder mit dem strom fahre, hurra.

20160930 sonnenregendach

 

Die dritte nacht war bisher die beste, der schlafrythmus stellt sich mit dem backup-eierwecker ein. Alle stunde stehe ich auf, rundumblick, richtungskontrolle, speed. Bei meiner schneckengeschwindigkeit muss es nicht öfter sein.
Und jetzt beginnt die zeit der umkehrer und abbrecher. Ich fahre hoch am wind so gut es geht. Heute morgen war ich auf der höhe meines ersten wegepunktes, nur leider vierzig seemeilen versetzt. Die wellen kommen aus der gleichen richtung wie der wind, also ekeliges gegenan. Hat das schiff ein wenig speed, so bremst es sich in der übernächsten welle ab, kursabfall und dann wieder anlaufen. Ich komme so nur auf drei meilen pro stunde.
Eigentlich hätte ich rechts abbiegen sollen, aber dort kommt genau der wind her, also weiter geradeaus, kurs nordost.

route september2016

 

Meine vier besucher heute nacht machten im anflug einen ziemlichen lärm, und auch wenn der sitzabstand stimmte, gab es gezeter. Nach meinem ernergischen aufruf war dann ruhe. Meiner bitte nachzukommen, das schiff nicht als wc zu benutzen, fanden sie überflüssig. Da waren mir doch die ersten delfine gestern abend lieber.

An diesen vierten tag auf see kommen auch die passenden beine wieder. Nicht dass ich nicht essen könnte, nur das kochen fällt mir schwer. Der herd ist kardanisch am anschlag und so gab es rohkost, kartoffeln, möhren, paprika. Geht auch mal.

Der abend der fünften nacht begann schon nicht gut, gerade den wecker nach dem sonnenuntergang gestellt und ein licht am horizont ausgemacht. Nach über einer stunde war der dampfer endlich vor meinem bug durch, zu weit, um etwas erkennen zu können.
Dann kam der erste schauer von vielen und so blieb ich unter deck auf dem fußboden. Am morgen zuerst kein wind und flatternde segel, danach ein wenig motort. Dann kam recht viel wind, kurz vor dem reffen. Das hat schon geschlaucht. Und nach fünf tagen bin ich gerade netto zweihundertfünfzig meilen von der marina entfernt. Sehr mühsam das ganze.

Doch weiter. Die letzte nacht war auch wieder eine zum vergessen. Am abend hatte der wind noch gedreht und das schiff mit, ein südkurs. Aber nur für kurze zeit und dann war windstille, alle segel runter. Dann begann das, was ich zuvor auf der ganzen reise zuvor nicht hatte, heftigste regenschauer. Da ich den sonnenschutz nicht abgenommen hatte, regnete es auch nicht ins schiff hinein. Das ging mit unterbrechungen bis in den morgen hinein. Meine vier gäste waren auch wieder mal zu besuch.
Dann ging die sonne auf und um mich herum drei aktive regengebiete. Die frage war nicht welches, sondern in welcher reihenfolge sie mich erwischen sollten. Dazu kein wind, und so wurde die strecke von gestern nachmittag durch treiben wieder vernichtet.

20161003 heftiger regen

 

20161003 heftiger regen

 

Vor genau zwei jahren ist mein mast heruntergekommen. Bis auf meinen fertigen kaffee heute morgen, der sich durch heftiges schaukeln gelöst und ins cockpit ergossen hat, ist bis jetzt noch alles ok.

Die nächste nacht war ebenfalls ohne wind und regen, ruhiges schlafen im cockpit. Die besucher waren wieder da, leider sehr lichtscheu oder nicht ablichtbar, vielleicht später. Der wind stellte sich erst am morgen ein und war schwach. Aber mit der goldader von zweieinhalb knoten strom sind bis zu fünf knoten über grund machbar. Das ganze leider nur bis zum mittag, dann der ganze flautenfrust von vorn.
Ein neuer gast hat sich wieder gezeigt, ein kleiner gecko, den ich schon in der marina beim leinenaufräumen gesehen hatte. Mal sehen, wie lange er sich von den anderen ungebetenen gästen ernähren kann.

20161004 besucher

 

Zum abend hin wurde es dann spannend, der wind war brauchbar. Das abendessen war geplant, doch dann zog es sich von hinten und seitlich zu, richtig fett dunkel. Also flucht nach vorn. Doch dann wurde die andere seite auch noch schwarz und die einzige fluchtrichtung war süden. Das essen wurde von bratfisch zu kochfisch umdisponiert, alle luken zu und regenklamotten bereitgelegt.
Kurz nach dem sonnenuntergang hat es mich dann doch erwischt, sehr nass und teilweise zu viel wind. Nach einer stunde habe ich dann die segel in einer günstigen minute gestrichen. So gut es ging festgebunden und unter deck. Haut ist wasserundurlässig, trocknen musste ich mich trotzdem.

route oktoberber2016 01-05

 

Was für eine nacht, ein schiff in fahrt mit wellen geht, naja. Aber ohne fahrt auf dem meer ergibt es eine sehr schlechte nacht.
Heute habe ich mal vor dem dunkeln werden gerefft und warte die nacht ab. Das regengebiet ist durchgezogen und auf der rückseite war heute gutes segeln, ein stück weiter zum ziel.

