Ist das das Ende?

Es fing schleppend an, der motor lief noch zwei stunden mit und dann waren die batterien wieder randvoll. Um zehn uhr setzte der passat ein und es ging segelnd los.
Der jet am himmel, der auf mich zuflog, war für mein geschmack ein wenig zu tief. Tief sind so etwas von fünfzig metern über dem wasser. Dann eine halbkurve und die aufschrift marine war zu lesen. Also die können das. Das funkgerät war aus und er kam auch nicht wieder. Morgen bin ich hoffentlich weit genug vom land entfernt.
Die beiden neuseeländer mit ihrem kleinen katamaran nannten das naughty, dass ich ohne ausklarieren hier verschwinden werde. Andererseits haben sie dafür verständnis, denn ich will nach norden und nicht gegen den wind und strömung wieder nach Nuomea.

Der erste tag und die erste nacht waren gut, bin ich doch schon über hundert meilen weiter als gestern. In drei stunden durchquere ich die große passage am nördlichen atoll, da hatten die vulkane eine pause gemacht. Und danach sind es nur noch zwölfhundert meilen bis zum anfang der südlichen route zur Torres Strasse. Leider gibt es nur rückenwind, ekeligst.

Was ist mir da nur passiert. Alles lief gut am zweiten tag, bis abends um sieben. Ich hatte immer noch rückenwind, das segel war auf der steuerbordseite im ersten reff und der motor lief noch einmal kurz mit, um für den strom in der nacht zu sorgen. Zusammen mit der windsteueranlage arbeitete der autopilot, um am vorletzten atoll vorbeizukommen. Kurz noch ein paar grad am autopiloten geregelt, um am windlimit die richtung zu haben, dann das nachtlager vorbereiten und das essen kochen.
Die dose tomaten hatte ich gefunden, die tortellini abgemessen und den rest in die vorratsflasche gefüllt. Dann hat mich was umgehauen, schnell wieder nach oben. Das segel war umgeschlagen und das riff auf der falschen seite. Dann war ich auch schon in der brandung, der erste aufsetzer.
Der versuch zu steuern scheiterte, das ruder klemmte schon. Ein weiterer versuch, mit dem motor etwas zu regeln, funktionierte auch nicht. Nach kurzer zeit wurde es zudem dunkel, noch schnell das segel bergen, die kleine genua einrollen. Der motor konnte auch aus, das war es.

Themroc liegt jetzt auf einem riff. Nachdenken. Das kochen war auch nicht mehr machbar, der topf kann kaum wasser beherbergen und rutscht zudem vom herd runter. Also habe ich angefangen, die neubiervorräte zu vernichten. Die nacht war dementsprechend ruhig und ein paar meter ist das schiff noch gerutscht.

letzte position von Themroc
18 36 46.977 S
163 12 37.175 E
20190711
19:15

Am nächsten morgen war die situation begehbar, einmal herum um ein paar fotos zu machen. Die schleifschneise in den korallen sind deutlich sichtbar. Die idee, das schiff per anker und flaschenzug zu drehen, habe ich verworden. Den wal von achtzehn tonnen bring ich nicht bis zur riffkannte und darüber hinaus schon gar nicht. Nach einem halben kaffee musste ich die konsequenzen erkennen. Ich brauche hilfe am rande von Neukaledonien.

entfernung-riffkante

 

mast

 

rifflage

 

rifflage2

 

ruder

 

windsteuer

 

rifflage3

 

Erstmal alles einpacken, was ich mitnehmen möchte. Wichtig waren die kaffeekanne, meine beiden laptops mit zubehör, mein geliebtes kochmesser, das ich zum dreißigsten bekommen habe, die wichtige pfeffermühle, meine machete. Was zum anziehen, shirts, unterhosen, strümpfe, was warmes.
Dann war es zeit, die epirb zu finden, anschalten, unter die sprayhood legen und abwarten, es war sieben uhr. Der frust und der schock manifestierten sich, ein paar ales zum trösten und beruhigen. Um neun uhr kam schon der marineflieger vorbei und sagte, dass der katamaran Fiuu in zwei stunden da sein werde. Man sollte nicht so viel trinken, oder ich konnte nur noch durch den tunnel schauen, weil ich das desaster nicht wahrhaben wollte. Sie kamen von der lagunenseite, ein junger mann und eine junge frau, dabei war eine reifere. Der auftritt war professionell, mein dingi wurde von deck geschnitten, mein gepäck ging hinein, und als das wasser mir bis zu den knien reichte, ich hinterher. Dann zu ihrem dingi, umsteigen und meins wurde an einer koralle festgebunden. Von der fahrt zum katamaran habe ich nicht viel gesehen, festhalten und ducken. Erst am schiff merkte ich, dass es auch segler waren.

themroc-1

 

Dann nach aufforderung eine dusche, um mich vom salzwasser zu befreien. Das neue ziel waren das nächste atoll und eine vogelinsel. Dort warteten wir zwei tage, um vom mrcc zu erfahren, wie es weitergehen soll. Das ziel war die insel Belep, über achtzig meilen südlicher. Von dort kamen sie her, ein track war vorhanden.

