Die auf dem Felsen leben

 

Die anfahrt im halbdunkel war recht ungewohnt, stimmen denn meine augen? Entweder dort ist ein weißer strand oder es ist gefrorenes wasser. Als ich dann in die innere bucht einlief, war es klar. Der letzte orkandurchzug von gestern nacht hatte hier den schnee gebracht. Ganz Stanley war in einer winterlandschaft. Als ich näher zum ufer kam, konnte ich menschen erkennen, einen. Dieser lief in richtung meines ziels, dem öffentlichen anleger, vielleicht zufall.
Diesmal machte ich es besser als jemals zuvor. Langsam fahren schauen, eine runde drehen und dann winkte auch dieser einer. Ein softes anlegemanöver, vorwärts, rückwärts und stop. Die leinen rüber geworfen und er gab sie mir zurück, fragte vorher, und führte sie durch die klampe. Ein traum, den ich schon immer hatte. Drei landleinen, eine spring davon, kleiner netter plausch und er verschwand wieder. Im supermarkt traf ich ihn später erneut.

Als der halboffizielle ging, er hatte die nachtschicht, kamen zwei vom Falkland Islands Yacht Club, Janet und Bob. Beide herzlich, freundlich und sofort hilfsbereit. Es wurden zwei zusätzliche landleinen zu den pfählen ausgebracht, falls wind aufkommt, und der kommt. Sie haben den zoll angerufen und der service kam sofort.

Die immigration ging schnell, erklärungen, welcher müll wohin kommt, dafür noch eine tüte erhalten und eine broschüre über die inseln. Macht achtundsechzig pfund für mein schiff, auch zahlbar in dollar oder euro. Ich erwarte sie am Mo im office, dann hat auch die bank auf.

20170625 abfalltuete

 

Der nächste supermarkt ist zweihundert meter entfernt und hat ein ausreichendes angebot. Nur alles ist wieder neu, nichts, was ich in den letzten monaten gekauft hatte, gibt es hier. Alles was haltbar ist, kommt aus England per schiff. Alles frische kommt aus Chile mit dem flugzeug, wenn platz ist. Und dementsprechend sind die preise. Es gibt nichts, das günstiger wäre, als die lebensmittel, die ich seit zwei jahren kaufe. Der billigste wein aus Chile koste drei pfund, viele fertigessen sind im tk-bereich, die einfache pizza für vier pfund. Fünfhundert gramm möhren kosten zwei pfund. Das bier ist dünn, teuer, und dann ist in der dose noch eine plastikkugel, was soll das? Der lichtblick im supermarkt sind die resteregale: alles muss raus. Da habe ich drei gläser fertig soßen der bekannten englischen marke erstanden, für je ein pfund, die sonst das dreifache kosten. Genau soviel wie beim letzten kauf auf Gibraltar, auch ein felsen.

20170625 tikka marsalas

 

Nachdem ich den einkauf aufs schiff gebracht habe, bin ich zur touristeninformation gegangen, ich liege genau davor. Meine ersten beiden pakete sind da, ich nehme sie aber erst morgen mit. Nein, leider haben wir kein free wifi, aber sie können eine karte erwerben.
Die nächste station war der erste pub zum schiff, kein free wifi, aber oben zwei straßen weiter, eventuell. Aber auch der pub hat kein free wifi, dafür ein lokal gebrautes ale zu drei pfund.
Von dort aus bin ich zu Bob und Janet gelaufen, um meine ankommensemail zu senden, denn auch hier funktioniert mein handy nicht.
Bob ist funkamateur und beide sind rentner, haben viel zeit. Der yachtclub ist nur eine organisation, keine eigenen liegenschaften. Dafür sind sie gastfreundlich, nur ins internet kam ich nicht, obwohl sie mir ihr kabel angeboten hatten. Irgend etwas habe ich bei meinem rechner deaktiviert und somit keine verbindung. Nach den scones und dem tee, sie trinken kaffee, bin ich zurück. Und es schneite wieder heftig, wo bin ich gelandet? Es soll hier eigentlich sehr trocken auf dem felsen sein, wenig regen.