Da ich das gleiche spiel am nächsten abend nicht noch einmal verlieren wollte, habe ich zuerst gerefft und später das groß wieder herunter geholt. Die genua habe ich auch verkleinert, wollte ich doch schlaf finden. Meine augenringe sollten auch mal weggehen.
So um mitternacht habe ich dann die linie von der herfahrt überschritten, kam mir die gegend doch gleich so bekannt vor. Auch die wasserpflanzen von der herfahrt sind wieder da.

20161004 wasserpflanzen

 

Am morgen dann ernüchterung, schlechter kurs, wind bis fünfunddreißig und regen. Da kommt dann wieder der fragensteller, wieso, weshalb und warum. Aber dafür alles in warm.
Ein wenig experimentiert und der autopilot steuert richtung süden, mehr geht nicht. Die stuka am heck ist soundmässig auf der startbahn und macht fünf ampere. Soweit alles gut und das kaffeekochen geht gaaaaaanz vorsichtig, bewegt sich doch die küche dreidimensional.

Nur noch zweihundert meilen bis zum nächsten wegepunkt.

Was haben eine bananenstaude und ein kühlschrank gemeinsam? Nun, es wird alles zur selben zeit reif. Mein kühlschrank hat das kühlen eingestellt, obwohl meiner meinung nach genügend strom vorhanden ist. Somit ist das eisfach mit einem kilogramm bräuler und fisch aufgetaut. Jetzt muss ich alles schnell verarbeiten und essen. Nicht so, wie ich das geplant hatte. Eine kühlbox wäre wohl doch etwas praktischer gewesen.

Dafür liefen der letzte tag und die nacht recht gut, schlafen ging draußen und das schiff hat seinen eignen kurs gefahren. Ohne hilfsmittel, zuerst fast nach ost und am ende nordost. Also in der früh eine wende und das ganze in die andere richtung. Nur auf dem steuerbordbug geht es nicht so einfach, da muss die windfahne helfen. Ich zähle schon nicht mehr die tage, heute ist der achte oktober.

Und es war auch der erste tag mit fundstücken. Vier tote fische an deck und ein kleiner tintenfisch. Dafür aber auch ein abgang durch die wellen, mein rumpfreiniger, den ich noch nie gebraucht habe und seit anfang an mitschleppe, adios.

Die tage verauschen und nichts wirklich neues passiert. Mal ein schiff am horizont, der mond ist wieder da und die besucher scheißen das deck zu. Nach der windigen zeit der letzten tage kommen jetzt die gemäßigten, leichtes segeln.
Meine gedanken zu Patagonien, es wird eng, zu mindest zum jahreswechsel. Es wird sich zeigen, wie viel zeit noch für das schiff aufzuwenden sein wird. Das nächste ziel ist erstmal Jacare, vielleicht eine alternative zum nachdenken.

Heute ist der zehnte, bis gestern abend war alles gut und es kam freude auf. Der wind drehte für die richtige richtung sehr freundlich, die fahrt war geschwind und das essen war schon vorbereitet. Ein blick auf das groß und aus die maus.
Die beiden rutscher vom segelkopf waren nicht mehr verbunden. Mein versuch von vor drei wochen, das ganze mit kleinen seilen zu realisieren, ist gefloppt. Also segel runter, festzurren und nur mit der genua weiter. Repariert wird bei schwachwind.
Nur nun passte es auch nicht mehr mit dem wind und dem kurs. Die rote linie habe ich fast rechtwinklig überschritten und im morgengrauen eine wende gefahren.

Dafür habe ich den wegepunkt zwei um hundert meilen übersprungen, bis zum nächsten sind es noch vierhundert. Aber nur, wenn ich genau auf der strömungsneutralen roten linie bleibe, also zur zeit eine illusion.

route oktoberber2016 05-10

 

Kann man schlimme nächte steigern? Man kann. Die abendessenvorbereitungen für asiatische bratnudeln liefen noch ganz gut, der restliche fisch kam olfaktorisch nicht weit und musste wieder schwimmen lernen. Also vegetarisch kochen mit herd am anschlag, heiß und fettig.
Der wind frischte auf, der kurs war super und das essen gab es im cockpit, allerdings schon sitzend auf dem boden. Danach noch schnell abwaschen, denn so etwas rächt sich in der nacht oder am nächsten morgen.
Die genua verkleinert und der wind nahm weiter zu. Bei fünfundzwanzig knoten habe ich dann das groß geborgen, genua verkleinert. Das war bis jetzt alles gut und ich beglückwünschte mich zu der entscheidung. Der wind nahm weiter zu, über dreißig.
Es war dunkel und ein wenig schlaf wäre auch gut. Draußen war es meteologisch trocken, wellen schlugen an die außenhaut und spritzten. Zudem war es laut, also doch nach unten, in die dauerschaukelei. Auf dem boden zwischen schrank und motorraum, und mit keili, der blauen matratze, bekam ich ein wenig schlaf, zu wenig. Das muss besser werden.

20161011 schlafplatz mit keili

 

Am nächsten abend ist dann der wind auch eingeschlafen und ich bin in der nacht leicht zurückgetrieben. Der morgen dann mit schönstem wetter, leider ohne wind. Dieser ist durch das hochziehen des großsegels auch nicht aus der reserve zu locken. Heute ist der zwölfte und badetag, denn das schiff treibt mit einem halben knoten in die falsche richtung.
Unterwasser hat sich dann die katastrophe gezeigt: sehr viel farbe ab und roststreifen von einem falsch angesetzten spachtel. Das schiff muss definitiv aus dem wasser.

