Zweiter Februar und ich bin noch nicht weg. Zum einen habe ich gestern wieder geld kaufen müssen, und da man pro transaktion mit einem fixum abgezogen wird, habe ich den vollen betrag von dreihundert euronen genommen. Das muss nun investiert werden.
Dazu kommt heute, dass ich zwei motoren wieder zum laufen gebracht habe. Gestern musste ich zwei drittel der strecke zum pier rudern und die ganze zurück. Nervend, schweißtreibend und mit unflätigen schreiattacken verbunden. Zündkerze funkt, also den vergaser abschrauben. Gereinigt, düsen mit einem draht gesäubert, und siehe da, Echo läuft wieder. Der zweite kandidat war der hilfsgenerator für den ernstfall. Wollte auch nicht, bezinfilter im tank zu, düsen verdreckt, aber nach einer weile lief auch er wieder. Nur mit der stromproduktion ist es schwer, da muss ich noch nachbessern.
Am achten tag des monats februar konnte ich mich aus der drecksbucht lösen. Das ziel war Patong Bay, der oberballermann und puff von Phuket. Der erste trip verlief recht unspektakulär, die genua konnte den motor unterstützen. Für ein paar minuten war auch ein reines segeln möglich, unkontinuierlich. Immerhin bin ich nach vier stunden hier angekommen, landgang ist morgen.
Nur hier ballert niemand mehr, die fünfzigtausend-betten bucht ist leer, die zwei prozent nutten laufen trocken. Wenn jemand hier gespartes geld hatte, so ist es aufgebraucht. Zur sylvesternacht liegen normalerweise zweihundert schiffe in der bucht, um das feuerwerk zu sehen. Heute sind es fünf, mit mir. Der strand ist leer, wie Travemünde bei regen im januar. Tote hose ist da noch geschönt.
Etwas gutes hat die bucht, einen sichtbaren grund. Für mich ist das seit über einem jahr nicht gewesen. Auf der anderen seite im ort sind zig verlassene querstrassen, hunderte geschäfte sind zu. Tausend familien haben nichts zu beißen, eventuelle rücklagen sind aufgebraucht. Ab in die verschuldungsfalle.
Die vielen leeren einkaufspaläste wären ein guter platz für zombie filme. Somit kein gedränge an den kassen und im supermarkt noch immer volle regale. Aber nur ein paar geschäfte im erdgeschoss sind geöffnet.
Am abend dann noch ein erster strandspaziergang barfuß im sand nach jahren. Was habe ich in der letzten zeit nur getan.
Am nächsten morgen auf in richtung norden, um mich den inseln zu nähern. Leider nur ein unbestimmmter wind und der drehte x-mal. Das ausgeguckte ziel auf der karte war eine täuschung. Somit habe ich in strandnähe geankert und mit der aufgehenden sonne ging es weiter. Der direkte weg waren vierzig meilen. Wieder windstille und am abend habe ich mir eine mooring geangelt. Sah alles recht nett aus, schöne neue landschaft.
Aufwachen um zehn durch rufe, park rangers, acht leute in einem boot. Sie wollten mein ticket sehen oder ich müsse das gebiet verlassen, sofort. Es gab eine stunde aufschub. Sean hat das ganz anders beschrieben und ich wollte ihn hier treffen.
Auf der nächsten insel, selbes gebiet, gleiches spiel. Wenn ich ein ticket für dieses gebiet habe, kann ich bleiben, aber das gibt es nur auf dem festland. Die reise hierher hat mich vierzig liter gekostet, danke. Aber ich darf bis morgen früh hierbleiben und mein radar reparieren.
Mein großes problem, das radar hat seinen geist aufgegeben, gestern noch den begrüßungsbildschrim mit alles OK gesehen und dann zappenduster aus. Eine reparatur in diesem land ist ein doppel-minus-null spiel. Meine entscheidung ist also, ohne nachtaugen weiterzufahren und weit raus auf’s meer.
Dieses naturreservat ist eigentlich eine schöne alte landschaft. Das meer hat viele millionen von jahren dafür gebraucht. Der felsen am eingang sieht beim heranfahren aus wie eine schildkröte. Ansonsten geschliffene und gestapelte felsen. Was mich stört sind die ranger, die mit ihren sechzig ps zweitakt-motoren umherjuckeln. Dazu kommen noch speed-katamarane mit touristen. Warum müssen sie mit über zwanzig knoten in die bucht einfahren. Viel zu schnell für schildkröten, die hier geschützt werden sollen.
Ab jetzt beginnt der teil der ozeanreise. Also los, mein ziel ist La Reunion direkt. Das bedeutet, dass ich acht breitengrade nord, zwanzig breitengrade süd und dreiundvierzig längengerade bewältigen muss. Die distanz ist netto dreitausendzweihundert meilen, ungefähr. Die bruttoseemeilen werden mehr sein.
Tag 1 auf dem meer
Mooring fallen gelassen und pünktlich vor acht uhr raus, wie mit dem ranger vereinbart. Kaum wind, alles unter zehn knoten, da ich weg muss lief der motor oft. Wieder ein hoher verbrauch und es riecht nach diesel im motorraum. Zuerst dachte ich an eine kleine leckage, ein bißchen diesel in der motorwanne. Dann ein scharfblick in die schwabbende bilge, mist. Leichte panik auf den zweiten blick, alles trocken auf der einspritzseite. Nur die dieselförderpumpe hat eine salzkruste und nach einem wisch kam das gute teure nass.
Die erste nacht war schlafen mit der eieruhr und sie verlief unruhig mit wilden träumen. Von pumpen, diesel und meiner schusseligkeit.
Tag 2
Ein kaffee zum anfang und dann auf fehlersuche gehen. Der deckel von meiner dieselförderpumpe ist durchkorrodiert, reparatur schlecht machbar, alles vernietet. Also ausbau, säubern und mit dichtungsmasse und einer dicken pappdichtung von oben versiegelt. Zum festigen noch zwei kabelbinder herum.
Ich habe noch irgendwo eine ersatzpumpe, finde sie nur jetzt nicht. Dauer der reparatur vier stunden in zwangslage, diesmal zum glück kein wind.
Diese lösung hat keine fünf minuten unter belastung gehalten, der deckel ist der druckbereich. In einer halben stunde ein halber liter tropfend, ist auch nicht akzeptabel. Aber auf der suche nach der ersatzpumpe habe ich eine dieselleitung gefunden. Am einen ende die passende verschraubung und am langen anderen ende ein aufgelötetes röhrchen, bestens. Jetzt läuft der diesel durch meine filter und die neue dieselleitung ist direkt am motorfilter. Da ich einen tagestank habe, der über dem system sitzt, geht was mit der erdanziehungskraft, glück gehabt.