Meine nächste lebensbaustelle ist wärme im schiff. Der ofen lutscht das holz nur so durch, so dass ich ab und zu auch schon das nasse in den ofen lege. Mein erfolg ist, dass ich zwölf grad am navitisch bekomme, laut anzeige. Es sind aber mehr, dafür habe ich schon die luke etwas isoliert und die heckabinentür und die vom badbereich geschlossen. Im heck gibt es eisblumen und gefrorene tröpfchen an der luke. Es geht also so. Also ab nächster woche ist wieder eichhörnchen angesagt.

Den ersten wassereinbruch habe ich heute auch schon mal angefasst. Im bugbereich kommt zum einen wasser durch diese grottige luke vom vorbesitzer und durch die ankerwinsch. Und hier ist ein hauptproblem, die ganze kette ist in der salzlake im fass eingelegt. In zukunft wird die kettendurchführung durch etwas, das ich noch erfinden muss, geschlossen. Es ist in diesem bereich noch einiges offen.

Am Mo bin ich erstmal zur bank gelaufen, ein wenig westlich vom schiff. Geld gab es problemlos, nur das kaufen kostete mich dreizehn pfund und fünfzig pence für dreihundert pfund. Das ist noch ein wenig teurer als in Argentinien am automaten. Und ich muss darauf achten, alles auszugeben, da diese sorte pfund nur hier auf den Falklands gilt, eine felsenwährung, wie auch auf Gibraltar oder St. Helena.
Über einen kleinen umweg war ich dann wieder im supermarkt. Diesmal habe ich gleich sechs gläser von Patka erstanden, dazu currypasten und -pulver. Neue konserven testen, ein paar getränke und schon wieder fünfzig pfund umgesetzt. Das wird hier richtig teuer werden.
Das geld vom morgen habe ich auch für die immigration gebraucht, achtundsechzig pfund für die hafengebühren. Dafür kostet es aber am steg nichts, ein trost. In der saison ist hier alles voll und die schiffe müssen sehr oft verschwinden, wenn die kreuzfahrtschiffe kommen. Dann wird der steg zum ausbooten gebraucht.

20170626 einfahrt stanley

 

20170626 gegenueber stanley

 

Dann war ich noch in der östlichen richtung unterwegs, einige häuser sind recht individuell. Ältere ein wenig herunter gekommen, dafür werden noch viele neue gebaut, meistens aus holz. In den vorgärten und neben der straße grasen zur zeit wildgänse, das heißt, eine gans frisst und die andere passt auf.

20170626 wildgaense

 

Mein erster eindruck von den menschen hier, sie sind freundlich und hilfsbereit. Kein stress, kein gehupe und fußgänger werden bevorzugt behandelt. Man grüßt sich, auch wenn sie mich nicht kennen, oder etwa doch. Dieses dorf hat so um zweitausend einwohner, und ich weiß nicht, wie viele augen mich beim hereinfahren gesehen haben, einige.

Heute ist mein erster Mi auf den inseln und die nacht war schlecht. Die ersten tage waren hier wohl kuschelkurs, jetzt gehen fünf bis sieben windstärken hier durch. Und es sieht so aus, als werde es die ganze woche so bleiben. Das kostet festmacher, einer ist schon durchgescheuert. Damit es hier friedlich ist, habe ich drei leinen zu den pollern gelegt, die mittlere über meine genuawinsch, damit ich auf den steg komme.

