Französisch Guayana Teil drei

Den ersten ausflug ans land habe ich noch mit den paddeln am schlauchboot gemacht. Hin ging es noch, es sind nur hundert meter, aber zurück war es ein akt. Die strömung war so stark, dass ich nur quer fahren konnte und hinter meinem schiff ist der strom nicht so stark. Nach dieser sportlichen veranstaltung war ich pitschnass. Schafft man es nicht, landet man im fluss.
Der erste rundgang war ernüchternd. Die stadt ist maximal zweigeschossig, was charmant ist. Aber vieles ist heruntergekommen, verwohnt, vermüllt. Alle läden sind alle in chinesischer hand, fußwege und straßen desolat. Zum abendbrot habe ich mir eine packung fischstäbchen gegönnt, ein kleiner teurer luxus.

Das marinabüro hatte dann unerwarteter weise doch geöffnet und somit habe ich nun wieder internet. Alles hat seinen preis, zehn euro für die mooring finde ich zu hoch, kein strom, kein wasser. Waschmaschine kostet, ok, nur dafür muss ich ein member der anlage werden, wenn ich die einrichtungen nutzen will, auch das kostet. Das bedeutet auch, dass das schiff hier nicht liegen bleiben kann, dreihundert im monat sind mehr als zuviel.

Der zweite ausflug am Sa war schon entspannter, da der motor das schlauchboot anschob. Hinüber zum anleger und auf ein taxiboot warten, das mich nach Suriname bringt. Der kleine grenzverkehr wird geduldet, auch ohne visum, wenn man im zentrum bleibt.
Wenn man kein taxiboot braucht, kommen sie hier alle fünf minuten vorbei, meine wartezeit betrug eine stunde. Genug zeit, um den alten schlepper zu begutachten.

20160206 dampfschlepper

 

20160206 dampfschlepper

 

Die fahrt auf die andere seite war recht flott für fünf euro, doch leider war ich viel zu schnell mit dem einkaufen durch. Von den vielen läden habe ich nur drei gesehen, und ihr dürft raten, in wessen hand die läden sind. Warum haben die menschen auch hier den handel abgegeben?

20160206 hinfahrt suriname

 

20160206 hinfahrt suriname

 

20160206 krankenhaus saint laurent

 

20160207 saint laurent insel im fluss

 

Die rückfahrt erfolgte mit einem traditionellen holzboot, auch schnell, nur feuchter. Diesmal habe ich vier euro bezahlt und somit war der einkauf genau so teuer, als wenn ich die sachen auf der franz. guyanischen seite gekauft hätte. Dann aber ohne das kleine abenteuer im nachbarland.

20160206 rueckfahrt suriname

 

20160206 rueckfahrt suriname

 

20160206 rueckfahrt suriname

 

Am Sa ist hier in Saint Laurent markt. Viele junge dunkelhäutige menschen hängen vor den chinesenläden herum und trinken dort gekauftes bier. Es gibt viele ecken und viele läden, die straße ist voll. Der zahltag vom vortag, welcher nach anstehen in einer langen schlange vor der post eingesammelt wurde, geht hier durch die kehlen.
Der markt bietet leider den import-einheitsbrei an, das einzige aus eigener produktion sind mangos und kokusnüsse. Beides kann man am straßenrand auflesen. Eine hand voll tomaten oder ein kleiner kohl für vier euro, da verzichte ich auf meinem einkauf. Eine wassermelone für zehn euro, geht es noch? Dieses land ist fruchtbar, nur muss jemand etwas anbauen. Der versuch, noch einen bäcker zu finden, scheiterte, entweder zu oder geschlossen. Und das pappbrot im chinaladen muss ich mir nicht antun.

Am So bin ich ins marinabüro zum wäsche waschen. Kann ich auch selber, nur mit dem kloakenflusswasser wird es nicht so gut, und es gibt hier kein wasser zum bunkern. Während die maschine lief, bin ich erstmal durch das hiesige ehemalige aufnahmegefängnis gelaufen.
Es gab drei kategorien von gefangenen. Die dritte war richtig am arsch: holzschlagen im urwald und weitere harte arbeiten. Sie mussten in massenquartieren schlafen. Kategorie zwei war für die versorgung des systems eingeplant, und die gruppe eins durfte in familien dienen oder im krankenhaus arbeiten. Das waren die mit glück. Das krankenhaus liegt hinter dem gefängnis.