Tag3
Die leichte brise fing in der nacht an, aber unbrauchbar. Dann am morgen start mit allen segeln und es fing an. Zwei, drei, vier knoten achterlicher wind pustete in die richtige richtung. Das brauche ich, in den kalmenbreiten wird es schwer werden.
Wie schon vor zwei tagen kamen delphine zum schiff. Das erste mal seit über einem jahr. Mein nächstes projekt ist leere plastikflaschen sammeln, irgendwohin muss die brühe aus der bilge. Meine idee in internationalen gewässern zu lenzen oder das zeug zu verklappen habe ich fallen gelassen.
Der letzte einkauf an frischen lebensmitteln war vor über zehn tagen. Es beginnt schon der rott im kühlschrank. Die nächsten tage heißt es, alles aus dem kühlschrank zu essen oder es über bord zu werfen.
Hätte ich man mal die windsteuerung vorher gecheckt, sie will nicht so recht. Das pendelruder ist verstellt und das gegengewicht nicht justiert. Wird auch in der kalmenzone geregelt.
Das gute an diesem tag, um sieben uhr abends habe ich das gebiet von Thailand verlassen. Wieder einmal habe ich mich verpisst und nicht ausklariert. Die strafe von dreihundert euro für das überschreiten der zollverlängerung ist für mich nicht einzusehen. Die erklärung ist kostenfrei und die strafe beträgt einen monatslohn eines thais.
Vor sonnenuntergang sehe ich noch eine ölplattform, vom regen in die traufe. Kein wind und somit treibe ich. Doch um vier uhr morgens höre ich ein lautes signalhorn. Es ist entweder von einer weiteren plattform oder von dem treibenden öltanker, den ich auf dem ais entdecke. Motor an und bis sonnenaufgang vorwärts getuckert.
Tag4
Morgens beim segelsetzen kamen die ersten fischer aus Indonesien, freundliches winken. Danach noch zwei rutscher am groß getauscht. Zu wenig wind kostet auch erheblich material. Dieser windhauch setzt sich fort, das schiff macht nur zwei bis drei knoten, zum glück gibt es keine wellen. Außerdem beginnt jetzt die fastenzeit, kein alkohol und fleisch mehr im proviant.
Tag5
Noch bin ich in der Andamansee und die ersten fliegenden fische fliehen vor Themrocs rumpf. Ab morgens um neun kommt der erste brauchbare luftzug, die geschwindigkeit steigt auf vier bis sechs knoten.
Ich mache gerade frühstück und der schwarze leutturm in der ferne erweist sich als kriegschiff. Kontaktaufnahme, mein VHF funktioniert wohl wieder. Wer woher wohin wie viele, herkunftshafen land. Danke für die kooperation.
Das radar war mal kurz da, wollte aber noch nicht so recht. Dann die erste etappe erreicht, der grosse kanal bei Sabang, das tor zum Indik. Diesen meerenge nehmen mit mir auch zwanzig andere große schiffe, teilweise ist es eng.
Der wind nahm weiter zu und ich war doppelt so schnell wie gedacht. Zum sonnenuntergang war im indischen ozean.
Tag6
Der nächste wegepunkt ist in fünfhundert meilen entfernung. Die letzte nacht war nicht gut, achterbahn fahren, viel wind und speed im boot. Das gute daran ist das etmal von hundertzweiundvierzig. Das ist, glaube ich, das beste auf der ganzen reise bisher. Der fünfte breitengrad nord ist auch schon passiert.
Die nacht fing noch einmal spannend an, drei schiffe in meine richtung, alle sollen mich mit einem abstand von unter einer seemeile passierren. Und am horizont bauen sich gewitterwolken auf. Als ich gerade den ersten schlaf um elf gefunden hatte, legte das schiff einen sprint hin. Ich konnte gerade noch die schlafutensilien nach unten retten und das gewitter brach los. Schnell die genua bergen, nasse sachen ausziehen und die eimer holen. Das ist das abschiedsgeschenk von Indonesien.
Tag7
Die ausbeute der nacht waren fünfunddreißig liter wasser in zehn minuten. Das nimmt ein wenig den druck, ohne wasser zu sein, wenn man den watermaker nicht unbedingt anschalten möchte. Das schlechte ist, dass der wind nun aber gegangen ist.
Gegen mittag habe ich den vierten breitengrad unterschritten und bin in internationalen gewässern. Der schlafrythmus der letzten nacht war ein fünfundvierzig minuten takt. Das passt gut, wenn ich das AIS nutze. Schiffe in sechzehn meilen entfernung werden registiert und das dauert eine stunde bis zu mir. Ich freunde mich gerade gemächlich mit dem system an. Hier draußen gibt es keine fischer mehr und nur noch große schiffe. Der nachteil des systems ist die errechnete angst. Je nach einstellung wird ein warnton als sirene ausgegeben, das holt einen sogar vom klo herunter. Und dann ist die naheste annäherung in einer viertelstunde mit einer meile abstand. Da muss ich noch nachjustieren.
Woche1
Was hat sie gebracht? Viel diesel verbraucht und vierhundertneunundsiebzig seemeilen gefahren. Aber das waren nur nettomeilen, da ich voll auf dem kurs war. Die woche zuvor, also in der woche 0, als ich Chalong Bay verlassen habe waren es neunzig, .
Tag8
Die nacht war wiedermal schlecht. Am abend wollte noch einmal wind kommen, aber zu kurz. Vor mitternacht habe ich das zeug zusammengerollt und versucht, weiter zu schlafen. Die wellen rollten das schiff hin und her. Am morgen dann glattes wasser mit wellen.
Motor erstmal an und um zehn kam dann ein lüftchen, wurde später brauchbar.
Nur um fünf war schicht im schacht, zu wenig wind, zu hohe wellen, segel flappen dauernd, also bergen. Durch die nacht wird es wohl wieder treibend sein.
Tag9
Gerade als der wecker klingelte, fing der regen an, der zweite kräftige. Diesmal hatte ich keine eimer aufgestellt, würden bei der welle eh umfallen. Dafür gab es zum sonnenaufgang den dritten regen und wieder vierzig liter wasser für den tank. Ich habe die zeit für eine regendusche genutzt, nicht so ganz warm, aber es ging. Nur ich treibe im kreis, kaumst wind.