Die letzten beiden tage habe ich mit der reanimation eines dieselgenerators verbracht. Gestern sehr erfolglos versucht, den anlasser zum drehen zu bewegen. Will nicht, sehr wahrscheinlich der magnetschalter, es ist schon der zweite, der den geist aufgegeben hat. Dann ist mir das anzugsseil gerissen, auch erneuert, aber das teil war nicht laufwillig. Das habe ich mir als frühsport aufgehoben.
Warm wurde ich dabei heute morgen, aber kein laufen. Diesel kommt an der einspritzpumpe an, nicht an der einspritzdüse. Wenn das teil kaputt ist, kann ich den ganze motor wegwerfen. Also die pumpe ausgebaut und sie fördert, was nun? Dann habe ich mir die steuerungsmechanik angeschaut, ein schieber geht hin und her und regelt die menge. Nur der schieber ist nicht bei der pumpe. Dann habe ich noch die drehzahleinstellung abgeschraubt und gesehen, der hebel bewegt nicht den schieber. Dann kam mir der kleine stift unter dem motor in erinnerung, dieser hat sich im orkan heraus gerüttelt. Danach entlüftet, angeworfen, ging recht schnell und ein wenig laufen gelassen. Mein kompressor eingeschaltet, damit der tank wieder voll ist und die fender aufgepumpt. Die sind wegen der kälte recht schlapp. Basteltechnisch war es ein erfolgreicher tag.

Im supermarkt habe ich die restlichen reduzierten spitfire ales gekauft und eine kleine steckrübe erstanden, für ein pfund. Bald kommt majorannachschub und mein restbestand geht bald in einen leckeren eintopf.

20170628 steckruebe

 

So langsam kehrt hier bei mir der alltag ein. Aufstehen, bad, ofen anfeuern, kaffee kochen, währenddessen porridge einweichen mit der milch aus Guyana und dann vor dem leicht warmem ofen frühstücken.
Danach die liste anschauen, einen task herausnehmen, der zum wetter passt und anfangen. So ist der halbe tag schon herum. So um zwei uhr gehe ich ins warme der touristeninformation und ins netz. Hinterher ein gang durch die gemeinde, einkaufen oder holzsammeln. Schon wird es dunkel und gedanken zum abendmahl kommen. Wieder den ofen anheizen und auf der landleinenrolle den tag ausklingen lassen. Nicht gerade aufregend, aber das hatte ich bereits zur genüge auf der herfahrt.

Doch die zeiten der landleinenrolle sind gezählt, denn wenn hier ein nord- oder nordost- wind weht, soll es ungemütlich werden. Dann muss ich die landleinen zum anderen anleger spannen.
Das holz schmilzt hier weg wie warme butter, schon fast zwei fischkisten habe ich verfeuert. Da muss das beschaffungsamt bald tätig werden, sonst bleibt die bude kalt.

Und ich habe auch noch glück gehabt auf der herfahrt: die genuaschot hatte sich im vorderen bereich total aufgescheuert. Wenn das segel klein ist, der sturm über das schiff zieht, kontrolliert man das nicht jeden tag. Nun ist sie erneuert. Auch sind nur zwei rutscher vom großsegel gebrochen, die verstärkten ösen haben gehalten. Das reparieren ging gestern recht gut, da der wind mal einen aussetzer hatte.

Gestern war ich auch noch bei Janet und Bob mit einem rucksack voll wäsche, die ich danach wieder frisch und getrocknet mitnehmen konnte. Die beiden sind richtige falkländer, er in der sechsten und sie in der siebenten generation. Die ahnen kamen vor über hundertsiebzig jahren hierher, heute gibt es schon die neunte generation auf dem felsen. So viel bodenständigkeit kenne ich in deutschland nicht, gab es doch in dieser ganzen zeit mehrere kriege und grenzverschiebungen.

