Den hafen von La Gomera in San Sebstian haben wir mittags verlassen, um in die ankerbucht um die ecke zu fahren. Kaum wind, also mit motor. Beim tauchgang wurde auch ein mitbringsel von der schraube abgeschnitten.
Den plan, die nacht abzuwarten und am morgen loszusegeln, haben wir verworfen. Im schwell schlafen ist mies, besser ein paar meilen machen und im schiff bei welle schlafen. So dauerte die überfahrt nach El Hierro achtzehn stunden, in der mitte war fast flaute. Motor an oder nicht – ich fang mal an, diesel zu sparen, ich habe ja ein segelschiff.
Eine freie box gab es noch, als wir in La Restinga auf El Hierro festgemacht haben. Der hafen ist gefüllt, die bekannten gesichter sind weitergezogen. Was geblieben ist, ist der kurzschluss im stromsystem, der fi-schalter am hauptkasten überlebt dreißig sekunden, also kein strom. Dafür ist die hafengebühr noch einmal gefallen, zwei tage hier kosten soviel wie ein tag in Santa Cruz. Das gefällt.
So habe ich mal den großen generator angeworfen, um kaffee zu kochen und die batterien zu laden. Das ganze endete mit einem schwarzen getränk und viel wasser aus dem auspuff. Eine neue akute baustelle. Diese habe ich am vormittag behoben, die auspuffkupplung ist wieder dicht. Und da dann der generator lief, wurden die batterien wieder geladen und der wassertank vom watermaker befüllt. So weit, so gut.
Was leider nicht läuft, ist mein energiekonzept. Zum einen produziert die lichtmaschine am motor nur dreißig ampere und der watermaker zieht vierzig. Da klafft eine lücke. Die andere lücke ist mein windgenerator, der wohl auf der familiensegeltour seine stromproduktion eingestellt hat. Er läuft, macht lärm, aber keinen strom. Das ist ziemlich blöd und akut. Eine wichtige säule für den stromtagesbedarf.
Morgen reparieren wir das groß, einige rutscher sind gebrochen, und dann geht es los, richtung Kapverden. Im idealfall siebenhundertvierzig seemeilen.
Am ablegetag waren im hafen fünfundzwanzig knoten wind, die haben uns aus der box getrieben. Vorher haben wir noch brot gekauft und ein chicken tikka masala für zwei tage gekocht. Draußen waren dann dreißig knoten wind und das groß ging im zweiten reff hoch, danach die genua.
Wäre alles gut gelaufen, aber der rutscher vom großsegelkopf ist gebrochen und der rutscher darunter hat die öse aus dem segel gerissen mit einem großen loch. Also bin ich dann in den mast bis zur ersten saling hoch und habe das großfall an den mast gebunden, um größere schäden zu vermeiden. Zurück wäre keine alternative gewesen, da es vor ort keinen segelmacher gibt.
So sind wir dann mit bis zu acht knoten fahrt in richtung Kapverden aufgebrochen. Die selbststeueranlage wurde eingekuppelt und lief vorerst problemlos. Nur die großen wellen bereiteten schwierigkeiten. Es wurde also eine anstrengende nachtfahrt mit manuellen korrekturen.
Am vormittag habe ich der windfahne dann hier und da ein paar tropfen öl zukommen lassen und seitdem geht sie wie geschmiert. Die erste tagesleistung betrug nur einhundertdreißig seemeilen, zehn weniger als gedacht.
Das fischfangergebnis vom zweiten tag auf see war null, also mussten andere nahrungsmittelergänzungen auf den tisch.
Was sehr stört ist der seit ein paar tagen fehlende mond. Es ist stockdunkel, kaum sterne und dann noch der saharasand in der luft.
Heute ist schon der vierte tag auf see und seit gestern ist flaute. Flaute definiert sich mit diesem schiff, dass der wind unter sechzehn knoten fällt, denn dann geht segeltechnisch nichts mehr. Lesen, schlafen, entspannen.
