Französisch Guayana Teil sechs und Pause

Das leben normalisiert sich jeden tag, die schmerzen werden weniger – nur eine blöde bewegungen machen und ich merke, dass ich noch lebe. Ich gewöhne mich an viele dinge hier in der marina, auch dass die lebensmittel teuer sind. Einfach die kreditkarte in den kassenschlitz und ich merke es gar nicht mehr, es ist halt nur eine zahl.
Die abarbeitungsliste ist auch erstellt, damit das schiff die nächsten sechs monate ohne mich kann. Dazu kam dann noch eine postwurfsendung von der marinaverwaltung. Mist, hatte ich doch gehofft, für lau hierbleiben zu können, so wird es wohl doch ein riese für sechs monate werden. Nur das geld dort abzuliefern ist ein problem: das eine personal kann nur kasse und kein englisch. Derjenige, der mir den briefumschlag in die plicht geworfen hat, ist nicht immer im office. Am nächsten tag habe ich geld am automaten gekauft und war danach ein wenig zu spät in der marinaverwaltung, um 13:02h. Die kassiererin war noch da, aber arbeitete nicht mehr, also morgen ein neuer versuch.

Damit es an bord weitergeht, habe ich heute die defekte ankerwinsch ausgebaut und geöffnet. Da ich oft geankert habe, ist mit verschleiß zu rechnen, dennoch ein spänesalat im winschgetriebe sollte nicht sein. Ein jahr lang habe ich das teil benutzt und nun ist es schrott. Nach der zerlegung und reinigung ist es nur die hauptwelle, die zerspant wurde, oder das aufgepresste zahnrad. Aber es hielt bis zur letzten ankerung, mein großes glück.

20160310winschgetriebe

 

20160310winschgetriebe

 

20160310 winschmotor

 

Der Fr fing ab sechs uhr mit regen an und das ging bis zum mittag durchgehend und wurde dann bis in die nacht fortgesetzt. Am nächsten morgen weiterer regen. Es stellt sich also nicht die frage, ob ich zur marinaverwaltung gelaufen bin. Mein letzter regenschirm hat keinen griff mehr, und im tropenregen durchzuweichen, gefällt mir auch nicht. Also die vorbereitungsliste für die stilllegung weiter abarbeiten, soweit dies möglich ist.

Am Sa sollte eigentlich ein bbq sein, aber es regnete noch immer und hörte mal für fünf minuten auf. Dann kann ich mal schnell zur mülltone oder mal sehen, ob sich etwas im hafen geändert hat. So sehe ich mein schiff mit anderen augen, groß ist jetzt wieder gut. Der gang von hinten nach vorn dauert schon ein paar sekunden, strecke kann ich allerdings kaum machen.

Vor zwei tagen wurde ein neuer platz frei, ein boot weg und ich dann gleich hinein. Ich hatte zwei helfer auf dem schiff und ein paar mehr auf den stegen. So einfach, wie ich mir das gedacht hatte, war es dann doch nicht. Das wasser lief schon ab und somit gab es auch strömung, mit ein paar händen und füßen gelang mir das rückwärts einparken mit einer neunzig grad kurve dann doch. Das war erstmal die letzte schiffsbewegung des nächsten halben jahres.

20160317 hafenplatz

 

20160317 hafenplatz

 

20160317 hafenplatz

 

Das wetter ist auch wieder schön, nach dem regen kommt der sonnenbrand. Dabei dachte ich, dass ich mittlerweile genug pigmente hätte. Dafür konnten die segel trocknen und sind danach im schiff verstaut worden. Das vordeck ist frei und als tanzfläche nutzbar.
Heute habe ich dann die kardanwelle ausgebaut, weil ich glaubte, ein spiel gefühlt zu haben. Dieser irrglauben hat mich den ganzen vormittag gekostet, viel schweiß und keine tränen. Alles im grünen bereich und dann das ganze wieder eingebaut, eine baustelle weniger.

Mein boatkeeper heißt Assane und kommt aus dem Senegal, alles für ein kleines geld und er muss auch nicht wirklich etwas machen. Die leinen ab und zu kontrollieren und einmal im monat für eine stunde den strom einstecken, damit die batterien überleben. Und meine restlichen offenen lebensmittel finden auch einen abnehmer.

Und noch etwas zum thema einsommern: ich hatte glück und alles wichtige ist zum richtigen zeitpunkt passiert. Die surfsegel wurden geduscht und konnten trocknen. Das groß und die genua konnten auch trocknen und kamen zum rechten zeitpunkt ins schiff, danach war es nur noch feucht von oben. Ich versuche, so wenig feuchtigkeit ins schiff zu bringen, wie es machbar ist. Hier in diesen breiten ist es schon nass genug, der schimmel kommt schnell ins schiff. Mein test ist, so wenig licht hinein zu lassen wie möglich, und deshalb wurden die decksluken verdunkelt. Mal sehen, ob es einen positiven einfluß hat.

20160316 matratzenkabine

 

20160316 vorschifflager

 

Die letzen tage zogen sich so dahin mit kleinstarbeiten. Am letzten tag habe ich noch die gasflaschen an deck gebracht, falls.. wenn.. dann.. kann das gas dort ablaufen. Die sprayhood habe ich nicht demontiert, sondern eine alte plane über den großbaum gespannt. Hoffentlich finden die wespen keinen eingang zum schiff, denn ein nest ist schnell gemauert.

Die rückreise war sehr anstrengend und begann um vier uhr am nachmittag. Zum flughafen, gepäck aufgeben, erste passkontrolle, dann die offizielle zweite passkontrolle, fummelkontrolle, dritte passkontrolle und im abflugbereich warten. Dann später boarding, vierte passkontrolle und im gang vorm flugzeug die fünfte. Der flieger war zum glück leer und jeder hatte eine sitzreihe für sich, nur den schlaf konnte ich nicht finden. Nach über siebentausend kilometern um neun uhr morgens in Paris gelandet, passkontrolle sechs. Wieder warten, gepäck im gewicht verringern und neu aufgeben, passkontrolle sieben. Erneute fummelei mit passkontrolle acht und wieder auf den abflug warten. Um ein uhr boarding mit passkontrolle neun, langsam wirkt das dokument abgegrabbelt. Dieser flieger war rappelvoll und ist um vier uhr in Berlin gelandet, ohne kontrolle. Diesmal mütze und jacke aus dem gepäck gefischt und zur s-bahn gelaufen. Nach zweiundzwanzig stunden auf den beinen habe ich wieder an der eigenen haustür geklingelt.

Für den hinweg hatte ich eineinhalb jahre netto gebraucht, bin dabei achttausendsiebenhundert seemeilen gefahren und habe zweitausendeinhundert liter diesel verbraucht. Für den rückflug von viertausend meilen nach Paris gingen tausend liter kerosin auf mein konto, da das flugzeug sehr leer war. Kerosin kostet gerade um zweiundzwanzig cent pro liter. So gesehen ist fliegen wie ein siebzehn tonnen schiff zu bewegen, nur ich kann auch segeln und da braucht man keinen sprit.

Dieser Beitrag wurde unter Reise_2016, technik veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.