Und so habe ich ein wenig zum krieg hier auf dem felsen gefragt. Mal die andere seite belauschen und verstehen, warum die menschen hier nicht auf die Argentinier stehen. Vor fünfunddreißig jahren waren hier vierzig soldaten der krone stationiert, und als die Argentinier mit eintausendfünfhundert köpfen hier landeten, war gerade wachablösung. Somit gab es ganze achtzig britische soldaten hier. Dann wurden die leute vom land in Stanley interniert und das gehaue fing an. Die militärische übermacht aus england hat das ganze dann recht schnell beendet, fast eintausend tote insgesamt. Was ich unschön finde, sind die ganzen handgranaten mit den stolperdrähten, die in den farmhäusern hinterlassen wurden. Auch hatten die Argentinier genug zu futtern, es kam nur nicht bei den soldaten an, sondern wanderte ins lagerhaus. Da wurde catch twentytwo zur realität.

In jedem zoll- oder immigrationsbüro und bei der prefektura in Argentinien hängt das bild der Malvinas. An jeder dritten ecke wird an die helden und toten von damals gedacht. Auf den Falklands gibt es auch eine landkarte von südamerika, dort fehlt nur das ganze gebiet von Argentinien.

20170708 suedamerika

 

Das war schon die erste woche, wie auch hier die zeit vergeht. Gestern habe ich erstmal holz geholt, vom anleger zu meiner rechten seite. Die leute sind nett, eine halbe mülltonne hatten sie noch, dazu noch zwei europaletten. Man sind da viele nägel drin! Daneben ist die firma falkland homebuilding services, das klingt fast wie aus Brazil. Dort liegt noch mehr holz herum, gefragt wird bald.
Und da sind wir schon wieder bei einem problem. Ich habe gestern den ofen nicht richtig zum fliegen gebracht. Auch mein gasherd machte gelbe anstatt blaue flammen und es liegt nicht an der luftzufuhr, die luke war offen. Ich habe den luftdruck in zusammenarbeit mit dem wind in verdacht, heute geht es super.

Auch bin ich gestern den bisher weitesten fußmarsch zur ortsgrenze zum hafen gelaufen. Unterwegs in einen weiteren supermarkt hinein geschaut, der erinnerte mich an einen leergekauften ho-laden. Dann an der umgehungsstraße den größten laden auf der insel gefunden. Doppelte größe vom deutschen discounter und regale ohne ende. Hier gibt es alles zum futtern und im nebenhaus alles für den outdoorbedarf. Kleidung, schuhe, ausrüstung. Ich habe mir erstmal zwei paar dicke socken gekauft, meine sind schon durchgelaufen. Und im eifer des gefechts habe ich bei einem brauset zugeschlagen, australian bitter. Aber jetzt kippen meine pläne zum bierbrauen, nachdem ich die anleitung gelesen habe. Die hefe geht gut im bereich von siebzehn bis vierzig grad, nur die siebzehn erreiche ich hier nicht, auch nicht am kap hoorn. Also wird das nächste ale erst im pazifik angesetzt werden.

Heute am Sa ist es recht ungemütlich hier am steg, eine steife brise und das schiff bockt in den festmachern. Morgen werde ich die anderen landleinen legen, denn am Mo kommt es zeitweise aus nord.
Meine letzten beide pakete sind auch angekommen, danke euch dafür. Somit gibt es heute den steckrübeneintopf mit majoran. So etwas mit freunden funktioniert, aber auf ein angebot für neue repeller für den windgenerator warte ich vergeblich. Auch hat sich mein winsteuerungshersteller gemeldet, wird ein preis herausfinden, ich solle es aber besser lokal probieren.

Der wasserüberlauf des kettenfasses hat konsequenzen. Man glaubt ja gar nicht, wie schnell konservendosen anfangen zu rosten. Heute habe ich diese vorräte überprüft, gewaschen und wieder verstaut, viel rostiges wasser. Die arbeiten sind morgen abgeschlossen und mein Mr Perkins muss versorgt werden. So verbringe ich die zeit.