20160207 saint laurent

 

20160207 saint laurent gefaengnis

 

20160207 saint laurent gefaengnis aussen

 

20160207 saint laurent gefaengnis hauptweg

 

20160207 saint laurent gefaengnis innen

 

20160207 saint laurent gefaengnis kueche

 

20160207 saint laurent gefaengnis tuer

 

20160207 saint laurent gefaengnis unrestauriert

 

20160207 saint laurent gefaengnis unterkunft

 

20160207 saint laurent gefaengnis unterkunft

 

20160207 saint laurent krankenhaus

 

20160207 saint laurent krankenhaus

 

Vor dem hintergrund der ganzen eindrücke und der netten emails, die ich erhalte, werde ich mir das buch zur realität zu gemüte führen: Papillon. Der film soll mist sein. Habe ihn zwar schon mal gesehen, ist lange her, aber die inseln im film waren es nicht, die originalen habe ich ja schon besucht.

Den Super U supermarkt im ort habe ich auch gefunden, er hatte am So geöffnet und war voll. Lange schlangen an den kassen. Das krasseste produkt, das wie warme semmeln wegging, waren zehn kilogramm gefrorene geflügelteile für sechszehn euro. Nur bis die leute an der kasse waren, sind – bei durchschnittlich 29 grad – die keulen und flügel schon angetaut, lecker.

Dann habe ich noch die kurze geschichte zum wrack zwanzig meter vor mir erfahren. Die SS Edith Cavell war ein hundert meter langes dampfschiff und wurde achtzehnachtundneunzig in england gebaut. Mitte der zwanziger jahre, im Dezember hatte dieses schiff lebensmittel und weitere güter für das gefängnis gebracht. Ein englischer kapitän mit französischer besatzung und da war noch der lotse. Der kapitän hörte nicht auf den lotsen, die mannschaft verstand nur bahnhof und die felsen wurden zur letzten ruhestätte für das schiff, es zerbrach einen tag vor sylvester neunzehnvierundzwanzig. Dann kam die natur zurück. Jeden abend sitzen dort um hundert weiße tropical birds, leider nicht mit der kamera festzuhalten.

20160204 saint laurent schiffswrack

 

20160204 saint laurent schiffswrack

 

Ein älterer weltumsegler ist nach dreiundzwanzig jahren hierher zu seinem startpunkt zurückgekommen. Er hat mir auf einem stück papier die flusskarte bis St. Jean aufgemalt. Am Di werde ich hier mal ablegen und ein stück flussaufwärts fahren, ein kleines abenteuer, denn weitere karten habe ich keine.

Der regengott meint es nicht gut mit mir oder meiner wäsche. Am So nachmittag habe ich sie aufgehängt und der regen fing an. So wird sie noch einmal gespült, ist aber nach dreißig stunden immernoch nicht trocken. Ich bin währenddessen noch einmal zum supermarkt gelaufen, mit regenschirm. Es kam mir schon komisch vor, die ganze stadt war geschlossen, auch die chinesen. Der Super U natürlich dann auch, nette wanderung für nix. Es ist karnevalsmontag, kein kommentar.

Der segler verfolgt mich schon lange oder ich ihn. Tristan hat mich das erste mal in Mindelo auf den Kapverden gesehen und ich ihn vor der Ile Royale. Dann wieder in Kourou und jetzt ist er hier. Er kann das auto seiner schwester nutzen und hat mich am nächsten tag zum einkaufen mitgenommen.

Die regenzeit setzt wohl jetzt ein, sechsundzwanzig grad im schiff bei neunzig prozent luftfeuchtigkeit. Die wäsche trocknet jetzt im schiff oder versucht es. Um zehn uhr morgens war ein kurzes trockenfenster, was zum einkaufen genutzt wurde.
Bier, wein, obst, etwas gemüse, fisch und putenfleisch gefroren, ein baguette und zwei croissants für schlappe fünfundachtzig euro, das leben ist teuer hier. Dafür gab es in der freundlichen marina einen kleinen discount für T.O. mitglieder.
Und wenn es heute nachmittag trocken ist, lege ich ab, denn im regen im fluss zu motoren, ist nicht lustig.

20160208 saint laurent sonnenuntergang

 

Der wettergott meinte es gut mit mir, bis zur dunkelheit. Um halbvier habe ich den mooringbereich verlassen und bin nach der gemalten karte gefahren. Die elektronischen karten sind nur noch als grobe orientierung zu gebrauchen, oft fahre ich damit angeblich über land. Doch als ich an der quarantäne-insel vorbeikam, war der spaß aus, das erste mal gestrandet. Zurück ging nicht und vorwärts keine chance, also anker raus.
Nach einer halben stunde wartezeit, stieg das wasser, denn ich mache solche sachen nur bei genügend auflaufendem wasser. Die genua halb raus und das schiff bewegte sich wieder.