Dafür habe ich den köder an der angel gewechselt, auf das fundteil, das ich mit dem anker mal hochgeholt hatte. Somit ist die angel komplett aus dem müll zusammengetragen. Der erfolg kam beim reinholen, ein fisch, den wir nicht bestimmen konnten. Der große weiße bauch war mit stacheln besetzt, der rest sah nett aus, ohne schuppen, aber wir hatten bedenken. Wenn jemand weiß, was für ein fisch es war, bitte kurze meldung.
Ich habe den ersten fisch meines lebens gefangen und das erste tier in meinem leben selbst getötet, und für umsonst. Da fange ich an über tod, morden und essen nachzudenken. Wodurch unterscheidet sich das töten von menschen, moral mal außen vor?
Das nächste experiment ist das brotbacken auf dem meer. Es soll mit dem auflauf im ofen gedeihen, morgen weiß ich mehr.
Die idee, einen auflauf und ein brot zur gleichen zeit im ofen zu haben, ging auf. Was nicht so aufging war das brot, der boden war schwarz, aber der rest ist lecker. Das erste brot auf dem schiff gebacken. Und glücklicherweise gibt es ab heute morgen wieder wind, wir fahren mit fünf knoten in die richtige richtung. Bis jetzt sind wir dreihundertzwanzig seemeilen gesegelt, aber noch über vierhundert liegen vor uns. Da das segel repariert werden muss, ist das ziel Mindelo auf der insel Sao Vicente.
Am fünften tag habe ich seit zwei tagen das erste schiff gesehen, in zwei meilen abstand. Auch gab es wieder einen fisch, der aber selbst das schiff aufgesucht hat. Und das erste mal, dass wir wieder über hundertzehn seemeilen am tag gesegelt sind. Mittags um halbzwei ist dann immer der besondere moment der strecke. Ich schalte den rechner nur viermal am tag an, um die position zu speichern. Der letzte rechner seiner art braucht schonung.
Schonung bräuchte auch die genuarollanlage, denn sie hat zwei distanzstücke ausgespuckt. Diese haben wir glücklicherweise auf dem vordeck gefunden. Wo sie genau hingehören, weiß ich noch nicht. Wenigstens die windsteueranlage arbeitet nach den paar tropfen öl sehr gut, wäre auch dumm, wenn nicht. Die hälfte der strecke haben wir schon.
Am Di sind wir dann wieder einmal fast hundertdreißig meilen gesegelt, der wind blies um fünfunddreißig knoten, teilweise auch zehn mehr. Die hilfe überhaupt ist die windsteuerung, denn ohne kann man einpacken. Die laune hält sich so, richtiger schlaf wäre schön.
In der nacht zum Do habe ich an deck geschlafen und ausschau gehalten. Einen fliegenden fisch konnte ich noch zurück ins meer bringen, die anderen vier, die ich am morgen gefunden habe, waren schon steif.
Unser ziel will nur langsam näher kommen, wenn alles gut geht, sind wir am Sa in Mindelo. Eine anlandung auf Sal haben wir verworfen, das großsegel zum segelmacher zu bringen, ist prio eins, denn ohne geht es nicht weiter.
Auch werden das wetter und das wasser wärmer, der wind bläst noch immer um fünfundzwanzig knoten. Nur bei dem wind zu kochen, mit achterlicher welle um vier meter, da stoße ich an meine grenzen. Aber immer die schnelle einfache nudel ist auch nicht lecker, also gibt es heute ein grünes curry. Der herd schläg bis in die maximal positionen aus, und auf wunsch von Moritz fahren wir mit dem autopiloten auf dem direkten kurs. Das ganze könnte auch olympische disziplin werden, kochen ab acht windstärken auf dem ozean, nicht auf dem teich.
Ab und zu gab es mal eine abwechslung, dieser flugbegleiter ist auf dem anker gelandet und eine zeit lang mitgesegelt.
Je länger man unterwegs ist, desto leichter kommen die routinen ins schiff. Dennoch gibt es aus meiner sicht einiges zu verbessern. Das kochen bei sechs windstärken mit undefinierter welle killt einen. Ich behaupte mal, dass ich seefest bin, doch da stosse ich an meine grenzen. Das liegt vielleicht auch an meiner drei meter kochzeile, für den hafen auch zu zweit bekochbar, auf see eigentlich nur auf dem backbordbug.