Am So war die vorbereitung auf den Mo mit nördlichen winden. So habe ich meine seilrolle halbiert und zwei leinen zum anderen anleger gezogen. Hat eine weile gedauert, aber ich habe ja zeit. Dann war das schiff wie eine spinne im netz und weit weg vom steg. Das hätte alles so schön sein können, wenn am Mo nachmittag nicht ein offizieller vorbei gekommen wäre. Im falle eines notfalls müsse hier ein schiff hinein fahren können, also müssen die leinen zum anleger wieder ab.

20170702 abspannung

 

20170702 abspannung

 

20170702 abspannung

 

20170702 abspannung

 

Dieser mensch hat mich auch aus dem motorraumkeller geholt. Die kardanwelle ausbauen, den auspuffwassersammler entfernen, den überlauftank des duschsumpfes ausbauen. Dann den motor anliften, holz darunter und die hinteren motorhalterungen ausgebaut. Kein wunder, dass der motor zur seite gekippt ist, das eine motorfundament hat sich gehimmelt.

20170703 motorfundament

 

Und zum ärger des tages will mein ofen nicht so recht, pustet er die abgase in die kabine und nicht durch den kamin. Ich bin sehr genervt davon, die gleiche anwandlung wie auf dem meer. Durch diesen nordwind ist auch ordentlich schwell am anleger, ständiges auf und ab.

Die letzten drei tage habe ich lange im keller des schiffs verbracht und dort ist es kalt. Der motorraum ist unter der wasserlinie und das bedeutet auch kondensationsfeuchtigkeit, also ein ideales gebiet für reuma. Dann war ich wieder einmal bei Bob und ich bin zwei monate zu spät gekommen. Er hat ein wenig seine garage aufgeräumt und seine neuen motorfundamente weggeworfen, da er sie nicht mehr braucht. Glücklicherweise hat er eins übersehen, das gleiche, das ich brauche, und nun es ist auch schon im schiff verbaut.
Und hier kennt jeder jeden oder er weiß, wer helfen kann. So wird jetzt versucht ein weiteres fundament zu finden, wenn beide hinteren neu sind, ist mir wohler.

Die brennaktivität vom ofen schwankt von tag zu tag. Die lösung könnte ein sauberes abgasrohr sein, ich hau da ja einiges durch. So war ich gestern mal in der rolle des schornsteinfegers drangegangen, mit brennbarem erfolg. Also feuchtes holz nur, wenn der ofen warm ist.

Nachtrag zum ofen: der wind ist das problem, trockenes holz, gereinigtes rohr und der wind drückt die flamme zurück. Teilweise als stichflamme oder der rauch ist im schiff. Somit ist der newport von dickinson hier nur unter kontrolle betreibbar, wenn das in der nacht passieren würde, ist das ende scheller da, als man es weghusten könnte.

20170705 flammen

 

20170705 flammen

 

Dann wurde ich heute morgen aus dem bett geklopft, Bob brachte mir drei weitere motorfundamente. Leider nicht dieselben, also musste ich zwei bleche darunter schweißen. Somit sind die beiden hinteren aufnahmen fast fertig und das schiff fast wieder fahrbereit. Und zum schweißen musste der generator an, beim zweiten mal ziehen lief er schon. Somit lief auch mein kompressor und hat luft getankt, lauwarmes wasser wurde in der zeit produziert und die batterien sind wieder voll. Die anschießende dusche war mit überwindung machbar.

20170706 motorfundament

 

Im supermarkt ist gerade die nächste charge india pale ale am ablaufen und somit preisreduziert, das pint für ein pfund. Meine größte sorge, dass meine gekochten eintöpfe ohne maggi auskommen müssten, wurde durch zwei freundliche heimatliche care pakete ja schon behoben. Nur jetzt habe ich noch einmal zugeschlagen im hiesigen supermarkt und zwanzig miniflaschen gekauft, heruntergesetzt auf zehn pence. Zwanzig für den preis von einer. Ich glaube das liegt am winter, kaum touristen, weniger umsatz.