Dafür ist es auch die fahrende imbissbude, zumindest für fünf dorados, die mitschwimmen. Das andere zwei dutzend kleiner fische sucht schutz beim schiff.
Und es haben sich auch zwei dinge wieder angefunden, der rumpfreiniger hatte sich unter dem schlauchboot versteckt und der gecko ist gestern abend auch wieder an deck gesichtet worden.

Eigentore gleich ein paar mal. Der tagesmeilenzähler im gps ist am vierstelligen ende angekommen und so musste ich das teil zurücksetzen. Da ich RTFM nicht mag, habe ich im menu alles zum löschen gefunden. Nach einem neustart funktionierte das gps wieder bestens.
Und so bin ich die letzten tage schöne kurse gefahren, jedoch wich die pc-gps-mouse vom kurs des neugestarteten gps ab. Hatte ich schon einmal, fand ich nicht so schlimm. Tagsüber fahre ich nach dem gerät und alle paar stunden nehme ich eine position in die karte auf.
Nach drei tagen wurde es mir dann doch zu komisch und ich habe das alte hand-gps aktiviert, das zeigte noch andere daten. Aber es gab da einen menupunkt mit der magnetischen missweisung. So etwas gibt es auch beim haupt-gps und war nicht gesetzt, weil alles gelöscht wurde. Von den schönen kursen werden nun zwanzig grad abgezogen und schon stimmt auch die gps-mouse.
Passwörter bei einem pc können hilfreich sein, man darf sie nur nicht vergessen. Es hat mich über eine stunde gekostet um den rechner nummer drei zu reanimieren, aber ich habe ja die zeit. Nach drei versuchen schaltet sich das gerät wieder ab und der systemstart kann von vorn beginnen.

Heute ist der vierzehnte oktober und vom wind noch nichts neues. Seit tagen kommt er schwach aus südost, da will ich hin. Es sind nur nordost- oder südwestkurse möglich, letztere bedeuten zurück. Ich habe mich schon hundertfünfzig meilen von der roten linie entfernt, mit der konsequenz, dass hier andere strömungen herrschen. Wenn das schiff zu sehr anluvt und stehen bleibt, fährt es gleich rückwärts, bis es abfällt und wieder fahrt aufnimmt, das nervt. Aber ich will das ja so.
Auch habe ich aufgehört, die toten fische an deck zu zählen, auf der hinfahrt war das ja alles neu. Nur heute hatte ich einen kleinen schwertfisch auf dem schiff, zehn zentimeter schwert, rumpf genau so lang. Hatte sich wohl auch vor feinden zu retten versucht.
Dann gehen meine frischen vorräte zur neige und bald gibt es nur noch zwiebeln, die Leningrad Cowboys lassen grüßen. Außerdem ist ab heute die alkoholfreie zeit angebrochen, alles alle und noch fünfzehnhundert meilen bis Jacare. Freude von seiten der leber.

Diese nacht war wieder neu, schaukeln und kein wind, der ist nach sonnenuntergang auch gegangen. Platte see, mitten auf dem atlantik. Am morgen habe ich dann die günstige gelegenheit zur montage des watermakers benutzt. Auch diesen job hätte ich besser in der marina gemacht, da schaukelt es weniger.
Zusammengeschraubt war die membrane schnell, undichte verschraubungen sind jetzt dicht. Und ehemals dichte sind undicht. Ärgerlich, das druckrohr ist bei arbeitsdruck dicht, sonst plört es dort heraus, mal sehen.

Und da ich nicht noch weiter nach norden wie heute nacht treiben will, läuft der motor mit dem ziel, wasser zu produzieren. Das ganze auf dem richtigen kurs und für mehrere stunden.

Wie gestern ist auch der folgende tag ohne wind, ich schaffe sechs meilen in zwölf stunden und in eine gute richtung. Die motorstunden gingen letzte nacht im regen und im falschen strom wieder verloren.

20161015 atlantik

 

20161015 atlantik

 

Wenn das so weiter geht, wird es eng mit den lebensmitteln und mit dem zeitplan sowieso. Hatte mir das alles besser und schneller gedacht, jetzt wollte ich eigentlich schon rechts abbiegen. Arbeiten, die ich geplant habe, kann ich nicht ausführen, dafür müsste ich in den mast. Dort ist es ungemütlich, aufgrund der wellen, ausschlag fünf meter nach links und rechts sind zuviel. Der nächste aufenthalt muss dafür herhalten.
Das wasser ist noch immer warm und so war ich heute wieder unter dem schiff. Die neue pockengeneration hat sich schon niedergelassen, mist. Der taucher hat bei seinem job wohl auch die opferanoden vom ruder und der welle gepult, ein an-land-job. Und dann fehlt ein halber quadratmeter farbe an der backbordseite oberhalb der wasserlinie, wo das schiff fast am dicksten ist. Noch keine plausible erklärung dafür.

Die nacht war ohne wind, nur mit regen und am morgen fing es leicht an zu wehen. Zu viel, um die segel unten zu lassen, zu wenig, damit segeln möglich wäre. Also ab und an motor starten, segel runter und wieder rauf. Sehr nervig das ganze.
Mein versuch, auf die einzige dunkle regenwolke zuzufahren und dann herum gesogen zu werden, endete mit intensiver salzbeseitigung auf dem deck. Und danach: sense.

20161018 regenwolke am morgen

 

20161018 regenwolke am morgen

 

20161018 regenwolke ohne wind

 

Mit segeln geht ein kurs von hundertfünfzig, ist der motor aus, geht es gleich auf zweihundertdreizig und über einen knoten fahrt. Ich bin seit drei tagen in diesem treibloch und muss hier raus, nur wie ohne wind?
An apple a day keeps the doctor away. Seit fünf tagen esse ich schon pommes de terre, die helfen hoffentlich auch.

