Damit das ganze losfahren von Cuxhaven nicht so anstrengend ist, habe ich den wecker auf vier uhr gestellt. Dumm waren nur die knarrenden festmacher um zwei uhr. Somit war ich schon wach. Dann stullen schmieren, tee kochen und ein wenig organisation.
Die gedanken zum ablegemanöver konnte ich streichen. Der wind kam seitlich, also alle leinen bis auf die heckleine an bord geholt. Warten bis das schiff im wind liegt, die heckleine los und ab geht es. Fünf uhr mit ablaufendem wasser. Es war viel verkehr auf der Elbe und ich habe nur zweimal die fahrbahn gewechselt. Diese grossen schiffe sind einfach zu schnell.
Um gefühlte sieben uhr fing der sonnenaufgang an, der erste auf dem meer für mich. Eine stunde später habe ich das vorsegel herausgezogen und dann war es das erste mal segeln auf der nordsee. Heute war es fast ein ententeich und keine mordsee. Das ganze ging mir eigentlich zu schnell.
Um zwölf war ich schon an der tankstelle in Helgoland und danach habe ich mir einen platz im hafen gesucht, natürlich längsseits.
Helgoland gegen Sansibar tauschen, ich weiss nicht. Der felsen liegt doch sowieso vor der küste, also annektieren. Die touristen werden noch immer ausgebootet und mit billigem fusel umgarnt. Als kind fand ich es eine qual, auf die insel zu fahren, heute zum tanken (eins null vier) ist es ok. Das wetter ist stabil und morgen geht es weiter.
Um halbneun am nächsten tag habe ich abgelegt. Das kleine päckchen hatte sich schon aufgelöst. Und dann kam der nebel des grauens. Aber die sonne kam leicht durch, also konnte es nicht so schlimm sein. Raus bis zur ansteuerungstonne und dort die segel gehisst. Neben der tonne ist noch eine lateraltonne mit sound. Wenn kein nebel ist, fällt diese kaum auf. Aber so war es etwas unheimlich, wenig sicht und dann das unterschiedliche pfeifen.
Mein kurs war abgesteckt und ich habe die küstenroute genommen. Ging langsam immer besser, als die sonne da war, sogar gut. Ab dem Weser-Ems trennungsgebiet ging es geradeaus. Wind, trocken, sonne, was will ich mehr. Dann noch die windfahne ausprobiert und nach anfänglichem misserfolg funktionierte es. Der kurs pendelte sich um zwanzig grad ein. Dafür muss aber auch das hauptruder feinjustiert sein.
So ging es den ganzen tag und ich habe mich mal ums radar gekümmert. Überall war frei und auch der segler in einer halben seemeile entfernt war auf seiner position. Der fuhr den gleichen kurs seit stunden. Dann war ich unter deck, manual gelesen, ausprobieren und als ich wieder oben war, kurvte das segelschiff vor meinem bug. Ich habe das steuer rumgerissen, da das andere schiff nicht konstant fuhr. Schöne scheisse, tolle wurst. Dadurch habe ich eine kollision verhindert, aber auch meine feinen einstellungen an der windsteuerung verloren. Danke du arschloch, das hat mich über eine halbe stunde gekostet.
Der vorgekochte steckrübeneintopf stand in der spüle und die nacht brach herein.
Da war ich schon bis vor Borkum gekommen. Ich lernte, mich an das radar zu gewöhnen. Das erste mal in die nacht hinein gesegelt und das auch noch geplant. Der kurs war gut abgesteckt, leider benutze ich das material von zwanzigzwölf. Und so bekam ich dicke augen, als auf meiner route der windpark Borkum im wasser stand. Ich bin richtung trennungsgebiet und aussen herum ausgewichen. War sehr lehrreich und anstrengend, das radar ist auf kursvoraus und der pc-kartenplotter ist auf norden ausgerichtet. Das hat sich schon bewährt.
Und die dunkelheit nahm kein ende. Die steuerung übergab ich dann bald Mr Autic, dem autopiloten, der ist feiner im gespühr. Ich habe dann versucht, den zwanzig minuten schlaf zu üben, war zu aufgeregt, klappte nicht so ganz, erst zum morgen hin. Bei sonnenaufgang war ich schon in Holland und dann fing das kreuzen an. Der wind wollte einfach nicht von seiner richtung abweichen. Bis zum mittag hatte ich den norden von Texel erreicht und wurde von der küstenwache aus meinem testschlaf geweckt.
Per schild wurde ich aufgefordert den kanal sechzehn ein zu schalten, danach verbal sechs. Also funkgerät anschalten, da ich dafür strom spare. Woher, wohin, wie viele an bord, drogen dabei, zielankunftszeit, mein callsign und gute reise.
Der zielort war Den Helder, zeit um nachmittag.
Wenn die holländer nicht das meer aufräumen würden, hätte ich ein paar mehr tonnen gefunden, so auch die abkürzung richtung Texel, südlich herum. Die ansteuerrungstonnen für den weg waren weg. Also noch einmal einen vier stunden umweg, aussen herum.
Meine flüche zum thema rollbaum hätte man schon im zielort hören können.
Danach noch zwei stunden motoren und ich war im hafen. Schon die schmale einfahrt hätte mir zu denken geben sollen. Nun es war schon sechs uhr oder die stunde vierunddreizig. Mit speed hinein, da querströmung und seitenwind. Da war doch was mit dem wind. Langsam durchgefahren und kein platz gefunden, oder einen halben. Dabei jedoch verdriftet, verdreht, fender dazwischen und weiter, anker fast in der reling und hinten quer. Schönes holzboot, keine schäden. Leine raus zum nächsten schiff, holländer vor ort halfen und erstmal festgemacht an einer Nadja, sehr stabil.