20170706 maggivorrat

 

Jetzt bin ich schon zwei wochen hier am steg und heute ist es mal wieder ungemütlich. Eine sehr steife brise aus fast nord mit einer kappeligen see. Die festmacherseile knarzen vor sich hin und bei den bewegungen des schiffes muss ich mich schon mal festhalten. Der ofen bleibt wohl heute wieder aus, läuft er doch rückwärts.
Gestern und vorgestern habe ich den motor wieder zusammengesetzt und laufen lassen. Er rüttelt jetzt ein wenig mehr mit den beiden neuen motorgummis, oder es kommt mir nur so vor.

In diesen zwei wochen habe ich schon ein kilogramm haferflocken und vier liter milch umgesetzt, mehr als in den letzten fünf jahren zusammen. Auch sind die ausgaben recht hoch, dreihundertfünfzig pfund sind in den handel geflossen. Siebzig davon für die hafengebühr.
Dann habe ich mich über die struktur der insel informiert. Es gibt hier vieles nicht: Kein recycling, der müll wandert auf eine deponie. Glasflaschen werden schon im pub geschreddert, keine blechdosen oder die aus alu werden gesammelt. Keine wirklichen schrottplätze, die insel ist einer. Alles wird aufgehoben, kann man vielleicht noch einmal gebrauchen. Das abwasser wird unaufbereitet ins meer gepumpt, frisches oberflächenwasser kommt aus der mitte der insel und ist mit chlor versetzt. Der strom wird in dieselgeneratoren erzeugt, dazu gibt es ein paar windräder. Die inseln sind zu klein für umwelterhaltende maßnahmen, so die entschuldigungen. Die reedereien müssten nur die leercontainer auf dem rückweg freigeben, anstatt den vollen preis zu verlangen.
Es gibt hier keine bienen, der versuch, welche anzusiedeln, scheiterte, liegt wohl am wind. Somit gibt es auch keine wespen, stechende mücken oder ameisen. Und was mir nicht gefällt, es gibt hier nur tiefgefrorenen fisch.

Das wochenende ist wieder vorbei und am So nachmittag gab es zur abwechslung mal wenig wind. So konnte ich das schiff ein paar meter weiter zum ufer ziehen, um wasser zu bunkern. Lief alles supergut, und als ich wieder an der alten stelle war, fing der wind auch wieder an.
Glücklicherweise funktioniert auch der ofen, denn meine standheizung will den betrieb nicht aufnehmen. Das letzte mal lief sie vor vier jahren in Berlin und alles war gut. Da muss ich ran, war nicht so gedacht.
Die sache mit dem holzofen hat auch noch andere konsequenzen, dreck, viel dreck und ruß. Ich wollte es ja nicht wahrhaben, aber die ofenklappe öffnen und holz nachlegen und schon zieht ein wenig rauch ins schiff. Dieser kondensiert mit der luftfeuchtigkeit an den kältebrücken der fenster. Das wasser sammelt sich und läuft dann als kleines braunes rinnsal an der weißen wand herab. Ich muss mal wieder putzen, der staubsauger geht auch jeden zweiten tag zur schicht. Staub, holzmehl und ruß verteilen sich ganz gut.

Auf der anderen seite der bucht weht auch der wind. Heute am Mi habe ich rübergemacht. Und das ganze fing schon wieder schlecht an, ankerwinschproblematik. Hier muss und wurde geankert, nur die bedienungseinheit konnte es nicht mehr so richtig. Das letzte mal in Uruguay war es noch super und hier ging es nur noch halb. Halb rauf oder halb runter und dann ohne stop, bis der sicherungsschalter ausgelöst hatte. Ich konnte aber über meinen backupschalter vom steuerstand das ganze dann doch bewerkstelligen, danke backup. Die bedienungseinheit habe ich später aufgeschraubt und das grüne ergebnis ist herausgepullert. Nun hängt der schalter nach dem waschgang auf der leine über dem ofen. Ich hoffe auf die selbstheilungskräfte der elektronik. Das ganze ist auf einen konstruktionsfehler zurückzuführen. Die einheit kann aufgehängt werden, nur läuft dann wasser über den kabelkanal hinein. Italienische spitzenqualität, aber günstig.

