Fast wieder zuhause

Die reise zurück zum schiff war anstrengend, aber der transport mit meiner klappsackkarre ging sehr gut. Die mitnahme im flugzeug funktionierte durch das festbinden auf der tasche, in der auch meine jotunfarbe war. Der checkin ging in unter zwanzig minuten, hatte ich doch meinen impfpass dabei. Nur hat die frau mir den mittelplatz in der mittelreihe gegeben. Im flugzeug bin ich dann doch zum fenster gerutscht, glück gehabt, denn der flieger war recht voll. Auch die flugzeit war ok, mittags abheben und um siebzehn uhr wieder landen. Leider gab es eine verspätung und so musste mein abholer leider warten.
Meine hohen wanderschuhe und mein dicker pullover waren im kalten flugzeug gut zu gebrauchen, nur als ich aus dem flughafengebäude trat, kam die große keule. Sehr warm und feucht, gefühlt wie achtunddreißig grad in Europa. Dann auf dem weg zum schiff noch etwas einkaufen und im dunkeln die türen öffnen. Hatte ich doch geplant, noch im hellen wieder hier zu sein.

Wo ist zuhause, was ist heimat und für wen? Das leben ist hier machbar, aber bleiben will ich dennoch nicht. Es hat sich hier ein wenig verändert, einige schiffe sind weg, neue sind dazu gekommen und andere haben sich umgelegt. Paare haben sich getrennt, und schon deshalb bin ich zufrieden mit meinem boatkeeper, denn es hätte ja auch diese frau sein können, und mein schiff wären dann ohne keeper gewesen.

Im schiff: Fangen wir mal mit dem positiven an, die motorraumbilge ist trocken oder war es, und es ist nur wenig schimmel im schiff. Es riecht noch ein wenig muffig, aber das ändert sich jetzt mit viel lüften. Auch blieben die großen besucher aus, waren doch alle zugänge verschlossen. Dafür haben sie sich nach mehreren versuchen unter der plane angesiedelt und sind friedlich. Eine katze war auch des öfteren auf der sprayhood, fußspuren auf den fässern ist der beweis.

20160908 sprayhood

 

Jetzt die schlechten news: Alle meine nudeln, so um fünfzehn kilogramm, meine mehlsammlung und die fertigbrotmischungen, der risottoreis und alle meine asianudeln haben besucher, die sich fleißig vermehren oder vermehrt haben. Weg konnten sie nicht aus dem schiff, so war es ihr zu hause vom anfang bis zum ende. Der nutznießer ist eine spinnenpopulation, die sich von ihnen ernährt hat. Hätte ich es vorher gewusst, hätte ich das zeug verschenkt und nicht jetzt in den müll geworfen.

20160908 leichen

 

Das schiff hat an der wasserlinie einen dicken pflanzenbart bekommen, da muss ich wohl in die brühe steigen, bevor ich lossegeln kann. Die pflanzen haben sich an den muscheln festgekrallt, die müssen auch ab. Das ist so etwas wie ein ungeliebter schiffsklojob, nur diesmal in der großen schüssel.

20160908 wasserbewuchs

 

20160908 wasserbewuchs

 

20160908 wasserbewuchs

 

Ansonsten sieht es außen einigermaßen gut aus, wenig rost ist hinzugekommen, alles steht noch, und die plane über dem cockpit hängt auch noch. Was nicht ging, sind die plastiktüten um die vorhängeschlösser, um diese vor regen zu schützen, die sonne hat ihren job getan.

20160908 schloss mit plastikrest

 

Die ersten tage sind mit aufräumen und säubern verplant, dann kommen die reparaturen. Am zweiten tag sind dann noch zwei kilogramm müsli, der couscous, weitere lasagnenudeln und auch ein pappkarton in den müll gewandert. Es ist schon ärgerlich, ich hätte mal vor einem halben jahr ordentlich putzen sollen. Nun war dieser tag damit verbraucht. Das gesamte geschirr und die töpfe wurden gespült, die staufächer ausgeseift und die reste der besucher aufgesaugt. Dabei habe ich auch eine weitere gruppe der anwesenden entdeckt, die holzmehl produzieren. Ich hoffe nichts ernstes, solange sie nicht an den stahl gehen.

Und es war in der zeit der abwesenheit feucht im schiff. Einige grindelriegel sind festgerostet, die zangen in der werkzeugbox haben auch gelitten. Anton Luft hatte die riegel ja empfohlen und die gehen vielleicht auch in der Ostsee, nur meine verzinkten haben hier ihren geist aufgegeben. Wenn ich den vierfachen preis für edelstahl ausgegeben hätte, wäre es jetzt kein problem geworden, wieder einmal am falschen ende gespart.