Der erste fluchtversuch von gestern wurde in der nacht mit minus zwölf meilen in richtung westen bestraft. Heute ist der zweite versuch dran. Nach dem sonnenaufgang sah es ja noch ganz gut aus, die wolken waren windverdächtig. Regenhose an und in drei stunden bin ich ganze fünf meilen in die richtige richtung gefahren. Ich bin jetzt schon über jeden kurs unter süd glücklich.

Wenn das schiff unter einem knoten durchs wasser fährt, drückt die strömung es weg. Das fällt aber sichtbar kaum auf, nur auf dem gps ist es ablesbar. Das gestrige schlagen des großsegels hat mindestens zwei ausgerissene kauschen verursacht und ein segelrutscher ist auch hin. Somit werde ich bis zum nächsten segelmacher im zweiten reff fahren. So etwas nimmt mich sehr mit, ich kann gar nicht so laut genug schreien, wie ich will. Bin dabei aber heiser geworden.

Der fortgesetzte fluchtversuch startete am nachmittag, tagestankfüllen, motor im standgas an, autopilot und in richtung roter linie. Dazu eine kleine genua und schon ging es langsam los. In der nacht nahm der wind leicht zu, dazu blitze und reichlich wasser von oben. Das radar war an, keine warnungen und ich habe am ende in der achterkabine bei leicht geöffnetem fenster geschlafen. Im schiff waren es fünfunddreißig grad, Mr. Perkins, der gerade in seiner tausendsten betriebsstunde geburtstag feierte, macht ordentlich hitze. Am morgen waren wir vierundzwanzig seemeilen weiter. Die zone der bösartigen strömung haben wir verlassen und der wind uns auch.

route oktoberber2016 10-20

 

Ich bin schon über drei wochen auf see und habe die entscheidende etappe noch nicht genommen, den wendepunkt zum abbiegen. Tagsüber versuche ich, zur roten strömungslinie zu kommen und wie gestern, mangels wind, zu treiben. Durch die motorstunden der letzten tage, treibe ich jetzt in die fast richtige richtung, zumindest nach ost.
Gestern war der letzte joghurt im müsli, die erdäpfel gehen auch zur neige. Das nächste mal werde ich mehr nach liste einkaufen gehen und weniger nach gefühl. Gestern war wohl auch der letzte auflauf im ofen. Irgendwie ist das kochen auf dem meer ein bisschen anders als an land.

Der gestrige tag war in der summe ganz ok. Achzig seemeilen gefahren, teilweise mit motor und am ende kamen sechzig meilen netto heraus. Das ist wesentlich besser als im nirvana viereck der letzten woche zu verweilen. Auch habe ich meine lernkurve angepasst, sobald das schiff unterstützung benötigt, geht Mr. Perkins an. Standgas reicht und es kann gesegelt werden, auf guten kursen. Ich möchte nicht aufgegebenderweise in Trinidad mit vollen tanks ankommen, dann habe ich am falschen ende gespart.

Die letzte kartoffel ging heute zum ersten frühstück am gaumen vorbei, jetzt muss ich nur noch auf den doktor warten. Der kann sich dann auch sich gleich meinen linken ellenbogen anschauen, der schmerzt seit heute nacht. Entweder habe ich ihn zu oft gestoßen oder, was wahrscheinlicher ist, zu viele manöver gefahren und mit links gekurbelt. Ich brauche beide hände. Heute ist schon wieder freitag, die tage vergehen wie im segeln.

Heute ist der zweiundzwanzigste oktober, und um es vorweg zu nehmen: es war ein guter tag und eine gute nacht, bis auf einen regenschauer. Mein beschluss, die richtung zum wegepunkt drei zu nehmen, war gut. Zuerst wollte ich die nacht durchmotoren, aber nach kurzer zeit konnte das schiff allein segeln. Morgens um neun habe ich gewendet und siehe da, die böse strömung war weg und gute drei knoten mit mir. Hätte ich mich mal gleich an den plan mit der roten linie gehalten. Somit sind es nur noch fünfhundert meilen zur rechtsabzweigung.

Ein anderes ereignis war gestern auch noch sehr interessant, die imbissbude wurde leergefressen. Damit meine ich nicht die letzte mohrrübe im kühlschrank.
Nach dem kaffee kamen so um zwanzig delfine, umkreisten mein schiff und waren nach kurzer zeit wieder verschwunden. Einzig mein echolot verriet die panik unter wasser. Meine vielen kleinen dauergäste drängten sich am rumpf und suchten schutz, dabei verursachten sie den tiefenalarm. Es waren noch alle da, aber die beiden zackenbarsche habe ich schon länger nicht mehr gesehen

Mittags kamen die gourmets dann zurück, so zirka hundert tiere. Weit draußen auf der hundertmeter linie waren die krachmacher, springenden und lärmverursacher. Auch voraus das gleiche schauspiel. Solch eine gruppe war auch auf der fünfzig meter linie unterwegs. Dazwischen schwammen ein dutzend, um das netz dort zu schließen.
Von dort aus schwammen dann sechser oder achtergruppen von delfinen dicht bei einander von hinten quer auf meine schiffsspitze zu. Von diesen fresseinheiten habe ich zur selben zeit fünf stück sichten können. Wenn diese beim schiff waren, drehten sie ab und schwammen wieder zurück zum anfang. Neben dem schiff waren viele paare an delfinen, sicherlich mütter mit dem nachwuchs.
Sollten es doch fische geschafft haben, auf die leeseite vom schiff zu kommen, so warteten dort die abräumer. Das ganze ging etwas um eine dreiviertel stunde, die mägen waren voll und unter meinem schiff wurde es ruhig. Heute habe ich nur noch drei kleine begleiter ausmachen können. Und komm mir da kein verklärter tierromantiker, die wollen nur mit dem schiff spielen. Ein delfin braucht sechs bis zehn kilogramm fisch täglich und der kommt nicht von käptän iglo.