Um zehn kann dann wieder ein lufthauch, diesmal aus ost. Seit dem ersten großen regen ist der nordost monsum kaputt. Zuerst aus nord, nun aus ost und die wellen passen überhaupt nicht dazu. In der welle flappen die segel, das kostet.
Am nachmittag noch einmal regen, aber nicht so stark. Mit einer kleinen genua ging es in die nacht und die war für mich ausnahmsweise mal gut. Viel schlaf gefunden. Das reiseergebnis war untermies, schlimmer als der tag zuvor, nur sechsundzwanzig meilen, viel zu wenig.
Tag10
Wieder kaum wind, die segel stehen nicht, und so nutze ich nur die genua zu hundert prozent – und das ausgebaumt. Der sound von flappenden segeln, die knallend wieder aufgehen, schreckt mich jedesmal. Die geschwindigkeit ist, wenn es gut läuft, zwei knoten, zu wenig.
Dafür habe ich um ein uhr mittags den bereich des zweiten breitengrades nord erreicht.
Am nachmittag endlich wieder richtig segeln, mit beiden tüchern. Das groß bleibt im ersten reff und die genua ist auch nicht voll draußen, der kurs verbietet es. Aber immerhin um drei knoten.
Tag11
Nichts passiert, außer dem ersten toten und das schon vor tagen. Ein kleiner tintenfisch von vier zentimeter länge klebte an meinem mastfuß. Der muss die hunderfache länge seines körpers aus dem wasser gesprungen sein, und da ist er auch wieder hin.
Die letzten drei tage waren sehr anstrengend, im durchschnitt nur dreißig meilen, kräftezährend. Und der heutige tag wird nicht besser werden, es ist schon nachmittag.
Tag12
Es gab wieder regen in der nacht, also weiterschlafen unten auf dem fußboden. Am morgen dann ernüchterung, bleierne glatte see mit ein paar wellen darin. Der motor lief drei stunden um die batterien wieder zu verfüllen, und danach war wieder der zustand treibend angesagt. Da es noch immer wallungen im wasser gab, habe ich die bilge nicht ausgesaugt. Einmal geschwabbt und die sauerrei mit der brühe im schiff ist riesig. Gestern waren es achtunddreißig meilen, wenn das so weiter geht, dauert es noch sechzig tage bis zum ziel.
Kaum hatte ich dies geschrieben, kam der wind zuerst um fünfundzwanzig plus aus einer gewitterwolke. Alles super, fünf knoten nur mit der genua. Eine weitere halbe stunde später, wind aus der anderen richtung, dreißig plus. Auch alles super, nur danach kam der wind aus meiner zielrichtung. Ein herumgeeiere, egal was ich versuchte, entweder ging es nach osten oder nach nordwest. Meine richtung ist immernoch südwest. Am ende lief der motor mit, der wind war fast weg und die richtung konnte im ansatz verfolgt werden. Heute mal nicht nur netto meilen.
Zum sonnenuntergang war der wind wieder weg, das meer recht platt, aber es gab eine unschöne strömung. Diese wird wohl die früchte des tages wieder verzehren. Und etwas gutes passierte heute doch noch, meine logge funktioniert wieder, erstmals seit der abfahrt von Thailand.
Tag13
Nomen ist omen. Die schönen meilen von gestern sind in der nacht zusammengeschmolzen. Heute am morgen bin ich wieder an der position von gestern morgen. Die gegenströmung hat ganze arbeit geleistet. Jetzt ist motorsegeln angesagt, der wind ist nicht ausreichend, und das ziel sollte der bereich des ersten breitengrades sein. Erschwerend kommt hinzu, dass der hintere tank bereits leer ist und der weg noch sehr sehr weit.
High moon und ich bin dort, wo ich gestern zum sonnenuntergang war. Zum glück habe ich heute nicht noch einmal die große styroporbox gesehen, an der ich gestern dreimal vorbei gesegelt oder getrieben bin.
Tag14
Die letzten beiden tage waren ein kräftiger tritt in den arsch. Drei schritte vor und zwei zurück. Nach meiner information sollte es keine strömung aus der richtung geben, in die ich fahren will. Von den dreißig meilen sind am ende nur zehn netto übriggeblieben. Heute ist wieder schneckentempo an der tagesordnung, sei denn, eine dunkle regenwolke kommt daher. Dann ist innerhalb von zwanzig sekunden die geschwindigkeit von ein auf sechs knoten gestiegen, mit entsprechender schräglage. Eine viertelstunde später überholen mich die wasserschnecken schon wieder.
Der wind war mäßig und hielt an, halt nur nicht schnell. Dafür konnte ich die position innerhalb des ersten breitengrades nord halten. Fünfzig meilen weiter und der äquator rückt näher.
Woche2
Ich denke noch sehnsüchtig an die beiden tage mit über hundertundzehn meilen der ersten woche zurück. Die summe der beiden tage ist das ergebnis dieser woche. Davon muss man nur noch zwanzig prozent abziehen, damit die nettomeilen hervortreten. Die gegenströmung hat es in sich, nicht nett.
Und ich habe noch nie soviele schiffe auf dem ozean gesehen, seit ich in europa abgelegt habe. In zwei wochen mehr, als in den letzten sechs jahren zusammen. Ich befahre gerade die route asien-südafrika. Alle schiffe, die von oder nach europa und südamerika wollen und die zu groß für den kanal sind, kann man hier treffen.
Tag15
Ein guter tagesanfang beim sonnenaufgang. Ein segelndes schiff, nicht flott, aber immerhin etwas, um drei knoten durchs wasser. Das ganze blieb bis zum sonnenuntergang, teilweise auch gute vier knoten, sonnenschein und ein paar wolken. Ein sehr guter tag. Am abend habe ich dann auch noch den ersten breitengrad nord unterschritten.
Tag16
Ich bin in der dämmerung aufgewacht und kurz darauf fuhr das schiff fünf knoten. Leider nur für kurze zeit. Etwas später hatte ich wieder zwei volle eimer in zehn minuten. Es ist auch die feuchsteste fahrt seit europa, aber ok, denn ich kann das wasser gebrauchen. Am späten vormittag kamen dann noch fischer vorbei oder holten mich ein. Etwas mulmig war mir schon, hier draußen. Sie fragten nach zigaretten und schnaps, beides nicht mehr in meinem bestand. So zogen sie aus Sri Lanka kommend weiter. Das beste ist, dass das meer nimmt und gibt. Die letzten tage hatte ich die gegenströmung von einem halben knoten, jetzt ist das vorzeichen positiv.
