Samoa, Apia

Samstag, der zwanzigste Oktober: der tag, den es für mich nicht gab. Hier ist schon Sonntag der einundzwanzigste, ich bin ein opfer der datumsgrenze. Die hafenbehörde war auch schon da, ein formular, morgen mehr.

Am nächsten morgen kam ein mitarbeiter mit dem boot vorbei, ich solle mein funkgerät einschalten. Entweder die offiziellen mit dem dingi abholen oder mit dem schiff in die marina fahren. Also anker auf und los. Zwischendurch hat mich dann noch einmal die port control gerufen, ich solle mich beeilen.

Der erste tag war mit bordbesuchen fast ganz ausgefüllt. Gesundheitsbehörde, kurzer auftritt mit dem zoll zusammen. Der meinte, er wäre könig und dürfe alles. Höhepunkt war, dass er einen blick in meinen computer werfen wolle. Ob ich filme hätte, nur meine haben ihn nicht interessiert, und die bilder von Bora Bora fand er nett. Nebenbei immer wieder nachfragen, ob ich denn wirklich keine drogen an bord habe und wie viele dollar ich dabei habe. Wieso jetzt fünfhundert, im formular sind nur vierhundert angegeben. Es interessiere mich halt nicht so sehr.

Aber oben im schiff warten, nicht dass ich noch etwas verstecke. Und meinen grund nennen, warum ich hierher gereist sei, von Bora nach Samoa ist es ein weiter weg. Der typ hat mich genervt und weit sei es nicht, von Kap Hoorn zu den Marquesas – doch, das ist weit erklärte ich ihm. Und dass ich hier sei, um die brauerei zu besichtigen. Er wurde noch misstrauischer, ich wusste den namen des bieres nicht und es gibt ja zwei brauereien hier.

Dann kam auch schon nummer drei mit einem riesigen schwarzen drogenhund. Runter die treppe ins schiff kam er, hoch musste das tier gehievt werden. Ich dachte, das war es jetzt, nee noch nicht. Ich hatte keine waffen angegeben und er griff nach meiner machete und meinte, es sei eine waffe. Nix da, das ist ein werkzeug, um kokosnüsse zu öffnen. Man könnte damit aber auch jemanden verletzen. Da griff ich in meine besteckschublade, ergriff eine gabel und sagte ihm, dass ich damit auch jemanden umbringen kann, also was diese diskussion solle.

Gefühlte drei stunden durchsuchten sie mein schiff, inzwischen war nummer vier auch an bord, ein riesiger junger dicker. Der zollmensch vorne im schiff, der dicke in der achterkabine und der hundeführer in der mitte. Fotos durften keine gemacht werden. Ich mal hier, mal dort, dies und jenes öffnen. Bodenbretter hoch, motorraumwände ab und sogar das aufbewahrungsrohr für die watermakermembrane musste geöffnet werden.

Zwischendrin meinte der vom zoll, dass es sehr siffig sei und dass er das schiff mit der großen giftspritze ausräuchern wolle. Zum einen habe ich kein getier an bord, der siff kommt vom ofen, ausräuchern hilft da auch nicht und das läuft auch nicht. Er meinte ja, ich nein, und wenn er darauf bestehe fahre ich weiter, dieser kleine machtwichser im wickelrock. Am ende kein gift, ein dankeschön für meine mitarbeit und welcome to Samoa.

Dann habe ich wieder abgelegt und zurück zum ankerplatz. Die marina kostet zwanzig dollar am tag inklusive wasser, strom geht extra und es gibt kein wifi, die sanitären anlagen sind außerhalb. Für meine idee zu teuer, für sehr wenig gegenleistung.

 

Nächste aktion war die immigration, das große gebäude hinter dem schlepper. Auf dem weg war die touristeninformation, also noch ein paar dollars wechseln, bevor die niemand mehr haben will. Der verwaltungsakt ging für hiesige verhältnisse recht schnell und am ende gab es einen stempel in den pass. Auf dem rückweg noch einen ersten eindruck von Apia gewinnen, eine ergebnislose suche nach einem freien wifi und ein wenig einkaufen. Alle drei sorten bier von Vailima habe ich erstanden und erschöpft die bierprobe auf dem schiff begonnen.