Diesen sonntag war ich nicht in der kirche, also alles wie immer. Den sonnengott konnte ich heute live erleben. Und zur feier des tages gab es einen salat, den ich gestern gehobelt hatte. Das letzte stück frisch im schiff, ausser den zwiebeln. Der kohl sollte eigentlich mit den kartoffeln in einem auflauf enden, in den gleichen, wie den, der mich einst zu fall gebracht hatte. Aber der supermarkt hatte nur noch rotkohl und die kartoffeln sind in anderer art die speiseröhre hinab geglitten. Das sechzig jahre alte kochbuch meiner mutter hat ein rezept für rotkrautsalat. Und ich hatte noch kümmel für teures geld gekauft. Das ganze durfte einen tag ziehen und war gut essbar, bis auf den kümmel.
Eine sprache nur aus dem wörterbuch abzulesen ist mist, denn es ist kreuzkümmel. Werde ich anderweitig nutzen müssen.

Es war ein so schöner sonnenuntergang, am vorabend zwei monate vor weihnachten. Der ganze himmel war rosarot und keine wolken, das muss ein guter nächster tag werden. Der wind war genau richtig und ab ging es in die nacht hinein.
Nur wurde ich durch lautes segelknallen geweckt, das segel zur raison zu bitten, fiel aus, war doch der kurs nicht der angedachte. Einen blick in den zuvor sternenklaren himmel enthielt die antwort: schwarz. Also schnell die schlafutensilien unter deck gebracht, motor an für die kurskorrektur und das vorsegel eingerollt. Doch da kam auch schon der platzregen. Zuerst mit dem falschen arm gekurbelt und schmerzlich die position gewechselt. Am ende war ich unter meiner plane pitschnass geworden, ein unplanmäßiger wäschewechsel.
Unterdeck das radar angeschaltet und auf der trockenen matratze noch ein wenig schlummer gefunden. Am morgen war alles vorbei, zwar noch nass und schönstes wetter ohne wind.

route oktoberber2016 20-25

 

Es wurde dann doch noch ein sehr schöner segeltag und -nacht. Guter wind, sonne und durchgehend trocken, nur kurz vor dem sonnenuntergang ergab sich eine neue szene. Die wellen wurden ruppiger und kamen fast aus der richtung, in die wollte. Also oft ein rein-in-die welle, abstoppen und wieder fahrt aufnehmen. Aber alles halb so schlimm.
In der nacht nahm der wind leicht zu und am morgen waren dann auch die wellen höher. Im dunkeln habe ich auch das erste schiff seit zwei wochen am horizont gesehen, es drehte dann aber ab. Das war der erste tag mit einhundertzehn seemeilen und alles in die richtige richtung, geht doch.
Und heute morgen hat sich alles ein wenig verschärft, ich sitze jetzt unter deck, denn oben ist landunter. Das segeln spielt sich im bereich von dreißig knoten ab, das schiff zieht selbstständig seinen kurs. Trotz der kleineren genua geht es flott weiter, festhalten ist sehr angesagt, zumal mein arm besser, aber noch nicht wieder gut ist.

Der rest des tages war nach dem regen wieder normal oder halb so. Das erste mal, dass ich den ganzen tag keine sonne gesehen habe. Aber genug wind, um in richtung wegepunkt vier zu kommen.

Heute ist der sechsundzwanzigte Oktober, tag der entscheidung. Soll ich schon heute abbiegen, vor dem wendepunkt oder erst morgen. Ich weiß leider nicht mehr, warum ich den abbiegepunkt dorthin gesetzt habe. Habe mir hoffentlich etwas dabei gedacht. Bei meiner jetzigen geschwindigkeit brauche ich sowieso noch zwanzig stunden. Der wind ist kräftig im oberen zwanziger bereich und einigermaßen konstant, somit werde ich morgen mal auf der steuerbordseite segeln.

Heute vor genau einen monat habe ich Guayana abgelegt und wollte schon ganz woanders sein, halt eben die tückischen details. Nach dem wachwerden in der früh habe ich den ersten versuch unternommen, nach süden zu fahren. Ging gar nicht oder nur nach südwest und dann würde ich in nordbrasilien ankommen. Ich will aber nordostbrasilien als ziel. Also weiter auf dem alten kurs.
Am nachmittag dann der zweite versuch, gleiches ergebnis und der wind hat noch abgenommen. Das schiff fährt jetzt nur noch zweihundertvierzig grad oder neunzig grad selbstständig. Ich hoffe mal auf eine winddrehung, auf nord oder west wäre sehr schön. Morgen ist auch noch ein tag zum wenden.

