Schiffsbesichtungen

Oder wie vertreiben sich Menschen monatelang die Zeit.

Hier schildere ich mal fragmentarisch meine impressionen der schiffsbesichtigungen, die ich vor dem kauf durchgeführt habe. Das grundsätzliche problem ist entweder: schwimmt das schiff, wie sieht es unter der wasserlinie aus? – oder es steht an land und schwimmt es, wenn ja, wie lange? An land ist es meistens ohne mast. Wie plastik-charterschiffe aussehen, habe ich durch meine urlaube und segelscheine kennengelernt, holzschiffe vom abwracken und stahlschiffe von freunden.
Was habe ich damals im jahr 2005 eigentlich gesucht? Und würde ich heute nach etwas anderem fahnden? Ohne ein basiswissen aus der literatur, dem persönlichen empfinden von werkstoffen, der eigenen vorstellung, was man machen möchte, geht es nicht. Der markt ist dafür zu groß, lässt sich aber glücklicherweise über den preis einschränken.
Ich kann gut mit stahl, holz und zement, weniger mit plastik und aluminium. Ferrozementschiffe sind mir zu kurios, plastik ist meistens formschön und verwundbar. Aluminiumschiffe stammen in der mehrzahl von einer werft, somit teuer – und holzschiffe sind wunderschön anzusehen, nach intensivster pflege.
Ein stahlschiff in der länge von 10m bis 14m und als slup getakelt sollte es sein. Preislich hatte ich mir eine obere grenze von 70k€ gesetzt, um noch ein zusätzliches drittel für reparaturen und ergänzungen zu haben. Damit der besichtigungsaufwand sich in grenzen hält, wurden nur schiffe besichtet, die im umkreis von meinen wohnort in Hamburg lagen und in zwei stunden zu erreichen waren. Größere kreise hätte ich immer noch ziehen können. Alles weitere hat sich dann bei den terminen ergeben, eine lernkurve gab es jedesmal gratis dazu.

Die Baronesse, die kleine Schwester vom roten Baron
Das war meine erste besichtigung, an land und kurz vorm winter. Preislich 20% über meinen limit, jedoch wollte ich mal sehen, wie es geht und was es dafür gibt. Heute, im nachhinein hätte ich es kaufen sollen, denn es ging wohl unter meinem limit weg und ich hätte sofort lossegeln können.
Das supergepflegte schiff war vom erstbesitzer, der es anfang der 90er jahre als baron108 (kleinserie, ca. 10 schiffe) in Stade hat schweißen lassen. Danach zum profitischlerausbau und obendrauf ein teakdeck. Vor kurzem von außen eine schöne neue lackierung, auch vom profi lackierer. Ausgerüstet mit einer jütheinrichtung und einem schwerlasttrailer zum slippen mit straßenzulassung für das 11t schiff, was die winterliche lagerung erheblich günstiger gemacht hätte.
Die standheizung lief, es roch nicht muffig, der motor konnte auch laufen gelassen werden, da das wasser aufgefangen wurde und aus dem eimer wieder angesaugt wurde. Die ganze familie war freundlich, es gab getränke und ausführliche beschreibungen. Was hat da nicht gestimmt? Ich war schon auf weltreise getrimmt und sah das schiff leider aus dieser perspektive. Es klingt blöd: es gab keine dusche und es war kein mittelcockpit. Das teakdeck hätte nach 20 jahren sicherlich reichlich probleme bereitet, wusste ich damals aber noch nicht.
Und beim ersten schiff wollte ich nicht gleich ja sagen, es gab ja noch tausend andere…

Wolfenbüttel, Reinke, nein danke
Auf dem weg nach Göttingen habe ich dann ein langfahrttauglich ausgerüstetes stahlschiff besichtigt. Auf dem hinterhof einer tischlerei in einer luftigen, offenen und kalten halle stand das schiff auf einen hafentrailer. Inzwischen wusste ich schon, dass es kein kimmkieler sein sollte, wollte mich aber noch persönlich davon überzeugen. Ich hatte das buch von Anton Luft schon gelesen und als leitfaden benutzt, irgendwann muss man sich halt festlegen. Und es war leider ein solcher asymetrischer twinkieler, tiefgang nur 110cm. Klingt erstmal gut, jedoch wohin mit der ausrüstung?
Auch hier war das schiff beheitzt, kurz vor sylvester. Trotzdem roch es leicht muffig, stand dort wohl schon länger. Das rigg lag daneben auf holzböcken. Der besitzer hatte das schiff selber gebaut und wollte um die welt segeln. Leider kam er nur bis ins mittelmeer und zurück. Die 100m leinen für den panamakanal waren auch vorhanden. An deck gab es eine automatische sorgleineneinrichtung und es war einhandtauglich. Der mercedes motor aus dem strich 8er sprang an und lief gut. Es klang nach einen schiffsdiesel, auch wenn er schon ein halbes taxileben hinter sich hatte.
Innen sah das ganze dann etwas anders aus. Die essecke und aufenthaltsbereich war nur sitzend zu benutzen, darunter befand sich der dieseltank. Der platz für den tank im kiel fehlte halt bei einem plattbodenschiff. Links vom niedergang war eine kleine hundekoje und rechts eine werkstatt mit dem motorraum, jedoch nur vom cockpit aus zugänglich.
Nach dem ersten massiven schott, in richtung bug, hing eine axt an der wand, gegen überfälle war die aussage. Dahinter konnte man im großzügigen bad richtig duschen. Nur den gefließten duschraum mit einer standard-vailand-gasterme fand ich merkwürdig. Im bug noch eine kleine kabine und ende. Preislich ein schnäppchen zur hälfte meines limits. Aber wieder ein achtercockpit und kein platz unter deck, und dazu noch twinkieler – ging also gar nicht. Ich empfand die 10m-klasse ab sofort als zu klein für mein vorhaben.