20160908 rostriegel

 

Dann habe ich die vorbereitungen für den kühlschrankumbau in angriff genommen, von frontlader auf toplader. Das kühlaggregat lässt sich drehen und der test lief einigermaßen, aber nun ist der temperaturfühler im kühlschrank an der falschen stelle und dadurch kaum regelbar. Nach langem hin und her überlegen mache ich es doch nicht. Der aufwand wäre jetzt zu hoch und der nutzen unbestimmt. Einen tag umsonst vergeudet, dafür habe ich die blanke front gedreht und den kühlschrank mit dem schrank verschraubt.

20160910 kuehlschrankbox

 

Nachdem viele der nahrungsmittel in den müll gewandert sind, wollte ich mir die letzte dose ravioli gönnen. Sie war außen leicht angerostet und innen war es ekligst. Dosenfutter hält auch nicht ewig.
Meine abarbeitungsliste wird nur langsam kürzer, zwei themen weg und ein neuer task dazu. Wenn ich auf dem meer bin, kann ich anfangen, mein werkzeug zu putzen, das fängt an zu rosten an. Dieses wetter hier ist nicht vorteilhaft für eisenwaren. Die zwei blechkanister hat es arg mitgenommen.

20160912 dieselkanister

 

Das tanken geht auch voran, vierzig liter kosten fünfzig euronen, immer zwei kanister mit zum einkaufen mitnehmen. Zweihundert liter sind schon getankt, für die nächste strecke muss alles randvoll sein, die segler vor ort haben mich schon vor dem weg nach Brasilien gewarnt.

Und dann vermisse ich meine neuen wanderschuhe, die wohl noch in Lille stehen, mist. Dabei hätte ich sie brauchen können, für den ausflug nach Cayenne. Michel hat mich mitgenommen, in der bar gab es internet und so kam ein kurzer kontakt zur restwelt zustande.
Das letzte mal war ich hier mit dem schiff vor anker, wollte aber nicht herunter, weil mir das ganze suspekt war. Gestern bin ich durch die stadt gelaufen, bis ich nass war. Es ist schon morgens um neun zu heiß. Der erste eindruck war, kenn ich. Das sah aus, wie in St. Laurent, eine geplante stadt, um die jahrhundertwende auf dem schachbrett. Die gleichen holzbauten, viele davon schon sehr rottig und dann die protzverwaltungspaläste.
Die bevölkerung lebt oft von der stütze, bettelt und kauft sich davon bier, um das elend zu ertragen.

Das abwassersystem an den straßen war wohl für gröberes geplant, ein falscher tritt aus dem auto und einen halben meter tiefer kommt man an. Für mich kein städtetechnisches highlight und trotzdem eine gern genommene abwechslung.

20160915 cayenne abwassersammler

 

20160915 cayenne offiziell

 

20160915 cayenne offiziell marie

 

20160915 cayenne park

 

20160915 cayenne rott

 

20160915 cayenne rott

 

20160915 cayenne rott

 

20160915 cayenne strand

 

20160915 cayenne strand

 

20160915 cayenne strasse

 

Es gibt jemanden, der schon seit über zehn jahren mit seinem schiff hier liegt. Und dieser jemand reinigt die schiffe unter wasser. Ein scheißjob und eine gute einnahmequelle, will er doch zweihundert geldeinheiten dafür haben. Es spart mir zeit und das kotzen in der brühe, ich muss da wohl durch. Für die nächste strecke sollte das schiff widerstandsfrei schwimmen.

Mein neues ankerwinschgetriebe passt natürlich nicht, entweder die bohrung ist zu klein oder die welle ist einen millimeter zu dick. Nach einer stunde schleifen habe ich es aufgegeben, denn es gibt hier einen professionellen mit einer drehbank, weitere kosten.
Dafür ist Mr Perkins beim ersten schlüsseldreh angesprungen, ein lichtblick.

Abfahrt ist für nächste woche geplant.

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3 Antworten auf Fast wieder zuhause

  1. Gela Anders sagt:

    Hallo Wolgang,
    nun, auf zu neuen Ufern…!
    Ich wünsch dir eine Gute Zeit, hier, Nordsee, Bremerhaven, geht die Saison zu Ende.
    Auch ich freue mich schon auf deine weiteren Reiseberichte.
    Immer eine handbreit Wasser unterm Kiel, und vergiss Rasmus nicht…!
    Er wartet auf dein Opfer…!
    Gruß
    Gela

  2. Jörg sagt:

    Hallo Wolfgang,

    na dann alles Gute für die nächste Saison. Wir packen schon wieder unsere Boote ein, bei Dir geht es los.

    Ich freue mich auf Deine Einträge in Deinem Blog, der wirklich einzigartig ist. So wie Du und Dein Boot!

    Jörg

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