Meine frischen vorräte gehen zur neige, wie schon so oft. Heute gab es die letzte orange im müsli und die letzte möhre im dhal. Kartoffeln sind auch schon aus, nur noch zwiebeln und knoblauch ist reichlich vorhanden. Meine äpfel werden noch vierzehn tage reichen, wenn sie nicht vorher faulig werden.
Tag17
Die letzte nacht war schlimm, alle segel geborgen und eine unangenehme dünung. Das schiff wankte von der einen seite zur anderen, grundschlechter schlaf. Am morgen dann achterlicher wind, schwach aber nutzbar, mit zwei knoten fahrt. Um kurz vor mittag überquerte ich zum dritten mal mit dem boot den äquator. Bilder vom gps wird es auch diesmal nicht geben, das überlasse ich den aufregenden blogs mit ihren einzigartigen abenteuern und der beschreibung der spielenden delphine mit dem schiff, yo.
Die bilder zeigen die imaginäre line um die scheibe herum. Der nächste wegepunkt ist in siebenhundertfünfzig meilen, kurs zweihundertvierunddreißzig grad.
Tag18
Der gestriege äquatortag hatte es in sich. Drei mal fetter regen und nebenbei wieder zwanzig liter wasser gesammelt. Und am abend war flaute, also groß bergen und die genua so klein, dass sie die wanten nicht erreichen konnte. Das war verdammt gut, denn um halbneun fing das wetter an. Dreißig bis fünfzig knoten wind, meist um vierzig. Draußen war es stockfinster, das fischerboot weit hinter mir verschwand im dunklen nichts. Das boot segelte allein, und ich hoffte auf eine freie bahn, keine schiffe auf dem ais. Nach zwei stunden war es dann vorbei, wobei der kurs nur süd war, also weg von meiner route.
Heute morgen startete der tag mit regen regen und am vormittag geht es krampfartig richtung süden. Und der wind blieb stetig mit stärke um fünf bis sechs. Am nachmittag konnte ich schon fast den richtigen kurs segeln. Nur bin ich noch fünfzig meilen neben der route und mittags habe ich den ersten breitengrad süd überschritten.
Tag19
Der wind ward heute nicht gesehen und so ging der motor zur arbeit an. Motorsegeln bis zum mittag, danach resignation und warten auf Godot. Etwas wind kam, aber nicht genug für die segel, erst am späten nachmittag ging etwas. Zum sonnenuntergang war es dann wirklich vorbei, segel bergen und treiben. Dieser tag war aber dennoch was besonderes, ich habe kein schiff gesehen.
Tag20
Dieser tag fing anders an, ein tölpel diesmal mit roten füßen kam am ende der nacht und ruhte sich aus. Alle diese vögel haben dasselbe verhalten. Wenn sie landen drücken sie einen ab, und das gleiche, wenn sie wieder das schiff verlassen. Warum machen sie das nicht im landeanflug, um ihr gewicht zu reduzieren? Nach sonnenaufgang war das meer noch immer ölig, keine wellen, nur eine alte dünung. So musste wieder der motor ran um den verbrauchten strom wieder zu ergänzen. Außerdem hatte ich in der ferne ein objekt gesehen, das sich im nahen als rostiges ölfass entpuppte. Bis zum abend hin und in der nacht war bloßes treiben angesagt. Außer einer viertelstunde zum tee, da konnte ich kurz etwas segeln.
Tag21
Am morgen war das wasser etwas kräuselig, vielleicht rückt ja noch wind an. Das vertreiben ging diesmal nach nordwest, also nicht gerade meine richtung. Zum mittag segelte das schiff etwas oder trieb durch die segel in richtung süd mit einem satten knoten. Was für ein anstrengender tag. Das gute an diesem tag war ein geburtstag von Mr Perkins. Er hatte seine dreitausendste betriebsstunde. Und in der nacht habe ich den zweiten breitengrad süd erreicht, fehlen noch achtzehn.
Woche 3
Die woche drei war deprimierend, der wind war schwach und ich bin vom kurs abgekommen. Die linke blaue linie ist meine gedachte route. Es gab reichlich regen und als endergebnis nur dreihundertdreißig meilen brutto oder zweihundertsiebzig netto in richtung süden. Die entfernung zur geplanten strecke sind achtzig meilen. Diese sollte ich so schnell wie machbar wieder auf null bringen.
Tag22
Der erste tote fliegende fisch am deck und das bei flachem, ruhigem wasser. In der nacht frischte es ein bißchen auf, von null auf fünf knoten. Also habe ich ein wenig mehr die genua ausgerollt, gerade so, dass sie stabil steht. Jetzt am vormittag ist alles tuch am werk und wenn es gut geht, dann machen wir zwei knoten fahrt. Mit schneckentempo ging es in die nacht hinein und am morgen war dann wieder einmal schluss.
Tag23
Es ist zum heulen, kaum wind. Wenn das schiff keine fahrt macht, treiben wir nach nordwest. Mit etwas fahrt sind wir auf dem richtigen kurs, nur die segel sind nicht stabil. So sehe ich mich gezwungen, mal wieder den motor zu benutzen, um gegen die strömung anzufahren. Der motor lief noch lange weiter, segel waren geborgen. Der dritte breitengrad war auch schon überschritten, wobei meine hoffnung ist, ihn nicht noch einmal zu überqueren. Mal sehen was die nacht und die strömung bringen.
Tag24
Mit dem sonnenaufgang ging das groß wieder an die arbeit, der wind war schwach, aber die segel standen. Und dann galt es noch einmal, über den dritten breitengrad zu kommen. Letzte nacht bin ich mit einem knoten pro stunde nach norden geschoben worden. Um kurz vor mittag war ich dann wieder im angestrebten bereich und musste unbedingt strecke machen. Oder morgen wiederholt sich das drama von neuem.
Der frische lebensmittelbestand neigt sich auch dem ende zu. Gestern gab es das letzte ei und die butter wird langsam ranzig, olfaktorisch jetzt schon grenzwertig.