Und die winddrehung fing schon am abend an, ich konnte einen SO kurs fahren, das war vorher nicht möglich. Das ganze endete um halbvier in der nacht mit regen, also alles nach unten. Dann klamotten runter baby, es fing an zu schütten und genua einholen. So eine dusche wirkt nicht immer. Danach noch ein paar schlummerminuten, in der das schiff dann nach norden gedriftet ist.
Dann nach dem sonnenaufgang ging es endlich richtung süden, zum anfang mit motorunterstützung und eine stunde später konnte das schiff selbst den kurs fahren. Jetzt sind es nur noch über achthundert meilen nach Jacare oder siebenhundertfünfzig zu den Kapverden.
Und das lief richtig gut, ich war schon am rechnen, drei knoten in der stunde, also gute dreihundert zum ziel, das sind rund vierzehn tage. Wenn ich vier knoten fahren würde, wären es noch um zweihundert stunden oder acht tage und bei fünf knoten wollte ich schon nicht mehr spekulieren. Denn bei seemeile neunzehn fiel der wind aus, motor half auch nicht mehr und sogar das groß habe ich herunter geholt. Dann trieb ich mit null komma zwei knoten in die ungefähre richtung, das macht in fünfzehn stunden drei meilen und in… Ende der frustrierten rechnung.
Während der guten zeit habe ich dann mein erstes no-knead-bread gebacken, für meinen herd akzeptabel und ganz lecker. Morgen geht es besser voran.

20161028 erstes brot

 

So schnell gebe ich nicht auf und so ging das vorsegel mit dem letzten licht wieder an den start. Es ging nicht schnell, aber ein stück in die richtige richtung, bis ich wieder durch den regen morgens um drei geweckt wurde. Dann bließ der wind zu kräftig, aber das segel hat es glücklicherweise überlebt. Der tag brach hell und sehr feucht an, der wind war gerade woanders aktiv.
Es ist schon wieder Samstag und mein linker arm ist noch nicht wieder ganz geheilt, für leichte arbeiten geht er aber schon wieder.

Es ist ein verregneter herbsttag, dieser neunundzwanzigste oktober, mit dauerregen. Der versuch, eine gewitterfront zum segeln zu nutzen, brauchte vier seemeilen. Der rest ist fast flaute, obwohl mir der windmesser etwas von zehn knoten erzählen will. Das liegt nur an dem hin und hergeschaukel. Mich frustriert nur, dass ich nicht weiterkomme. Ob sich die rossbreiten jetzt um mein schiff herum ausbreiten? Hoffentlich nicht.
Als therapeutische arbeit habe ich heute morgen das druckrohr vom watermaker bearbeitet und es scheint im drucklosen bereich dicht zu sein. Fehlt nur noch, dass es bei druck plört.

Es fängt schon wieder an, das was ich gestern abend unter segel noch motort habe, ging in der nacht durch zurücktreiben wieder verloren. Heute morgen wollte ich es wieder gutmachen und es endete im dicken regen ohne wind. Motor wieder aus, bringt ja nichts, und es geht wieder rückwärts. Mal sehen was der tag bringt, es ist ja erst acht uhr am dreißigsten.
Um zehn uhr hatte ich den status von gestern abend wieder und um zwölf war schluss mit lustig. Ich habe den tagestank wieder aufgefüllt und mit motor in richtung süden. Der dauerregen, der nach dem morgentlichen kaffee einsetzte, hält noch immer an und wurde für eine kalte dusche genutzt, wenigsten ist es süsswasser.

Nach dem regen kommt sonnenschein und das trockene wetter fing gestern nach dem sonnernuntergang an. Und nach der flaute kam erstmal wieder flaute, wie schon seit langem. Da ich in der nacht einen südostlichen kurs langsam gesegelt bin, muss ich zur roten route zurück. Ergo motor an, segel so gut es geht raus und das brummen ist ertragbar.
Dazu habe ich wasser produziert, wenn schon strom im überschuss anfällt. Das hurra des tages ist ein dichtes druckrohr bei druck und wieder ein normaler salzgehalt von dreihundertzehn ppm. Beim letzten mal war es über das doppelte, warum auch immer.
Die felsen Peter und Paul ohne Mary sind noch hundertdreißig meilen weit entfernt. Da will ich bei tageslicht dran vorbei. Welcher tag, das steht noch in den sternen, vielleicht morgen, dann ist schon november.

Das erste mal seit einigen tagen, dass ich segelnd meinen morgentlichen kaffee trinken kann. Die ruhe ist berauschend und der wind kommt das erste mal achterlich. Diese windrichtung ist aber mist, ineffizient und wie auf der atlantiküberquerung. Ich mach das beste daraus, irgendwie ein kurs mit süd im namen.
Auch hatte ich schon mal erwähnt, wie mies eine nacht ohne segel ist, genau wie letzte nacht. Abends um acht habe ich alle tücher herunter geholt und versucht, in der plicht zu schlafen. Eingeschlafen bin ich dann irgendwie, zwischen dem hin und her und aufgewacht, als ein regenschauer anfing. Den rest der nacht habe ich wieder auf dem fußboden verbracht, dabei wohl meinen nacken verrenkt. Dazu kommt, dass mein linker ellenbogen noch immer nicht wieder schmerzfrei ist, falsch ablegen oder benutzen wird mit einem signal der nervenbahnen beantwortet.
Auch war es für mich neu, einen ganzen monat auf dem meer zu verbringen, geht gut und tut auch nicht weh, bis auf die paar blessuren. Es kommt keine panik auf, keine langeweile und eine gewisse routine mit ruhe kehrt ein. Sollte man vielleicht einmal gemacht haben, um mit sich allein zu sein. Zweitausend meilen bin ich gesegelt und noch lange nicht am ersten ziel.
Gestern war dann noch einmal tauchen angesagt, es sieht schon wieder böse aus. Freie stellen sind mit kleinen pocken besetzt, dazwischen schon wieder entenmuscheln. Ich habe freigekratzt so gut ich konnte und am ende meinen lieblingsspachtel verlohren. So viele wände hatte er schon bearbeitet und liegt nun bald auf dreitausend meter tiefe, weil das bockende schiff ihn abgeworfen hat, als ich ihn an deck legen wollte.