20170712 winschschaltung

 

Nun liege ich bei dem fischkutter am alten hafen vor anker. Die alten öltanks stammen noch aus dem zweiten weltkrieg, sind aber aus der nutzung. Der hafen soll versandet sein, also nur knappe tiefe zum steg, doch da liegt der zweimaster. In ein paar stunden soll der nordwind mit ost kommen, ankern ist hier spannend.

20170712 stanley

 

20170712 stanley alter hafen

 

20170712 stanley alter hafen

 

20170712 stanley alter hafen

 

Gestern habe ich auch das projekt windsteuerungsreparatur angefangen. Ausbau war leicht, nur zwei kleine imbusschrauben der oberen lagerschalen lösen und ab geht es. Damit das nicht passiert, habe ich erstmal ein sicherungsseil angeschlagen, dabei habe ich mich auf meinen griff gestützt. Der brach so schnell ab und liegt nun sichtbar vor dem anleger. Ich hätte mal keine eisenschrauben nehmen sollen, abgegammelt und das sehr schnell. Danach konnte ich das ruder aus der führung ziehen. Nur gibt es hier auf der insel einen mangel an edelstahl und den brauche ich für die reparatur.

Auch habe ich gestern angefangen, das gerücht eines schiffverkaufes in den umlauf zu bringen. Es ist noch nicht definitiv, aber wenn jemand mir ein akzeptables angebot macht, höre ich nach heutiger motivation mit der segelei auf. Also denkt darüber mal nach, ob ihr nicht ein orkantaugliches hochseegängiges segelboot gebrauchen könnt.

Der Mi auf der anderen seite der bucht war gut, alles funktionierte und duschen konnte ich auch. Dafür fing der Do richtig schlecht an. Bis zum abend hin habe ich versucht, den ofen zum anständigen abbrennen zu bewegen, das ging nur bei geöffneten türen. Da ist der wurm drin oder der wind ist zu stark, ständig kippt das system um und der rauch ist im schiff.
Zum ausgleich ging der winschschalter wenigstens wieder und ich habe noch mal zehn meter kette heraus gelassen. Danach war auch die nacht ruhig, so möchte man das.
Zum Fr morgen hin wurde es dann ungemütlich, schneegestöber mit fünfzig knoten wind. Ich weiß nicht, wie in der bucht die fast einen meter hohen wellen entstehen können, sie sind aber vorhanden. Irgendwann ist auch mein seilsystem zum anker puffern gerissen und der fischkutter kam näher. Der anker hat gehalten, nur vorsicht ist besser. Ab dann lief der motor für den fall und um zehn uhr hörte der wind kurz auf, nur noch zwanzig knoten.
Der richtige zeitpunkt, um den ort zu verlassen und zum anleger zurückzufahren. Das aufholen erschwerte sich, der fender mit der trippleine hatte sich verfangen. Der anker ist nicht ganz oben, nur bis zur rolle und der fender irgendwo. Die leine ist aber zu kurz für die schraube, doch irgendetwas hat sich auch dort verfangen. Ich hoffe mal, kelb oder schlimmeres. Also fast manivierunfähig bin ich zum anleger gefahren und der wind war wieder da. Auch Bob war dort und konnte nicht helfen. Das schiff hatte keine power um dort anzulegen. Beim zweiten versuch habe ich noch den kopf des steges gerammt und bin danach zum anderen anleger getrieben. Jetzt liege ich dort an einem autoreifenspiess und riesigen fendern. Es quietscht und scheuert und der wind nimmt noch zu. Erst morgen kann ich mich vielleicht zum öffentlichen anleger ziehen.