Tag25
Nach dreißig stunden segeln war dann das aus. Der wind hat sich verspisst und der motor musste ran. Dabei war das ergebnis des letzten tages sehr gut, fünfzig nettomeilen. Nur heute wollte auch am abend kein lufthauch kommen, oder gerade so, dass ich nicht nach norden driftete. Erst am abend nach sonnenuntergang war dann wieder segelwind für die nacht. Und wieder ein tag ohne schiffssichtung.
Tag26
Fing im morgengrauen mit einer fetten flaute an, drift nach nord mit bis zu einem halben knoten. Um zehn uhr war es dann alles auf null. Das meer war glatt, kein wind und keine wellen. Endlich zeit, die bilge auszusaugen. Beim umfüllen hielt sich der auftrag auf dem boden in grenzen und zwölf liter einer mischung aus wasser, diesel, öl und rost gingen in acht flaschen hinein. Die aromen vom diesel sind schon seit über drei wochen verflogen.
Tag27
Am morgen war ich wieder an der position von gestern morgen, ein wiederkehrender alptraum. Der schöne diesel verpufft für einen status quo, nicht mehr. Aus den erfahrungen vor Bali vor einem jahr habe ich deshalb beschlossen, wieder ein wenig den motor anzuwerfen. Damals hatte ich zehn tage gewartet, vertane zeit. Heute habe ich den vierten breitengrad überquert, das wasser ist bewegungslos und der wind macht pause. Der letzte halbe apfel ist auch weg, die andere hälfte war fauliger matsch. Nur noch zwiebeln und knoblauch sind frischware. Für sprossen ist es noch zu heiß, die triebe vergammeln, bevor sie ausgewachsen sind. Die butter ist aufgebraucht und nudeln gibt es in zukunft nur noch in rot, rot-weiss mit parmesan ist seit heute auch aus.
Bis zum sonnenuntergang kam kein wind und die driftrichtung ist jetzt osten mit teilweise etwas süd. Also nur eine querbewegung und nicht rückwärts, ein schwacher trost.
Tag28
Der motor ging um neun uhr an und lief bis zum nachmittg. Zweimal habe ich den kurs auf mehr süd geändert, da auf dem routenkurs zweidrittel eines knoten verschluckt wurden. Je früher ich aus der strömung heraus bin, desto besser. Der wind ist auch heute nicht anwesend oder unbrauchbar wenig. ‘Motor an und los’ hätte es am anfang meiner reise nicht gegeben, aber ich habe dazugelernt. Heute zählt nur noch das weiterkommen, und irgendwann kommt der wind auch wieder zurück. Bis dahin muss ich durch diese flautenbreitengrade hindurch.
Woche 4
Die woche vier fing gut an und war zum ende hin enttäuschend. Bis zum zehnten März machte ich fünfzig meilen am tag und dann fingen die flauten tage an. Gewonnene strecken am tag zerschmolzen in der nacht. Der ursprüngliche kurs entfernte sich weiter. Meine frischwaren sind aufgebraucht und der kühlschrank ist ausgeschalte., der wind war schwach und ich bin vom kurs abgekommen. Als endergebnis kamen nur dreihundertzwanzig meilen brutto oder hundert weniger netto heraus. Die gegenströmung hier raubt einem die lust, wo ist der strick.
Tag29
Letzte nacht hat es mich zehn meilen zurückgetrieben, ich bin genervt, sehr. Die strömung lief mit einem bis anderthalb knoten nach nordost. In der nacht kam ein wenig wind auf und mit der genua trieb ich dann nach südost. Also am morgen wieder motor an und die segel halfen ein wenig mit.
Währenddessen habe ich versucht, die seewasserfußpumpe zu reparieren. Aber die klebung hielt nicht und nach vier stunden habe ich dann die reservepumpe verbaut. Sie ist vom gleichen typ, nur waren die befestungspositionen natürlich verschieden. Egal, bohren, schrauben, drücken, es passt und funktioniert.
Der motor wurde am späten nachmittag abgeschaltet und ein leichter wind wehte. Das schiff fing nach tagen wieder an zu segeln, zwei knoten durchs wasser, einen über grund. Durch die nacht hindurch hielt sich das wetter.
Tag30
In der nacht habe ich den fünften breitengrad segelnderweise überschritten. Im laufe des nachmittags nahmder wind dann auch wieder ab. Mr Perkins kühlt somit nicht aus. Was mir nur probleme bereitet, ist diese verfluchte gegenströmung. Nach den pilotcharts sollte sie eigentlich seitlich und für mich arbeiten.
Um sieben uhr ging der motor in die nachtruhe und ich hatte die qual der wahl. Entweder nordnordwest mit zwei knoten segelnd, nordost driftend mit eineinhalb knoten oder ostsüdost mit zwei knoten segelnd und driftend. Da ich nicht zurück will, blieb alternative drei. Meine hoffnung ist, möglichst viel süd zu machen, um dann den passatwind nach westen nutzen zu können. Mal sehen, ob die rechnung aufgeht.
Tag31
Der kurs in der nacht hatte sich sogar zum besseren geändert, südsüdost. Dann im dunkeln sah ich eine riesige dunkle wolke, reffte schnell und erwartete den sturm. Der blieb aus und das schiff fuhr den alten kurs weiter. Am morgen kam dann wind auf, fast ein kurs von süd. Der hörte dann am vormittag auch auf. Man kann sich hier auf nichts verlassen. Also muss ich warten, bis die windrichtung sich ändert.
Tag32
Noch keine änderung und es wird gegen mittag noch schlechter, südost. In der nacht für ein paar minuten einer regenwolke konnte ich den kurs der route fahren, vorbei. Man muss nehmen was geht, immerhin bin ich schon über den sechsten breitengrad hinaus. Aber auch ein gutes stück nach osten verschoben.
Es war selten und nun ist es wieder an der tagesordnung, keine schiffssichtung. Der derzeitige kurs ist über zweihundert meilen von der route entfernt und nur dort drängeln sie sich. Wer um das kap herum fährt und nach Asien will fädelt sich nördlich von Sumatra in die Malacastrasse ein oder südlich bei Jakarta.
Tag33
In der nacht kam drehender wind, oft die genua gewendet und dann wurde es feucht. Also das schlaflager nach unten verpflanzt und der wind hörte auch auf. Am morgen dann ein paar regenwolken mit wind und ein neuer kurs richtung ziel, zeitweilig. Den ganzen tag habe ich damit verbracht, die zurückgetriebenen meilen wieder zu erneuern. Das gelang und gleichzeitig bin ich weitere zwanzig meilen nach westen gekommen.