Das andere thema ist der schlaf, der findet sich nur, wenn man kurz vor dem k.o. ist. Bei unregelmässigen wellen, wir hatten meistens hier ostseekappelwelle bis vier meter, ist der schlaf schwer zu finden. Die heckkabine scheidet fast aus, ich liege dort quer und rutsche von links nach rechts. Meine lösung ist, in der plicht zu schlafen, geht besser und dennoch nicht sehr erholend.
Für die motu-fraktion ist zu ergänzen, dass das schiff hundertzwanzig meilen am tag machen kann, wind voraus gesetzt. Meins ist zu schwer, sechs knoten sind viel, sieben ein traum. Wir hatten lange zeit rückenwind und da schaukelt sich so ein schiff auch mal auf. Die plicht wird nur von wellen besucht, die an der bordwand zerschellen und ins schiff spritzen.
Letztendlich sind wir angekommen. Es ging mit viel wind los, und das groß ging im kopfbereich kaputt, somit sind wir die ganze zeit im reff zwei gefahren. Die beiden tage flaute waren gut zu nehmen und danach ging es wieder mit fünfundzwanzig bis fünfunddreißig knoten wind weiter, oft auch mehr wind. Die taktik, zuerst möglichst in die richtige richtung zu segeln, war vielleicht nicht so glücklich, so mussten wir den rest vor dem wind nach westen machen.
Die etmale sind immer von mittags bis mittags und so waren wir rechnerisch (125+5;78;30;90;113;128;121;119;67) acht tage und neunzehn stunden unterwegs. Der umweg war aber recht klein zur optimalen linie, nur hundertzehn meilen. Der motor lief insgesamt sieben stunden, eigentlich nur zum ab- und anlegen, danach für die stromproduktion.
Das ist meine nächste hauptbaustelle, denn ohne strom geht wenig, warmes bier geht, aber die navigeräte können nur mit. Der verkäufer des windgenerators hat sich natürlich in den letzten zehn tagen nicht gemeldet, standardservice von ista brezze, besser finger weg davon oder gleich drei stück kaufen.
Für die neidfraktion: heute ist Sa, 21. november und neunundzwanzig grad im schiff, bei sonnenwetter und frischer brise, regen unbekannt verzogen.
Nach der segelreparatur werden wir die Kapverden erkunden, und Afrika light ein bisschen mehr. Mehr heisst leider auch, dass Moritz aus familiären gründen zurück nach hause muss. Lief sehr gut mit uns und hätte gern weiter gehen können. Also neues spiel, neues glück.
Hallo Wolfgang,
mit der Segelausrüstung hast du wirklich kein Glück! Das Segel ist doch in Spanien neu aufs Schiff gekommen.
Zum Energiekonzept: Hast du keine Solarzellen installiert? Wir planen eigentlich mehr mit den Zellen als dem Windgenerator! Bisher habe ich – aus eigener Erfahrung und aus Berichten – überwiegend Positives zu den Zellen und viel Negatives über Zuverlässigkeit und Geräusche der Windpropeller gehört. Hab daher nur den alten vom alten Schiff auf die Somnambule rübergerettet, so als Notlösung:-)
Kapverden ist ja schon ganz schön weit weg vom alten KOntinent. Hoffe du genießt es!!
Grüße aus der verschneiten Eifel
Arno
PS: hatte eigentlich geplant unsere Somnambule ins Wasser zu bringen, aber der Rhein hat so wenig Wasser, dass es mit 1,80+ Tiefgang nicht geht! Und jetzt kommt der Winter mit Macht und es macht wohl keinen Sinn mehr!
hallo Arno
das ernigiekonzept ist bei mir ein mix,
die solarzellen machen soviel, dass die navi-elektronik läuft, der kühlschrank auch ein wenig.
Der watermaker zieht sehr viel energie und der autopilot auch so um 3amp.
Hoffentlich regnet es im winter reichlich, sonst wird das nichts mit dem meer
gruss aus der warmen sonne
Wolfgang