Am abend kam noch kurz einer vom schlepper vorbei, ob ich es gut überstanden hätte. Wenn man diesen menschen etwas zu essen anbietet und etwas zu trinken, gehe alles ganz schnell. Und mein funkgerät sei nicht in ordnung, ich bin nicht gut zu verstehen, ein nebengeräusch ist immer dabei. Eine weitere baustelle in Neuseeland.

20181022 apia hafen

 

20181022 apia yachthafen

 

20181022 schlepper im hafen

 

20181022 wasserfront apia

 

20181022 wasserfront apia

 

Der tägliche kampf mit meinem außenborder bringt mich immer mehr in rage. Wüste beschimpfungen und androhung von verschrottung gehen mir leicht über die zunge, dieses miststück will oft nicht. Durch das viele anreißen des starterzuges habe ich schon eine offene wunde am zeigefinger. Da muss mal ein profi ran, der diese drecksteile kennt.

Ich dachte heute am Mi wäre ein guter tag, um die brauerei zu besuchen. Das taxi vor der tür kostet fünfzehn tala oder fünf euro. Der preis ist ok, die strecke über fünf kilometer weit. Nur weiß ich nicht, wie die taxifahrer hier überleben können. Es gibt etwas um vierhundert droschken in Apia und der taxifahrer verdient nur hundert tala am tag. Unklar, wie geht das, denn sprit kostet auch hier etwas.

Die pförtner sind freundlich und schicken mich zum offiziellen eingang von Vailima. Die frau an der rezeption spricht ein gutes englisch und telefoniert mit mehreren personen. Jedoch gibt es keine führung für mich vor Januar, es ist gerade hochbetrieb. Einmal halb um die welt und die haben keine zeit, schon blöd. Andererseits war es auch kein brauereibetrieb, wie ich ihn mir vorgestellt habe. Vielleicht war er mal in der stadt, nun modern groß und außerhalb. Die bierprobe findet also wieder an bord statt. Das lager ist ok, das exportbier fällt durch und das pure ist das beste von den dreien. Der mitbewerber gefällt mir aufgrund eines basisgeschmacks nicht so sehr.

20181023 brauerrei eingang

 

Der rückweg war aufregender, mit dem öffentlichen bussystem für einen zehntel des taxipreises. Diese umgebauten toyota lkws nutzen nur das chassi, den fensterrahmen und der aufbau ist aus holz. Ich saß hinter dem fahrer, der tachometer war nicht in betrieb, und so konnte ich nicht die vielen tausend kilometer ablesen, die der bus vermutlich schon auf dem buckel hat. Die fenster sind alle offen und die laute musik vom fahrer nervt, ist wohl aber üblich. Ich bin am hauptmarkt ausgestiegen habe ein paar mangos und eine kokosnuss gekauft.

20181023 apia fruchtmarkt

 

20181023 apia fruchtmarkt

 

20181023 bus

 

20181023 bus

 

20181023 bus innen

 

20181023 bus innen

 

Am Fr habe das permit beantragt, damit ich hier segeln kann. Sa ist nicht offen, also um vier uhr noch einmal ins gebäude gelaufen. Morgens war ich auf dem fischmarkt gewesen, mit wedeln und fächern werden die fliegen vertrieben, der geruch ist nicht gerade nett, fische liegen nicht auf eis und sind nicht ausgenommen. Dafür habe ich fish and chips für zehn tala gekauft. Und den lagerbestand an mützen aufgefüllt. Internetcafe kostet zehn tala die stunde, das hotel bekommt zwölf für ein bier, mit klimaanlage und bequemen sesseln. Noch ein wenig einkaufen und zurück zum schiff. Es ist sehr heiß hier, zu heiß.

20181026 apia frischmarkt

 

20181023 apia kolonial

 

20181023 apia uhrturm

 

20181023 offene haeuser vor den haeusern

 

Elf seemeilen habe ich am ersten tag motort, in die erste bucht und vor anker. Es ist immer noch heiß, der schweiß läuft mir nur noch herunter und ich sitze die ganze zeit im nassen shirt. Etwas ist neu, es ist das erste mal, dass ich das mittlere fenster der sprayhood geöffnet habe. Entweder ich werde alt oder dieses wetter hier killt mich. Jetzt gibt es einen windhauch von vorn und das ist nun die klimaanlage für arme.