Tag34
Im dunkeln kam wieder regen, wieder kein wind und zwangsweise treiben lassen. Ging diesmal besser aus, als in der nacht zuvor. Am morgen kam dann guter wind, mit dem richtigen kurs. Wenn das doch nur so bleiben würde.
Blieb auch, für eine stunde. Danach schwachwindig und am nachmittag bin ich einer fetten regenwolke hinterher gefahren, um mitgezogen zu werden. Das ging dann irgendwann auch und natürlich wurde es richtig nass. Dabei habe ich den siebenten breitengrad überschritten. So triefend ging es in die nacht hinein.
Tag35
Die nacht blieb feucht, kein wind und ich wurde auf dem bodenbett hin und her geworfen. Ein miserabler schlaf. Am morgen dann segelversuche, mal in die eine und andere richtung. Wie schön war es doch gestern, mal kurz über fünf knoten gesegelt zu sein, allerdings nur sehr kurz.
Gegen späten vormittag nach ungefähr sechsmal wenden kam dann wind. Es reichte für ein paar stunden, um drei knoten mit sonnenschein. War endlich mal wieder schön, so sollte es sein und erstmal nicht enden. Das finish kam zum fünfuhrtee mit einer drift nach nord um einen knoten.
Woche5
Die fünfte woche ist vorüber und noch keine nennenswerten erfolge. Segeln am tag für zwei stunden, wenn es gut läuft. In dieser woche gab es oft regen in der nacht, die ich dann auf dem boden verbracht habe. Auch ist der richtige kurs oft nicht segelbar, zickzack ist das resultat. Nur zweihundertsiebzig bruttomeilen waren möglich, der motor wird nur noch in notfällen benutzt, die tanks sind fast leer. Zum ziel sind es noch achtzehnhundert meilen, ich habe noch nicht einmal die hälfte geschafft, hoffentlich aber das beschwerlichere stück.
Tag36
Es fing freundlich an, mit passendem wind. Schlaftrunken habe ich das groß hochgezogen, kurs eingestellt und es ging um vier knoten voran. Endlich ist die strömung mal für mich und es kommt ein halber knoten dazu. Es war ein guter segeltag für zwölf stunden, dann wurde der wind abgestellt, ich barg die segel und das schiff fing an zu rollen. Um zwei uhr habe ich mich nach unten verzogen und den schlaf gesucht. Am nächsten morgen fing ein regenschauer an und ich bin liegen geblieben. Wieder ein schlechter schlaf auf dem meer. Dafür habe ich aber zweiundsechzig netto meilen heraus gesegelt, bei vier bis fünf knoten und das war gut.
Tag37
Am morgen ging noch etwas nur mit der genua, aber vorm mittag war auch hier mal wieder ende. Große wellen und kein wind, so bekommt man viele klein. Der trost ist die überschreitung des achten breitengrades, so langsam sollte sich der wind stabilisieren.
Zum mittag war der wind so schwach, dass ich alles geborgen habe und mich zu einem nickerchen nach unten gelegt habe. Am späten nachmittag war ich dann rechtzeitig wieder an deck. Von hinten kam eine fette gewitterwolke, die drei bis vier knoten ermöglichte. Allerdings mit regen. Danach war es wieder dunkel und ich trieb wieder durch die nacht. Das tagesergebnis war die hälfte vom vortag, ernüchternd
Tag38
Es ging so weiter wie in der nacht, treibend. Meine beiden haupttanks sind schon leer. Vier rote kanister habe ich jetzt umgefüllt und dann habe ich noch eine stille reserve von fünfzig liter. Dabei ist noch nicht einmal die hälfte geschafft. Am nachmittag eine regenwolke macht drei meilen, um fünf uhr eine zweite, macht sechs meilen, plus einmal der motor macht drei meilen. Das ergebnis plus ein wenig treibend macht nicht viel her. Schuld daran ist die dünung aus südost seit über einem tag und der wind will nicht dabei sein. Dafür kam die libelle mal wieder aus ihrem versteck, eine hungerkünstlerin.
So etwas wie halbzeit ist gerade. Noch sind es um siebzehnhundert seemeilen bis nach La Reunion, der direkte weg. Aber ich habe auch schon sechzehn breitengrade hinter mich gebracht und es liegen noch zwölf vor mir. Siebzehn längengrade habe ich schon, sechsundzwanzig sind noch vor mir. Also irgendwie in der mitte. Hoffentlich nicht in der mitte der zeit, es wird langsam nötig mal anzukommen.
Tag39
Fängt mit gutem wind an, habe mal länger geschlafen. Dann alles tuch hoch und das segeln um fünf knoten beginnt. Das erste mal seit tagen sehe ich ein schiff, passiert Themroc in einer stunde mit einer meile abstand. Es ist doch genug platz hier, nun denn. Der wind frischt auf und dreht auch dabei. Als das schiff auf höhe war, fällt meins ab und dann eine plötzliche drehung. Neuer kurs richtung süd für eine weitere stunde. Warum passiert so etwas immer in anstrengenden situationen, wobei der frachter eine meile entfernt war. Das segeln lief danach schön weiter in die nacht hinein. Das ergebnis sehe ich morgen.
Tag40
Den neunten breitengrad habe ich um zwei uhr überschritten. Zweimal habe ich auch die matratze nach unten geschafft, da es anfing zu regnen, nur kurz. Das tagesergebnis war knapp unter hundert meilen, recht gut also, mehr wäre schöner. Gegen mittag war dann wieder schluss und mit dem motor noch ein wenig hinaus gezögert. Der sonnenuntergang war dann schon im totalen treiben, somit ging es in die dunkle tageszeit.
Tag41
Tagelang kein schiff und nun schon das vierte vor mittag, es wurden fünf bis zum abend. Das erste sah ich morgens um halbvier, als ich die genua wieder ausgerollt habe. Seitdem segelt das schiff wieder, wenn auch nicht so schnell. Das letzte müsli ist gerade im schlund verschwunden und ich habe einen fehlkauf getätigt. Die gelben linsen stellen sich nun als sojabohnen dar, hätte ich mal auf das kleingedruckte geachtet. Einen tag lang einweichen und eine halbe stunde kochen lassen und immer noch aldente, mist. Am abend wieder segel bergen und treiben lassen, so komme ich nicht schnell weiter.
Tag42
Das ganze von vorn, segel hoch und ausrollen und langsam richtung ziel. Zwei knoten ist nicht der renner, besser als rückwärts treiben. Zum glück sind es nur noch unter fünfzehnhundert meilen.