20160209 maroni ile de quarantane

 

20160209 maroni aufgelaufen

 

Ich hätte jetzt aufhören können, bin dann aber nahe dem ufer weitergefahren, dreihundert meter weit. Diesmal war die sandbank fester und das schiff legte sich leicht auf die seite.

Zwanzig minuten später, als ich den anker wieder eingeholt habe, schwamm Themroc wieder auf und es ging weiter. Ein kleines stück weiter und der Maroni war wieder sechs meter tief. Ich habe noch drei kleinere siedlungen passiert und nach sechs seemeilen den anker geworfen, zeit für die nacht. Am nächsten nachmittag sollte es weitergehen.

20160210 ankerplatz maroni

 

20160210 ankerplatz maroni

 

20160210 ankerplatz maroni 20160210 ankerplatz maroni

 

Zum nachmittag hin kam die sonne wieder und das schiff musste nur noch aufschwimmen, ich hatte es leicht im schlamm geparkt. Die karte vom alten mann ist leider nicht detailgetreu, so muss ich raten. Dazu kommt, dass abgespeicherte googlekarten nicht sichtbar sind, scheiß kostenfreies angebot. Somit glaube ich, dass ich die zweite nacht im fluss hinter St Jean verbringen werde, weil ich daran vorbeigefahren bin.
In meinem kopf sah es nicht so aus, wie auf den satellitenbildern. Andererseits bin ich schon zehn meilen von der marina entfernt, zu weit für mein ziel. Also morgen zurück und dort anlegen, wo es vermutlich sein kann.

Vorsichtshalber bin ich am morgen noch ein stück weiter gefahren, aber bei der insel nummer sechs im fluss habe ich gewendet. Der einzige anhaltspunkt war ein auf der karte vermerktes restaurant, das ich gestern nicht gesehen hatte. Heute hing dort ein dickes großes rotes schild. Als der anker hielt, kam ein franzose aus dem Elsass mit seinem einbaum an und begrüßte mich in St. Jean, warum nicht gleich so. Ich habe viel kette rausgelassen, aber die strömung ist hier nicht besonders, vielleicht kommt es ja noch.

20160211 maroni st jean

 

20160211 maroni st jean

 

20160211 maroni st jean

 

20160211 maroni st jean

 

20160211 maroni st jean

 

20160211 maroni st jean

 

Am Fr ist endlich die sonne wieder herausgekommen und ich bin in den ort. Auf dem hügel haben sich die legion und das mititär festgesetzt. Abends um sechs werden die nationale und andere lieder geträllert, kann ich vom schiff aus hören. Ansonsten ist hier die straße zu ende.

20160212 maroni st jean militär

 

20160212 maroni st jean militär

 

Unten am fluss haust man in holzhütten mit blechdach, das autowrack vor der tür und der müll im straßengraben.
Vielleicht haben einige einen job, doch der rest hängt herum, hört reggae musik, etwas rauchen und ein paar biere. Dazwischen spielen die kinder im dreck. Hunde mit ausschlägen wälzen sich am boden.

20160212 maroni st jean ort

 

20160212 maroni st jean ort

 

20160212 maroni st jean ort

 

20160212 maroni st jean ort strasse

 

Dann musste ich noch diese bambusbüsche ablichten, höhe um fünfzehn meter. In Cayenne hatte ich solche auch schon gesehen.

20160212 maroni st jean bambus

 

20160212 maroni st jean bambus

 

Ich muss nicht erwähnen, dass auch hier die schrottwagen oder alte baumaschinen einfach am straßenrand abgestellt werden. Den rest erledigt die natur.
Morgen geht es mit dem netten franzosen und einer gruppe in den urwald – eine tour, zu der ich eingeladen bin.

Dieser Beitrag wurde unter Reise_2016 veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Eine Antwort auf Französisch Guayana Teil drei

  1. Christoph Grüne sagt:

    Hallo Wolfgang!
    So richtige Begeisterung von diesem Teil der EU kann man irgendwie nicht spüren…
    Oder euphemistisch?: der Platz liegt im Dornröschenschlaf?
    Kulinarisch wird die Wahl zwischen Pharmahühnchen, Quecksilberflussfisch und Importware ja leider auch zur Qual!
    Danke aber, dass Du tapfer berichtest und Photos machst! Sieht allerdings aus, als hätte das Örtchen schon “bessere” Zeiten gesehen, oh wie segensreich ist doch der Kolonialismus…. Fazit bis jetzt: Kurzer Abstecher ja – längerer Aufenthalt eher nein!
    Nun bin ich gespannt auf den Bericht aus dem Dschungel!
    Auf jeden Fall: Bon voyage und Handbreit!

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.