Es gibt hier noch ein anderes problemchen für mich. Eine stunde, nachdem ich den anker in der bucht habe fallen gelassen, kam auch schon die polizei vorbei. Zwei arbeitende beamte am So im rock und paddelnder weise in einem traditionellen einbaum mit ausleger, das ganze in pink. Papiere, ausweis und das permit für die fünfzig tala wollten sie sehen. Dank meiner lernkurve vom ersten überfall habe ich ihnen wasser angeboten und sie nahmen es dankend an.

Nur habe ich so ein stasigefühl, sie wussten woher ich kam, wohin ich weitersegeln werde. Ich habe nicht verstanden, warum sie aus Apia angereist waren. Es ist so ein beklemmendes etwas, das mir diese insel versaut. Zum trost kann ich sagen, die deutschen haben diese saat vor über hundert jahren nach Samoa gebracht, und sie scheint recht gut aufgegangen zu sein.

20181027 besucher

 

Am nächsten morgen bin ich dann sieben meilen weiter gefahren. Raus aus der bucht, ums riff herum und entlang. Dann wieder zur küste zurück. Der wasserfall in der karte war ein reinfall und es gab wellen am ankerplatz. Nicht ideal, dafür keine lästigen besucher. Morgen geht es weiter zur letzten bucht und nicht mehr um die insel herum. Das permit ist für eine woche und es gibt keinen wind. Nur mit dem motor um Samoa fahren bringt nicht so den richtigen kick.

20181029 bucht

 

20181029 bucht

 

20181029 bucht

 

20181029 bucht

 

Weitere sechs feuchte meilen in einem heftigen regenschauer weiter und es wird der letzte ankerplatz hier sein. Ich bin in diese fjordähnliche bucht hinein getuckert und konnte kaum etwas erkennen. Der regen ist vor mir her gezogen und am ende kam die sonne von hinten. Der buchtaufbau ist wie die cookbay in moorea, nur nahezu null verkehr und dafür sauberes wasser. Wenn es regnet, gibt es hier ein dutzend wasserfälle und es herrscht ruhe, bis auf die bauarbeiten am ufer.

20181029 letzte bucht

 

20181029 letzte bucht

 

20181029 letzte bucht

 

20181029 letzte bucht

 

Die schildkröten kommen bis auf fünf meter zum schiff, sind aber fotoscheu. Immer wenn ich knipsen will, tauchen sie ab. Es ist auch das erste mal für mich, dass es hier gar kein wifi gibt. Das hier ist das ende von Samoa oder der anfang der ruhe.

20181029 schilktoeten

 

Meine entscheidung, zurück nach Apia zu fahren, war gut, alles andere hätte in einem desaster enden können. Der wetterbericht versprach fünf windstärken und die hätten mich schnell an mein ziel gebracht. Zum glück hatte sich der wind verspätet. Als ich den fjord verlassen hatte, war eine idee von segelbaren lufbewegungen vorhanden, allerdings mit dem motor. Und dann dieses komische knartzen seit einiger zeit am ankerplatz, ich sollte mal die ursache ergründen.

Das ist eine der wichtigsten erkenntnisse seit jahren: Ist irgendetwas neu oder nicht normal, dann ist die ursache zeitnah zu klären. Diese hatte sich nach einer stunde wind und ab und zu schlagendem segel dann geklärt. Ich habe mein vorstag fast verloren, was sich im schlimmeren fall zum zweiten mastverlust hätte ausweiten können.

Die genua konnte ich noch einrollen, schnell irgendwelche seile zum stabilisieren befestigt und über der ersten saling ein dickeres seil gebunden. Alles nach vorn abgespannt, so gut es ging, die achterstage schlabberten herum. Mein anlegermanöver in der marina war den umständen entsprechend gut, meiner an den mast gerichteten bitte, nicht umzufallen, wurde auch gehör verschafft.

Ich bin dann in den mast geklettert, der schaden ist ein durchgescheuerter beschlag. In Papeete sah alles noch gesund aus, noch einmal glück gehabt.

 

Am ersten tag war ich dreimal ganz oben im mast, danach jeweils tropfend nass und dabei war die sonne gerade erst aufgegangen. Das passende ersatzteil aus irgendeinem schrottbehälter musste doch noch angepasst werden. Der schlitz war einen zentimeter zu kurz, bohren, flexen und schöner fräsen. Morgen muss ich irgendwie das vorstag noch fünf zentimeter höher bekommen. Wenn es schlecht läuft, muss das segel runter und die trommel ab, um an den spanner zu kommen.