Etwas vermisse ich auf dem ozean, einen klaren nachthimmel. Ich sehe zwar mehr als in einer europäischen metropole, aber es ist ein grauschleier am himmel. Irgend etwas stimmt nicht, auf dem atlantik oder pazifik war es nicht so.
Am nachmittag kam dann mehr wind, auch mal anders. Zudem habe ich gestern meine uhr um vier stunden zurück gestellt, auf die zielzeit. Jetzt ist es schon um sechs uhr dunkel, gewöhnungsbedürftig.
Woche6
Die woche sechs fing gut an und endete auch gut. Zumindest ist das ergebnis bisher brauchbar mit einer tagesleistung von fünfzig meilen. Die strömung ist nicht mehr gegen an und täglich ist auch wind. Es scheint, dass ich aus der kalmenzone heraus bin. Der diesel ist jetzt rationiert, wenigstens gedanklich. Noch vierzehnhundert meilen zum hafen.
Tag43
Die nacht wurde hindurch gesegelt, wenn auch nicht schnell. Nur der zielkurs ist nicht machbar. Wieder nur nach westen oder mit nord. Die andere richtung ist nur südost. Am vormittag wenigstens den zehnten breitengrad überschritten. Der wind will nicht so recht aus der richtigen ecke kommen. So fahre ich eins sechs null plus minus zehn seit dem nachmittag und in die finsternis hinein.
Tag44
Um zwei uhr barg ich die segel wieder, der lärm verhinderte den weiteren schlaf. Mein gast war noch immer da, schlief mit einem langen hals auf dem solarpanel. Er landete zweimal, beim ersten mal rutschte er von der sonnenplane herunter, landete zwischen der reling und der plicht. Das war mir recht, gut zu säubern, doch er startete wieder. Bei zweiten mal landete er hinten auf der reling, der schnabel war auf der außerborderpinne, der hintern auf der reling und die beine zappelten in der mitte in der luft. Die richtige zeit für einen geflügelbraten, aber ich befreite ihn aus der misslichen situation. Zum dank plazierte er sich auf dem panel und putzte sich. Danach kamen mehrere darmentleerungen und er lag in der eigenen scheiße. Ich brauchte zehn minuten für die reinigung.
Der wind kam nicht richtig wieder, gegen mittag holte ich alle segel wieder herunter.
Tag45
Die meilen von gestern waren dieselmeilen und sieben davon bin ich in der nacht zurück getrieben worden. Ich brauchte heute drei stunden für die gleiche strecke, der wind ist sehr schwach. Außerdem hat er gedreht, um hundert grad und kommt fast von hinten. Wieder ein verplemperter tag. Ein paar meilen waren aber am ende doch auf der liste.
Tag46
Der gleiche anfang wie gestern, der gleiche wind und der gleiche schlechte schlaf. Gestern habe ich fast den elften breitengrad überschritten, fast. Das habe ich dann noch einmal am morgen probiert. Es fing mit motorsegeln an, dann nur genua, ab drei knoten kam das groß hinzu. Am abend kamen dann flotte fünf bis sechs knoten auf die logge. Ein schöner segeltag und so ging es in die nacht hinein.
Tag47
In der nacht sah es so aus, als sei es vorbei. Jedoch nur eine kleine winddrehung. Am morgen wachte ich mit sieben knoten auf, noch einmal etwas reffen. Der halbwind hält sich, so schell war ich seit Phuket nicht mehr unterwegs, auch ist das tagesergebnis dreistellig. Dann war da noch die überfahrt am morgen des zwölften beitengrades, geht jetzt schnell mit sechs knoten durchs wasser. Es hört nicht auf und so geht es in die nächste nacht hinein.
Tag48
Heute ist der erste April und ich bin wieder nicht zu hause, alles gute, ich denke an dich.
Gestern waren es schon wieder über hundertzehn meilen und jetzt am morgen geht es immer noch mit über sechs knoten mit gerefften segeln durchs wasser. Das gps zeigt einen knoten mehr an, auch gut. Ich habe beschlossen, Mauritius anzusteuern, liegt genau auf dem weg und jetzt gerade sind es noch unter tausend seemeilen.
Das essen fällt schwer, besonders die zubereitung. Alle trockenen sachen sind verzehrt und kochen auf dem hohen backbordbug ist gefährlich anstrengend. Aber suppen gehen, ein topf und vorsicht.
Die woche sieben startete besser, als die wochen zuvor, wenn auch nicht im ergebnis. Ich konnte häufiger segeln, der wind änderte sich ab breitengrad elf. Es stellte sich, so sieht es aus, der passatwind ein. In den letzen drei tagen segelte ich komplett durch und das ergebnis dieser zeit war mehr als so manche andere woche. Die strömung ist mit dem schiff, oft um einen knoten. Über fünfhundert meilen gesegelt und schon unter tausend bis zum hafen auf Mauritius.
Tag49
Die letzte nacht war streckenweise heftig, besonders um elf uhr herum. Wäre ich drei minuten später aufs klo gegangen, würde ich mit schwung an der anderen wand kleben. Das schiff legte los und dann schräglage, zuviel segelfläche und ein ritt über acht knoten. Alles ist noch heil geblieben, aber seitdem regnet es. Das gute, es geht voran, der vierzehnte breitengrad ist überfahren und es sind noch um achthundert meilen zur insel. Nach dem regen eine durchsicht an deck und eine segellatte gerettet. Sie hatte sich nach vorn durchgearbeitet und hing auf halbacht.
Tag50
Der tag fängt so an, wie der letzte. Viel wind, geschwindigkeit über fünf knoten, segel gerefft, aber die wellen werden höher. Wenn ich oben bin auf dem hochplateau, sehe ich mehr horizont als sonst und viele schaumkronen, dann ist neben mir allerdings ein tiefer abgrund. Meine vermutung sind die acht bis zehn meter wellen, aber harmlos. Der fünfzehnte breitengrad ist bei sonnenaufgang übersegelt und heute komme ich unter siebenhundert meilen bis Port Louis. Mein neues problem sind die bösen geräusche von der hydraulikpumpe des autopiloten.
Tag51
Geweckt wurde ich mit dreißig knoten wind und schräglage. Um acht uhr waren es schon unter sechshundert seemeilen bis zum hafen und zwei stunden später wurde der sechzehnte breitengrad süd übersegelt. Es läuft gut, sehr gut.