route oktoberber2016 25-31

 

Und der wind am morgen hielt natürlich nicht und so bin ich das erste mal ohne segel mit dem motor übers meer geschippert. Ich weiss nicht, wie breit diese windschwache zone ist, nur ich will jetzt bald mal an land. Es gibt einiges zu reparieren, ein bier wäre auch mal wieder schön und frisches essen ist einfach nicht zu unterschätzen.

Die gastlandflagge ist fertig, obwohl es noch siebenhundert meilen bestenfalls bis zum ziel sind, an diesen zweiten november. Der wind fing gestern abend bei sonnenuntergang an und hielt durch. Wind heißt jetzt schon zehn knoten. Jetzt frischt er auf und seit langem habe ich mal fünf knoten auf dem gps gesehen, für eine sehr kurze zeit.
Während meines morgenkaffees ist querab in einer meile entfernung ein frachter vorbei gezogen, gesehen habe ich ihn vorher nicht, sollte also mal regelmässig nach vorn schauen. Aber ich habe wieder das radar angeschaltet, tagüber ist es aus, um zu sehen, ob das schiff erkannt wird. Es wird oder auch nicht. Meine alarmzone um das schiff liegt bei fünf meilen und da ist es in den wellen nicht mehr sichtbar. Also auch nicht, wenn es in die alarmzone einfährt. Somit bin ich die nächte radarvertrauend blind gefahren. Jetzt ist die zone auf drei meilen reduziert, hoffentlich druckt das.

Seit über vierundzwanzig stunden weht der wind frisch und der kurs ist südwest. Nicht ganz ideal, aber in der richtung ok. Geht eine gewitterwolke hinter dem schiff durch, ändert sich der kurs mehr zu süd, geht die wolke vor dem bug durch, ist es mehr west, unschön. Gestern waren es fast hundert meilen und in die grob richtige richtung. So wie es aussieht, wird es heute ähnlich werden. Dann fehlt nur noch eine winddrehung, so dass ich nach süden fahren kann. Direkter weg wären es noch knapp über fünfhundert meilen, aber die flugeigenschaften des schiffs sind sehr bescheiden.

Der nächste morgen, der vierte november, und noch immer der gleiche wind dazu ein wenig mehr davon. Seit gestern fahre ich schon mit gereffter genua, geschwindigkeit immer noch über vier knoten und trotzdem zu viel tuch, zuviel schräglage. Dafür luvt das schiff seit heute morgen höher an, die hoffnung auf einen reinen südkurs wächst.

20161104 wellen

 

20161104 wellen

 

20161104 wellen

 

Seit gestern abend habe ich den kühlschrank ausgeschaltet, hatte er sich doch schon vorgestern nacht vom dienst verabschiedet. Bei dem wind mache ich den motor nicht an und somit sinkt die voltzahl. Außer wasser und butter ist da ohnehin nichts mehr drin, was unbedingt gekühlt werden müsste. Dann hörte ich ein dumpfes metallisches ‘pluungg’ etwas neues und am ende war es nur ein lebender fliegender fisch, den ich wieder ins meer befördert habe.
Auch habe ich die äquatorüberquerung verpasst, für viele ein höhepunkt. Die imaginäre linie war nicht sichtbar, bin jetzt auf der südscheibe.

route november2016 01-05

 

Heute ist Sa der fünfte, aber eigentlich: every day is like Sunday. Dazu muss ich gestehen, dass ich derzeit keine musik höre. Auch ist das leben auf dem schiff sehr beschwerlich. Der wind weht bis über dreißig knoten, die wellen werden höher und das schiff fährt schief. Wenn ich das vorsegel verkleinere, können nicht diese kurse in richtung zweihundert grad gefahren werden, genau süd wäre aber noch besser. Somit ist die geschwindigkeit mit vier knoten auch nicht so berauschend, macht aber hundert am tag und das ist sehr gut für hoch am wind.
Die inselgruppe Fernando de Noronha werde ich wohl auch an der westseite passieren, anhalten dort ist mir zu teuer und verzögert die reise. Jetzt morgens um acht nach dem kaffee mache ich mir schon gedanken zum abendessen, weil das kochen in dieser lage eine tortour ist. Die arbeitsplatte reicht mir bis zur brust, will ich stabil stehen, der herd ist am anschlag, experimente sind mir zu gefährlich.

So langsam wird es langweilig, nichts neues im süden. Ich segele heute morgen bei sechs bis sieben windstärken und habe gerade ein wenig ausgerefft. Der steuerbordsüllrand ist fast im wasser und dafür fahre ich auch bei unter zweihundert grad über vier knoten. Zu meiner freude hat der wind seit heute nacht ein wenig zu meinen gunsten gedreht, die wellen ziehen mit. Heute abend werde ich an den inseln vorbeisegeln, vielleicht sehe ich sie ja.
Was mich sehr nervt, ist diese gezwungene passivität. Jede bewegung im schiff muss geplant und äusserst vorsichtig durchgeführt werden. Ich brauche null verletzungen, keine brüche oder platzwunden. Hühnere ich doch noch mit dem ellenbogen umher. Es ist besser geworden und ich benutze den arm bei leichteren aufgaben, ganz ok ist er immer noch nicht.
Auch frage ich mich, ob das schiff nicht zu groß ist, zur zeit brauche ich die letzten drei meter nicht, ich schlafe immer noch auf dem fußboden.