20181101 gebrochener toggle

 

Die nacht im hafen was sehr schlecht. Partyzone, das schiff zerrt in den seilen und das ist laut. Die saugenden gäste an bord sind da nur noch nebensache. Wenn die nächste nacht auch scheiße ist, sind es schon drei in serie. Es ist so heiß, dass ich gerade aus der dusche komme und schon wieder durchnässe, es läuft nur noch. Dringend, dass ich die insel verlasse.

Am zweiten tag war ich wieder dreimal oben, diesmal mit erfolg. Der neue toggle hält jetzt das vorstag. Der nächste schritt war dann nur noch, das ganze unten wieder zu montieren, dauer um drei stunden. Ich habe die trommel und das segel nicht entfernt und versucht, mit einem wantenspanner das ganze nach vorn zu ziehen. Alles am limit und dann habe ich noch fünf zentimeter in der unteren aufnahme für das vorstag gefunden. Glück gehabt, schon wieder.

Wenn einem so etwas auf dem meer passiert, ist das echter mist. In zukunft werde ich noch häufiger alles checken. Zwischendrin war noch der typ von der marina da, beim ersten mal hatte ich ihn schon gefressen. Ich hätte doch da draußen geankert und da wäre dann noch eine dingigebühr für das anlanden fällig. Zwei stunden später war ich schon entspannter und er war auch netter.

 

Die abreise ist schon geplant und die vorbereitungen dazu laufen. Zwischendrin noch nette gespräche mit einem norddeutschen paar und eine lange filmtausch aktion. Der stegnachbar brauchte auch noch hilfe bei seiner radarmontage und so vergehen die tage. Wäschewaschen, duschen, einkaufen und ausruhen.

Ein platz in Auckland ist auch schon fast in trockenen tüchern. Meine reise wird östlich von Tonga vorbei gehen, auf der anderen seit sind zu viele riffe. Für die fünfzehnhundert meilen setze ich mal drei wochen an. Die mail für den zoll in Neuseeland ist auch schon auf dem weg. Was hier zu tun bleibt, ist ein stempel in den pass zu bekommen, das wird in zwei stunden der fall sein.

Morgen wird die marina bezahlt und danach hier zum zoll für einen zettel. Das ganze geht schon recht ins geld und das bedruckte papier von der fed ist auch fast aufgebraucht. Vielleicht wird es in drei wochen netter sein, besser geht immer.

 

Gestern habe ich morgen geschrieben und das tue ich jetzt noch einmal. Heute ist hier ein feiertag oder gedenktag an die seuchentoten vor einhundert jahren, als die neuseeländer einen großen teil der bevölkerung angesteckt hatten.

Also hänge ich noch immer in der marina und checke das boot durch. Meine genua ist oben am keder eingerissen und muss noch zweitausend meilen halten. Der rest sieht benutzt aus und gut.

 

Die welt ist gar nicht so groß, wie man meint. Ich hatte einen sehr netten besuch von einem amateurfunker, der fast hamburger geworden wäre, nur da warfen die amerikaner viel eisen auf meine stadt und er wurde in der zone geboren. Auch wusste ich nicht, dass mein Bob von den Falklands eine berühmheit unter den funkern ist, fast jeder kennt ihn. Mein besucher war auch mal dort und hat wohl im selben sessel gesessen wie ich, kleine welt.

Der plan hat sich wieder ein wenig verschoben, ich segele hier nun am So los und mein ziel ist Whangarei in Neuseeland zum einklarieren. Danach geht es ein stück in richtung süden zum ort Kopu. So wie es aussieht, wird das schiff dort aus dem wasser gehen und ich werde ein kleines refit durchführen.

Heute am Donnerstag habe ich schonmal die marina bezahlt und es wurde mir die dingigebühr erlassen. Nun habe ich aber heute morgen schon ein wenig geld am automaten gezogen. Das überschüssige werde ich wohl in neuseelanddollar umtauschen müssen. Ich ringe noch mit mir, ob ich die hafengebühren hier bezahlen werde. Ankern ist für mich etwas, das kostenfrei sein sollte, und wenn ich vom zoll den zettel habe, geht es auch ohne.

Am So lege ich hier ab, und wenn es gut geht, ohne weiteren schaden, bin ich in drei wochen in Neuseeland.

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