Aber mit der dauer der tage komme ich immer tiefer in den essensvorräten und entdecke vergangene zeiten. Vieles von den Falklandinseln, aus Argentinien und gestern eine rarität, das letzte glas kichererbsen von Teneriffa. Da quatsche jemand etwas von mindesthaltbarkeitsdatum.
Die regenwolken kommen jetzt mit fünfunddreißig knoten daher, somit habe ich mal das zweite reff ins groß gezogen. Nach sechs tagen dauerwind endlich mal etwas erholung, geschwindigkeit ist kaum eingebüßt, aber alles ist etwas ruhiger. Hätte ich mal vorher schon machen sollen, es hätte vielleicht die sprayhood gerettet.
Tag52
Eine bessere nacht, der autopilot war leise aufgrund des reffens, der speed war reduziert. Morgens dann eine schiffssichtung und nach einer stunde passierte das schiff. Nur dann waren plötzlich drei schiffe um mich herum. Mal ein paar tage keins und jetzt alle auf einmal. Der siebzehnte breitengrad ist hinter mir und noch vierhundertfünfzig meilen bis zur insel. Am nachmittag dann noch einmal zwei schiffe, wollen wohl auch in die gleiche richtung wie ich.
Tag53
Irgendwann hört eine serie auch mal auf, immerhin waren es sieben tage. Gestern noch den achtzehnten breitengrad überschritten, der wind war schon schwächer und heute hat er noch einmal gedreht mit abflauen. Es ist an der zeit, die ausgelutschten batterien zu füllen.
Ich weiß nicht, woher das wort „etmal“ stammt, ich kenne den begriff „etliche male“. Ganz schön für eine tagesleistung, dennoch ist es glück, und so schaffe ich mal den begriff „etwoche“. Diese liegt jetzt bei mir mit neunhundertundzwölf seemeilen. Ich habe den wegepunkt bei zwölf uhr genommen, also einhundertachtundsechzig stunden insgesamt. Das ist mein rekord auf der ganzen reise. Die zwei dutzend tote fliegende fische an deck sind normal. Am abend sind es unter dreihundert meilen zum ziel.
Tag54
Gegen mittag habe ich das sechste schiff gesichtet, wenn ich die zwei in der nacht dazuzähle. Mal sehen, wie viele es noch werden. Auch kann ich sagen, dass sie nicht auf automatik fahren und sich schlafen legen. Heute nacht wurde aktiv in den kurs interveniert.
Vorhin kamen wieder delphine vorbei, diese waren gelb-grünlich mit einer kleinen rundlichen rückenflosse. Ein- und ausatmen nicht hörbar. Nach dem imbiss waren sie auch wieder lautlos verschwunden.
Der neunzehnte breitengrad ist am nachmittag überfahren und es sind unter zweihundert meilen bis in den hafen. Sieht soweit gut aus, nur ich bin langsam müde von der reise.
Das letzte schiff passierte hinter mir vor sonnenuntergang. Alle schiffe fahren wohl östlich und südlich um Mauritius herum, um zum kap zu kommen.
Tag55
Es geht dem ende zu, die nacht war ok, der wind unregelmäßig. Am morgen die bescherung, die erste reffleine aus dem groß ist aufgescheuert und gerissen. Somit ist jetzt das zweite reff wieder im einsatz. Sollte vielleicht so kommen, es erleichtert mir die entscheidung der ankunft. Es sind noch achtzig meilen bis zum leuchtturm und hundert bis zum hafen. Somit bei nur noch vier knoten passt es ja zur tagesankunft. In der nacht in einen unbekannten hafen einlaufen, ist nicht so mein ding. Habe ich schon häufiger gemacht, aber nicht prickelnd.
Woche8
Die woche acht war rasant und gut. Leider ging am ende das erste reff kaputt, somit ist das zweite dran, ist halt langsamer. Gegen ende der woche musste ich dazu noch mit rückenwind fahren, um Mauritius zu erreichen. Das ergebnis von achthundertfünfundvierzig meilen ist besonders gut und ich habe auch die etwoche definiert.
Tag56
Alles passte so schön, in der nacht schlafen, dann viel wasser trinken, um den morgen nicht zu verpassen. Schön sauber um die westspitze von Mauritius herum und richtung hafen. Die offiziellen habe ich angerufen, auch die marina und keiner muckte. Somit wollte ich in den inneren hafen hinein, aber ein kleines coast guard boot stoppte mich. Um die geschichte kurz zu machen, der hafen ist seit einem monat wieder zu. Pech gehabt, sie gaben mir einen apfel und eine wasserflasche. Somit geht es weiter nach La Reunion, weitere hundertdreißig meilen. Das mach ich mit der linken backe.
Tag57
Die backe schmerzt, das meer hat nur wellen und keinen wind, auch in der nacht. Ich bin unausgeschlafen, genervt und ich rege mich über die verblödete menschheit auf. Ändern kann ich daran nichts, ich bin nur ein betroffener.
Es sind jetzt am morgen noch sechzig meilen bis in den nächsten hafen, zu weit um zu motoren. Also werde ich mich so weit wie möglich an Reunion annähern und morgen in die marina fahren. Diesel, wasser und futter gehen zu ende, eine weiterfahrt ist nicht machbar.
Gegen mittag hieß es dann, land in sicht, soweit es die wolken erlaubten. Die küste ist noch zwanzig meilen entfernt, bis zum hafen ist es das doppelte und morgen ist Sonntag.
Tag58
In der nacht bin ich um Reunions westspitze gesegelt, langsam, denn ich wollte im hellen ankommen. Irgendwelche ankerplätze im dunkeln zu nutzen, fiel aus und auch den zielhafen im dunkeln ansteuern wollte ich nicht. Das war auch gut so, an vielen stellen und an der einfahrt wird gebaut, alles heikel. Um neun uhr habe ich dann an einem reservierten steg festgemacht. Eine halbe stunde später waren der zoll und immigration da und der rest wird morgen am Montag erledigt. Nur ich darf das schiff nicht verlassen.
Für die theoretischen dreitausendeinhundert meilen habe ich fünfhundert mehr gebraucht, das ist ein super wert. Ich war achtundfünfzig tage auf see. Durch die ekelige kalmenzone hat diese strecke nur einen zweieinhalb knoten durchschnitt.
Und ich weiß schon, wann ich wieder hier verschwinden werde, in sechs monaten minus einem tag in richtung Südafrika, so stehts in meinem offiziösen zettel geschrieben.