Viele satellitentelefonate und der vierzehnte juli kamen dazwischen. Den haben wir dann genutzt, um noch einmal zu Themroc zu fahren, weitere sachen zu holen, einige sachen zurückzubringen, der eine laptop lief nach dem salzwasser nicht mehr. Die dieselkanister vom deck wanderten ins bad, ein leck-check zeigte kein wasser.
Weitere fotos habe ich gemacht und das ruder war fest. Die schützende ruderhacke war leicht nach oben gebogen, keine bewegung mehr möglich. Hatte ich mich also nicht so dumm angestellt. Das groß haben wir noch mehr festgebunden, den mast habe ich nach vorne abgespannt, weiß ich doch nicht, ob ich bei der bergung dabei bin. Luken zu und wieder mit meinem dingi zum anderen. Diesmal haben die drei es zurückgebracht und auf dem deck festgebunden.

Die fahrt nach Belep dauerte bis zum nächsten mittag, ein kontakt wurde uns vom mrcc mitgeteilt. Der familien-katamaran hat mich dort im nördlichen atoll auf der insel Belep abgesetzt.
Der mrcc hat irgendetwas dort arrangiert und ein Ivan hat mich in empfang genommen. Er kann kein englisch und mein französisch ist rudimentär, geschönt ausgedrückt.

Heute bin ich hier im hauptdorf auf Belep und morgen geht rein zufällig ein fischerboot in richtung Noumea ab. Währenddessen schon einmal den honorarkonsul kontaktiert und zwei wichtige mails versendet.
Die erste zu Sabine und die zweite zu meiner versicherung. Die werden mich natürlich lynchen, aber das risiko ist ihr geschäft. Der spaß wird nicht billig werden, ein kräftiges schiff aus Noumea zum riff bringen, mein schiff herunterzuziehen, es nach Noumea zum travellift bringen und an land setzen.
Wenn der mast bricht, ist es das ende. Wenn die reparatur nicht bis anfang august erfolgt ist, wird es eng mit dem indischen ozean und eine weitere zeit in Neuseeland ist möglich. Sollte die versicherung nicht zahlen, fliege ich zurück und es ist aus.

Morgen um sechs uhr geht es los und um fünf am nachmittag sollen wir in Noumea sein, das ist eine gute nachricht. Die leute hier riechen den rettungskuchen und machen auch pläne. Übermorgen sehe ich mehr, habe hoffentlich klarheit.

Ich bin heute durch kulturen gereist, wenn das nicht auch was gutes hätte. Das leben hier ist entspannt. Hat man wenig, kann man weniger verlieren, zusammenhalten hilft und bindet. Ivan, mein kontaktmann, ist ein beliebter mann dort, er ist die fischwelt nach draußen. Fisch ist dort sehr reichlich vorhanden, kostet nichts, hat dort aber für einen verkauf keinen wert. Ivan hat eine kleine eismaschine organisiert, transportbehälter und nimmt den fisch aus dem dorf zum kauf an. Es ist sicherlich nicht viel, aber es kommt geld in die gemeinde, in der es keine gendarmerie gibt, denn sie haben einen chief. Er ist der häuptling und der regelt das.

Kaffeetrinken mit der sippe, schlafen auf einer matratze auf dem boden in Ivans haus und die durstigen mücken waran auch dabei.
Irgendwelches geschrei draußen in der nacht, und ich höre immer themroc, vielleicht träume ich auch. Aufstehen um fünf uhr, die fähre nach Koumac fährt um sechs ab. Fahrtdauer fünf stunden. Somit war schonmal das fischerboot ein missverständnis. Dort habe ich das erstemal wieder weiße gesehen, aber die inselbewohner waren sehr entspannt.
Und das filmprogram auf dem schnellkatamaran war für mich abstoßend. Der erste film war ein hauen in die fresse. Ein weißer soll gegen einen anderen in so einer kickboxarena kämpfen. Der gute trainer ist ein farbiger, wie alle auf der fähre. Am ende verprügelt der trainer den weissen hulk und alles ist wieder friede und eierkuchen.
Als nächstes ein animationsfilm, pinguine surfen um die wette und ein hahn gewinnt. Passt ja genau wie die faust ins auge mit den französischen besatzern.
Zum schluss noch ein filmchen von guten dinosauriern. Auf diesem niveau werden die einwohner gehalten, beschämend.

Nach der ankunft ein wenig warten und Ivan hat die ersten hundert kg fisch verkauft. Da der transport erst um ein uhr fährt, ging es mit einer frau vom verwaltungfährpersonal zum essen zum china-imbiss.
Dann zurück und die restlichen 200kg fisch in den ducato geschoben. Dreiersitzbank vorn, hinten die vier fischkisten und die bewohner der insel sind alles andere als zwerge.
Danach gab es vierhundert km kurvige landstrasse im speedtempo, ein weiterer stop für 50kg fisch und abends um halb sieben haben sie mich am hotel abgesetzt.
Dieses hat der honarkonsul reserviert und für eine nacht ist es ok. Nur achtzig euronen ohne frühstück sind eine ansage, die ich nicht auf dauer bezahlen kann.

Morgen weitersehen. Gute Nacht erstmal.

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