Ich bin sehr genervt und habe keinen bock mehr. Als nächstes muss ich mal einen taucher finden, der sich das malheur anschaut und beseitigt.

Meine fresse, war das gestern ein scheißtag und der liegeplatz hat viel farbe gekostet. Diese alten lkw-reifen sind ja nicht nur hart, sondern haben auch noch kleine steine im profil. Also genau das richtige für die farbbearbeitung.
Heute morgen musste ich dann erstmal wieder holz sägen, war ich doch an der quelle. Wieder einmal so um drei fischkisten voll. Die nägel im holz sammel ich im ofen zusammen. Dann kam der chef auch mal vorbei, smalltalk, und wenn ich hilfe brauche soll ich mich melden, ansonsten bediene dich am holz.
Hilfe konnte ich auch gebrauchen, wollte ich doch wieder am öffentlichen steg liegen. Also meine beiden langen landleinen zum anlieger auf der anderen seite gezogen und nun konnten sie mir richtig helfen. Einer war an der bugleine am ziehen, ich habe die heckleine über die winsch gekurbelt. Morgen kommt der muskelkater. Nur dann kam wind auf und vorne ziehen war kaum machbar, hinten kurbeln schon eher. Der chef war glücklicherweise an land geblieben, um uns notfalls von dem kleinen anleger in der mitte zu drücken. Und er hat gedrückt, der anleger war schon umrundet und dann er kam mit seinen tugboat. Das thema farbe ist ja schon passé und so drückte er Themroc gegen den wind zum steg. Und immer mit einem freundlichen lächeln und in der gewohnten ruhe der inselbewohner. Wenn ich die aktion alleine gemacht hätte, wäre heute richtig panik. Denn ich hatte schon die maschine angeworfen, um in den seilen was zu bewirken, mit geringem erfolg.
Danach alle seile neu verspannen, fender umsetzen, die landleinen wieder enttüdeln und endlich mal frühstücken, war es doch schon drei uhr.

Ich bin nun schon drei wochen hier und der aufgebemodus läuft noch immer. Die verkaufsgerüchte verbreiten sich und ich hoffe auf ein glückliches ende. Der ofen brennt heute mal richtig gut, nur warm wird es nicht angenehm. Draußen friert es und ich sitze bei muckeligen fünfzehn grad vor dem feuer.

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4 Antworten auf Die auf dem Felsen leben

  1. Joanna sagt:

    Ach Wolfgang,

    das tut uns wirklich sehr leid!
    Und was habe ich geunkt, dass Deine Malvinas nicht das Paradies sein werden, das Du Dir dort so schön geredet hast… Jetzt bedaure ich sehr, dass ich recht habe!

    Marcel raunt von hinten: Und wir haben noch gesagt, komm mit uns nach Brasilien zum Überwintern (billig und sonnig) und dann schauen wir mal… Option “Kapstadt” …
    Soweit Marcel von hinten. Ja, aber wenn der Mann nicht hören sondern mit dem Kopf durch den Wind?

    Wir hoffen trotzdem, dass Du – der Du schon so weit gekommen bist – zu einem guten und nicht zu einem frustrierten Ende für Deine Reise findest!

    Alles alles Gute wünscht die Chulugi-Crew!

  2. Jörg sagt:

    Hi Wolfgang,

    ich drücke Dir die Daumen, aber ich fände es schade, wenn die Reise dort zu Ende gehen würde.
    Kannst Du das Schiff nicht an Land stellen und im Frühjahr einen neuen Anlauf machen? Ich glaube, dass Du einfach ausgebrannt bist und mal Abstand brauchst.
    Oder dreh die Kiste um und segel zurück nach Europa. Mach sie Dir wieder schön fertig und dann vielleicht mal Skandinavien?

    Mach es gut…
    Jörg

    • themroc sagt:

      Ich weiss es noch nicht, aber vielleicht umdrehen.
      Hängt alles von einem mitsegler ab.

      gruss
      Wolfgang

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