Wieder mal ein flatrate hafen. Festmacherbier auf und duschen gehen. Dann kam der eigner des schiffes und bangte um die stabilität, mein schiff sei so schwer. Dabei kam der wind von vorn und nicht von der seite. Käskopp, bei dem schiff. Also wurde durch die hafenmeisterin noch eine umlegeaktion im dunkeln gestartet. Zwei mann bei mir an bord, drei am zielsteg und nun liege ich mit dem arsch zum ausgang. Das ganze in stunde siebenunddreißig und das essen wartet noch.
Ich muss das jetzt zum anfang der reise testen, ob ich das kann, ich bin nicht mehr zwanzig. Wenn nicht, dann abbruch oder alternative erdenken. Nach neunundreizig stunden gehe ich ins bett um richtig zu schlafen.
Am morgen sieht die welt schon wieder ganz anders aus. Geweckt werde ich durch schraubengeräusche und bugstrahlruder. Erstmal einen kaffee kochen und die baustellen im kopf durchgehen. Währenddessen habe ich meine wäsche in die waschmaschine getan, und den wecker auf zwei stunden später gestellt.
Danach erstmal das schiff um hunderachzig grad gedreht, zum ausgang hin. Der wind wäre heute gut für die weiterreise, meine batterien sind noch nicht wieder voll. Abfahrt erst morgen am vormittag. Die route bis Dover ist schon abgesteckt.
Ich liege im KMJC, dem königlichen maritimen yacht club. Der ganze spass kostet mich über fünfzig euronen für zwei nächte. Dafür hole ich gleich die extra trockene wäsche aus dem wäschetrockner.
Danach noch baumreparatur, aufräumen, verbessern.
Der feuerlöscherwart, der gegen kost und logie mitreist, hat dann noch einmal schnell denn vagabundierenden feuerlöscher befestigt. Dabei auch eine professionelle prüfung mit plakette für beide löscher durchgeführt.
Demnächst wird er noch die rettungswesten und die rettungsinsel checken, eventuell noch eine gasanlagenabnahme durchführen. Ich kenne das risiko und gehe damit bewusst um.
Ich wurde in diesen hafen drei mal verlegt, die hafenmeisterin ist aber freundlich und ich bin es auch geblieben. Jetzt liege ich in richtung ausfahrt, am stegende in der pole position. Die baumreparatur ist hoffentlich länger erfolgreich. Die anzeichen sind mir schon in Harburg aufgefallen, wurden aber von mir ausgeblendet. Die aufrollrolle rutscht bei starker beanspruchung durch. Ich weiss nicht, wie sie auf dem rollaluprofil befestigt ist. Ich vermute, mit plastikstegen auf das profil geschoben. Somit sind die stege hinüber. Das kann ich nur überprüfen bei einer vollständigen demontage. Somit habe ich durch die rolle vier löcher mit gewinde gebohrt, die einen zentimeter tief in einer nut enden. Die m6 schrauben habe ich von meinem schraubenhauptsponsor, von dem ich auch eine hollandflagge bekommen habe. Danke Hans.
Jetzt sollte sich nichts mehr durchdrehen. Also grossbaumtest die nächste.
Die relingsschellen haben auch nur eine halbwertszeit von vier wochen. Die angeschweißten muttern fallen leider mit den fallenumlenkrollen ab. Wenn sich der verkäufer nicht meldet, werde ich ihn benennen. Ist auf der todo liste.
Morgen geht es in richtung besatzer nummer zwei, die es nicht geschafft haben, Helgoland zu sprengen. Zuerst gegen Sansibar tauschen und dann das tauschgut mutwillig zerstören, ist das korrekt? Mal sehen was auf dem trip kaputt geht.
Und jeden tag ein neues abenteuer!
War 2009 noch bei der Straßenbahnkehre, und die Frittenbuden waren immer genau die Richtige Station bei kalten aber sonnigem Wetter! Schade, dass das jetzt vorbei ist. Hätte ich auch nicht gedacht, dass sie das einfach niederwalzen.
Aber dafür machst Du ja jetzt eine Weltreise. Da wirst schon die Sweet-Spots finden und hoffentlich davon ausführlich berichten. Achja, bitte mach da ned so an Stress
schöne Grüße aus Peking, Günter
Hallo Wolfgang,
soll ich dich beneiden? Einerseits wäre ich gerne auch schon unterwegs – vielleicht nicht unbedingt Nordsee oder Kanal, kenn ich und mag ich nicht – andererseits hört sich vieles in deinen Berichten nach dickem Stress an, und darauf hab ich nun gar keine Lust!!!
Ich hoffe, du überwindest den Anfangsstress und kommst bald in einen chilligeren Zustand! Viel Glück und achte auf die Fähren, die sind riesig, verdammt schnell und haben Vorfahrt!
Grüße aus der Eifel
PS. Gut, dass man beim Dschunkenrigg keinen Rollbaum hat:-)
ja Arno, stress ist ein guter begriff für den umstand. Ich wollte neues lernen, mein job langweilte mich, das kommt hier nicht vor. Die nordsee ist nicht mein liebling, warum, weiss ich noch nicht. Ich übe mit den kleinen verkehrstrennungsgebieten, um dann die megaautobahn zu verstehen.
Dass ich meinen gitterbaum zerflext habe, nervt mich schon, auch ein JR ist nicht die optimale lösung. Lese zwischen den zeilen, damit dein schiff nicht die gleichen macken hat.
gruss aus Scheveningen
Wolfgang