Wie in der seglerbibel geschrieben habe ich den hafen von Dover vier stunden nach dem hochwasser verlassen, um die strömung in richtung süden zu nutzen. Der versuch, auch den wind zu nutzen, missglückte und so bin ich mal wieder motort, sechs stunden oder dreißig seemeilen. Der ankerplatz war mal wieder im meer, eine seemeile zur küste. Da kaum wind wehte, war es eine ruhige nacht. Ausserdem wurde es hier schon um halbacht dunkel, die andere zeitzone halt.
Die fischernetze, die in einiger entfernung um den ankerplatz ausgelegt waren, waren am morgen abgeräumt. Ich hatte ein paar stunden zeit, bis der strom kippte und ich weiter segeln konnte. Noch stand das heck in richtung Dover und der wind kam auch von dort. Gegen mittag schlug dann die tide um und ich mit in richtung New Haven, dreißig meilen weiter westlich. Den hafen hatte ich mir ausgesucht, weil er keine schleusen oder brücken hat. Und im almanach sah der besuchersteg genau nach meinen wünschen aus, längsseits und aussen.
Unterwegs gab es noch ein paar kreidefelsen, Rügen ist dagegen ein mövenschiss.
Und der besuchersteg war noch frei, wie bestellt. Der wind war einkalkuliert, doch das wasser, das aus dem hafen lief, erforderte beim festmachen doch ein wenig kraft. Am nächsten tag sollte der erwartete wind kommen, der mich weiter bringen sollte. Ich hatte eigentlich schon mit UK abgeschlossen. Also wenn ich heute kein fish and chips zu essen bekomme, was natürlich junkfood ist, dann wird es wohl nichts mehr damit. Der wind morgen treibt mich nach Frankreich. So kam es dann auch.
Es ist nicht die feine art, ohne zu bezahlen zu verschwinden, ich habe es dennoch getan. Am abend war keiner da im hafenbüro, dann war apero-zeit und dann fing ich an zu kochen. Gekommen ist auch keiner und um sechs uhr morgens bin ich dann wieder raus mit den fischern.
Ich habe alle segel hochgezogen und bin in richtung Normandie gesegelt. Zum anfang wollte es nicht so recht laufen, als wenn jemand die handbremse angezogen hat. Mittlerweile glaube ich zu wissen, wer das ist: die starke störmung im kanal.
Nach einiger zeit kam auch die sonne raus, der wind drehte und irgendwann ging es auch mit der windsteuerung, knifflige sache. Ich musste noch durch den ausgang des trennungsgebietes, das lief soweit ganz gut. Nur einmal bin ich einem grossen frachter ausgewichen, ich glaube dem kapitän war es recht. Morgens hatte ich noch nicht einmal Le Harve per kurs erreichen können, am nachmittag wäre schon Cherbourg möglich gewesen. Leider ist die strecke über hundert meilen weit. Ein ankommen am tage war deshalb nicht machbar, und um zu vermeiden, dass ich mitten in der nacht ankomme, habe ich die segel ein wenig runtergezogen und bin langsamer weitergefahren.
Nur jetzt kommt die sache mit dem strom wieder. Es sind bei wenig wind keine angedachten kurse möglich, man wird gnadenlos vertrieben. Das war am morgen so schlimm, dass ich mit motor auf die küste zufuhr und im computer zeigte es dennoch auf das cap zu. Das hat kräftig genervt. Dazu habe ich nicht zum sonnenuntergang das gross gerefft und das rächte sich mal wieder. Also das tuch wieder runter gerissen und auf dem baum gebunden. Diesmal war es eine latte, die nicht in den baum wollte. Baustelle.
Zum sonnenaufgang war ich dann im hafen von Cherbourg angekommen, nach hundertzehn meilen. Meine anlegermanöver werden immer gekonnter, bis das schiff steht. Dann nur noch einen schritt auf den steg und festbinden. Noch liege ich im grossen yachthafen in der einfahrt zum alten hafen. Schnell noch in die gastlangflagge ein bändsel eingenäht und dann ein runde schlafen.