Am Mo morgen gab es leichte freude, der wind hat wieder ein wenig gedreht, gerade so, dass das schiff ab und zu unter kurs süd fährt. Ich bewege mich zurück zur route. Leider hat der wind aber auch leicht nachgelassen, aber die geschwindigkeit bleibt und die wellen werden flacher.
Noch sind es zweihundert meilen, also wenn es gut geht, komme ich am Mi an.

Kaum hatte ich den letzten absatz geschrieben und schon hörte der wind vom nachmittag auf, den schönen kurs zu blasen. Auch nahm er ein wenig ab, also nur noch gute fünf. Heute morgen dann wieder ein rückschlag, die logge zeigt null an, so kann ich nicht abschätzen, ob ich schon im küstenstrom bin. Wenn ich das gps mit drei und ein wenig knoten betrachte, müsste es aber schon so sein. Die letzten meilen sind oft die schwersten und ich habe noch hundert davon.
Dann war noch gestern abend mein waschbecken im bad verstopft oder fast zu. Zu meiner freude war heute morgen das rohmaterial für frankenstein aus dem becken abgelaufen. Bis ich ein kleines rinsal vor der küchenspüle gefunden habe. Der schlauch von dieser ist abgerutscht und das monster ist irgendwo im schiff. Das wasser konnte ich mit dem feudel aufnehmen, alles echt lecker an diesem dienstag vor dem frühstück.

Zwei stunden später habe ich die logge aus der halterung gezogen. Das wollte ich eigentlich nie im wasser machen, aber besser als bei dem wellengang zu tauchen. Das wäre dann wie kielholen, viel zu gefährlich.
Schön, dass ich das ganze noch in Berlin mit fett eingesetzt hatte, so schmatzte es aus dem rohr heraus und mit ihm fünf liter seewasser. Ging besser als erwartet, liegen doch im operationsbereich hydraulikleitungen, batteriekabel und die ganze verkabelung, die zum schaltpanel geht.

20161108 logge

 

Dann die pocken abgekratzt, das rädchen gereinigt und zurück ins rohr. Das ganze geht natürlich besser, wenn das schiff auf dem backbordbug wäre. So sind diesmal zehn liter ins schiff geschwapt. Der nasssauger musste es dann richten.
Als ergebnis kommt heraus, dass das schiff bei hoch am wind nur maximal dreieinhalb knoten fährt und der rest ist einer strömung zu zurechnen. Somit bin ich noch im Brasilienstrom richtung süden und nicht im küstengegenstrom.

Wenn nichts schief läuft, komme ich heute abend an. Diese nacht war ruhig, das radar war die ganze zeit an, aber keine warnungen. Ich hatte mit fischern vor der küste gerechnet. Nach dem sonnenaufgang habe ich den kurs direkt auf die anfahrtstonne geändert. Der wind genau von hinten, wie ich es hasse. Die segel schlagen unter fünf windstärken, dazu die wellen, es gibt schönere kurse zu segeln.

route november2016 05-09

 

Die erste begegnung mit den fischern auf dem meer begann mit einer kursänderung, weil sie sehr nahe rangekommen sind und mich dringlichst dazu aufgefordert haben. Danach verlief es recht ruhig, segeln mit motorunterstützung, da es doch arg schaukelte und das segel sehr schlug. Zum sonnenuntergang war ich dann im fluss und als es dunkel war endlich an der marina. Zu dunkel, um etwas genaues zu erkennen, so habe ich im fluss vor der marina geankert. Was für eine ruhige nacht ohne schaukeln wie an land. Am morgen habe ich dann dort angelegt.

route guayana brasilien

 

Oben ist die gesamte etappe zu sehen. Ich bin 2941 sm gesegelt oder motort, dabei war meine geplante route nur 2280 sm lang, also ein drittel kürzer. Ein wenig zuviel am anfang und mittendrin. Es ist also machbar, von franz. Guayana nach Brasilien zu segeln, aber nicht empfehlenswert.

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4 Antworten auf Back to the route

  1. arno sagt:

    Hey Wolfgang,
    heißer Ritt! Manchmal kommt alles ohne Pause, nur der Spaß hat es irgendwie nicht geschafft… Aber die Route ist eh etwas für Grenzerfahrungssucher!
    Vielleicht wäre ein Riggwechsel – ich denke da an ein Dschunkenrigg – eventuell eine Option. Da fällt das Wechseln der Segel weg und man hat dennoch immer die richtige Segelfläche im Wind:-) Soll das richtige Rigg sein für Menschen in unserem Alter…
    Halt die Ohren steif und lad alle Akkus voll vor deinem nächsten Trip.
    Liebe Grüße
    Arno

    • themroc sagt:

      Ich muss kein segel wechseln, riggfragen habe ich schon storniert,
      im kopf geschieht das chaos

      gruss Wolfgang

  2. Andy sagt:

    Servus Wolfgang,
    habe mit Interesse den Bericht gelesen.
    Wünsche dir eine gute Zeit und viel Erfolg bei den Baustellen.

    LG
    Andy

  3. Jörg sagt:

    Respekt Wolfgang!

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