Aus weiteren exposés und den ersten besichtigungen habe ich die schiffssuche weiter eingeschränkt. Langkieler sind in den focus gerutscht, da im kiel vieles unterzubringen ist. Eine flotte rennziege ist zwar schneller, aber in der kombination mit unterwasserschiffsicherheit und zuladung, zwei sich bei mir preislich ausschließende eigenschaften, sticht der langkieler. Und schon wurden die schiffe größer, was sind schon ein paar meter mehr? Mehr platz, mehr raum, aber auch ein mehr an arbeit und höhere instandhaltungskosten.

Fehmarn Feltz3 im sommer
Diese 14m lange feltz3 aus stahl war auch vom ersteigner, aber 30jahre alt und mäßig gepflegt. Von außen kaum rost, da der besitzer (über 80 jahre alt) noch versucht hat, das ganze schiff zu streichen. Das mittelcockpit war richtig groß, gefühlte 2x2m mit einen festen aufbau. Also richtig südseetauglich. Das manko war, dass die achterkabine nur vom cockpit aus zu besteigen war und somit das leben unter deck nicht größer als bei den anderen schiffen des typs war. Der motorraum war leider nur kriechend hinter einen tisch zu erreichen und alles mit einen ruß-ölfilm überzogen. Hier war dann ende mit der wartung. Irgendwie war die wasserentsorgung aus dem badbereich defekt gewesen, es sah aus, als ob das meiste in der bilge gelandet war. Wenn ich ein refit angefangen hätte, wäre das auch eine richtige baustelle geworden. Der preis an meiner oberen grenze war dafür zu teuer.

Mehrere Feltz2 günstig
Abgesehen, dass keine achterkabine vorhanden waren, waren sie fast so groß wie die feltz3, auch alle um 30 jahre alt, renovierungsstau und ein wenig rostig hier und da. Preislich alle um die hälfte vom budget. Als ich mich für eine bessere näher entschieden hatte, war jemand schneller, so ist das halt. Die modelle mit achterkabine waren in ordnung, bis auf die tatsache, das es nur kriechend ins bett ging. Will ich das?

Ohne reisen, schiffe auf CD
Weil ich mir mein langes, genervtes gesicht sparen wollte, hatte ich bei einigen verkäufern mehr bilder angefordert und noch mehr informationen, als in den anzeigen stand. Eine feltz lag im mittelmeer, wieder 30 jahre alt und wegen altersproblemen abzugeben. Leider nicht so schön und mit kaum einer isolierung. Dafür lohnte sich keine besichtigung vor ort.
Gleichermaßen schied eine reinke sekura mit schwenkkiel aus. War zwar gut im schuss und hatte ein beckerruder, aber irgendwie kam der verkäufer komisch rüber, dann war die reise bis ans meer doch zu weit.
Ein seit 5 jahren fast fertiges schiff von einer schweißfirma erstellt und war segeltüchtig. Die fiel immer wieder ins auge, preislich fallend, aber ich wollte nicht.

Viel zeit vor der glotze, ohne reisen in den bootsbörsen
Viele, viele schiffe gefunden, meistens zu alt (30 Jahre), am ende der welt, oder neuer und zu teuer. Aber das kennen ja sicherlich fast alle, die anfangen zu suchen.
Ein seelenverkäufer ist mir dabei noch im sinn. Wieder eine baron108 in Rom vom deutschen eigner. Das schiff hatte bessere tage gesehen, hier und da rost, der ankerkasten an mehreren stellen durchgerostet und offen. O-ton am telefon:… „mit ein paar tagen aufwand ist das schiff wieder voll einsatzbereit“. Solche objekte am unteren ende waren für unter 20k€ zu haben und mit viel arbeit und dreifachem geld wieder top in schuss zu bringen.
So ein schrauberhobby wollte ich eigentlich nicht wieder. War ich doch schon 3 jahre trocken vom autorestaurations-dope.
Aber es kam dann 2007 doch anders, als man denkt. Ich wollte der elendigen suche ein ende setzen. Und genau hier wird es gefährlich. Das kennen viele von der eigenheimsuche, den wohnungsbesichtigungen, vom autokauf oder auch nur schuhkauf. Man will es hinter sich bringen und schraubt filter vor die wahrnehmung, und im gegenzug gehen die ansprüche runter.

Suchen macht spaß, – das richtige finden ist besser!