Es musste unbedingt diese stadt sein, mit einkaufsmöglichkeiten und einen hafen, den man bei jedem wetter erreichen kann. Und dann ist da noch die vorgeschichte zu meinem schiff. Vor genau sieben jahren bin ich hier am abend – geistig umnachtet – angekommen, um den kauf zu tätigen. Eine aktion mit langfristigen folgen. Und da wo für andere alles endete, fängt es jetzt noch einmal neu an.
Nächster Tag: Wieder mal zuerst die gute nachricht: das wetter ist super, leider kein wind. Gestern war waschsalon angesagt und der wassertank ist auch wieder voll. Einen alternativen liegeplatz habe ich noch nicht gefunden, so werden mir hier achtunddreizig euronen abgezogen. Auch an schmerzen kann man sich gewöhnen.
Die schlechte nachricht: ich habe den grossbaum geschrottet. Gestern abend wollte ich das segel wieder aufrollen und dann ging leider nichts mehr. Die umlenkrolle am ende des baums hat sich auf die plastikrolle gedrückt und hinein. Dann musste schweres gerät rangezogen werden, die grosse zwei zoll wasserpumpenzange, um die rolle wieder freizubiegen.
Beim weiteren aufrollen sind dann teile aus der rolle heraus gebrochen. Das segel ist noch nicht ganz im baum.
Scheisse scheisse mist dreck.
Insofern wurde also ein reparaturtag eingeschoben, um das ganze wieder hinzubiegen. Mit grobem werkzeug habe ich heute die umlenkrolle wieder zurecht geklopft. Zusätzlich habe ich das alte fall wieder eingebaut, es ist dünner als zehn millimeter. Es war noch einmal windstille, und ich habe den baum getestet, vier minus. Einmal das segel setzen und dann längere zeit nicht anfassen.
Gestern habe ich schon mal kräftig eingekauft und heute den rest. Eine neue pfanne musste her, da bei dem versuch, eine tortilla zu erschaffen, das ganze am boden festbackte, nicht lecker. Heute mussten dann noch die zutaten für ein curry rangeschafft werden. Ist schon mal lecker und für die nächsten tage die warme mahlzeit. Ein bisschen sightseeing war dann auch noch drin.
Ich werde morgen vormittag aufbrechen und versuchen, mit dem wind in den Atlantik zu kommen. Den britischen besuch werde ich durch einen südlicheren kurs überspringen. Wie lange der wind hält, weiss ich noch nicht, bis zu zwei tage – danach nehmen, was kommt.
Das grobe ziel ist La Corunja. Mehrere tage auf see, ein neues abenteuer kommt auf mich zu.
Hallo Wolfgang,
wenn du nah bei der Küste segelst und dich ausruhen möchtest, dann kann ich dir Arzal empfehlen. Kommt hinter der Belle Ile und liegt in der Vilaine, da kannst du prima nahe beim Hafen ankern, ausruhen und evtl. Reparaturen durchführen.
Viel Glück weiterhin
Arno
danke Arno, bin schon nach dem nirvana
Hallo Wolfgang!
Das Alublech welches die Rolle hält ist zu dünn. Kannst Du ev. noch eine Strebe zur anderen Seite des Baumes anbringen, die die seitliche Last abfängt?
danke habe ich schon angedacht, aber ich bin schon nach dem nirvana
Hallo Wolfgang,
klingt ja bis jezt alles ganz gut. Ich verfolge deine Einträge regelmäßig und freue mich schon auf deine nächste Info. Der Ärger mit dem Mast zieht sich wie ein roter Faden durch die Reise. Fing wohl irgendwie in Berlin schon an. Aber irgendwann hast du alles repariert und wirst den Ärger schnell vergessen. Also ich wünsche Dir alles Gute und vorallem genügend Wind.
Liebe Grüße aus Spandau …
Torsten