Am Di nachmittag kam der freundliche mitarbeiter vom tourist office zum schiff und fragte mal nach, ob es nicht besser wäre, wenn ich den steg verlassen würde. In der nacht soll der wind stark auffrischen und mein schiff tanzte jetzt schon mit dem ponton. Und der wind werde noch zunehmen bis zum Sa hin. Aus bequemlichkeitsgründen wollte ich das wetter ignorieren - gut, dass da jemand mitgedacht hat.
Also noch schnell ein paar lebensmittel gekauft, das schiff innen grob aufgeräumt und los. Den ankerplatz vom letzten mal kannte ich ja noch, und diesmal habe ich die ganzen achtzig meter kette rausgelassen. Nur dann fing schon wieder das ofenproblem an, er zieht nicht und der qualm geht rückwärts. Meine neue vermutung ist, dass der wind um das schiff herum einen überdruck erzeugt oder hinter dem schiff kräftig saugt. Am steg geht es wunderbar, nur bei starkem wind am ankerplatz fällt der ofen aus. Somit ist er als heizquelle für Patagonien auch nicht geeignet.
Der windgenerator lief hingegen super, war auch nicht so laut wie befürchtet. Aber leider hat er sich beim sturm losgerüttelt, das vordere abspannseil hat seinen verschluss geöffnet und die neuen repeller hatten sich wieder am achterstag verkleinert. Am ende hing er über der reling am heck. Selbst schuld, würde ich sagen, hätte ich mal die muttern der neuen schelle gekontert und die verschlüsse besser gesichert.
Die zweite nacht am ankerplatz war nicht klasse, ständig irgendwelche geräusche. Wenn das surfbrett gegen die reling schlägt, dann wird wieder in die andere richtung geschwojet. Der kreis beträgt so zweihundert grad und der wind ist dabei auch sehr laut. Normal weht der wind mit dreißig bis fünfzig knoten, in böen sechzig bis siebzig knoten. Dann fliegt aber auch schon das wasser in der bucht. Nach dem schreckhaften aufwachen in der nacht und mal sehen, wo man ist, geht das wieder einschlafen sehr langsam. Die sorge ist nur, ob das ankersystem hält - wenn nicht, bin ich in zwei minuten auf der anderen seite gestrandet.
Die dritte nacht auf Fr war wesentlich besser, als die letzten beiden zusammen. Der wind hatte nachgelassen, der sturmlärm war weniger, und das klappern habe ich größtenteils abgestellt. Nur der ofen will trotz aller gewalt nur schlecht brennen. Das ofenrohr glüht auf dreißig zentimetern, die vordere luke ist leicht geöffnet, damit der wind ins schiff drückt.
Auch habe ich eine entscheidung gefällt: ich mache die kehrtwende. Es ist nicht der ofen das problem, ich bin es. Wie schon einmal erwähnt, der letzte trip hat mich mitgenommen und ein paar neue verdrahtungen im hirn wurden angelegt. Auf biegen und brechen um jeden preis weitermachen fällt mir sehr schwer, durch die beiden orkane bin ich auch zur pussy geworden. Ich muss mein schicksal nicht herausfordern, dennoch brauche ich glück, um nach St.Helena zu kommen. Die kalten tage im südatlantik sind absehbar und je weiter ich nach norden komme, umso wärmer wird es.
Ich liebe es, wenn pläne und wettervorhersagen miteinander harmonieren. Die ansage war es, dass es am Sa fast windstill sein wird, und es war. Am morgen kam der wind noch aus west und schlief ein. Kaffee kochen, einen becher trinken und den anker aufholen. Diesmal ohne kelp, dafür mit einer menge modder.
Wieder zurück zum anleger, ging alles recht gut und festmachen. Geholfen hatte zum schluss der besucher von vor einem monat. Diesmal wollte ich ihn auf morgen vertrösten, bin dann aber auf gleich umgestiegen. Das schiff gefällt und der preis ist ein wenig hoch. Mal sehen, ob es ein angebot gibt.
Am nachmittag, nachdem ich die ganze kette noch einmal herausgelassen und gebadet habe, bin ich nach Stanley west gelaufen. Unterwegs noch einige historische schaubilder abgelesen und einige schiffwracks abgelichtet.
Seit ich beschlossen habe, die kehrtwende zu machen, hat das auch postive auswirkung auf meine todoliste. Am anfang der woche wurden gleich ein paar punkte abgehakt: der dieselgenerator kann wieder mit dem anlasser angeworfen werden. Das ruder hat keine löcher mehr und den dritten epoxiüberzug bekommen. Ich habe diesel geordert, der zum schiff geliefert wird, und die pendelruder sind auch in arbeit. Nächste woche könnte es vielleicht schon losgehen.
Der diesellaster kam nicht, auf nachfrage hieß es heute, dass ich zuerst zahlen muss und dann wird geliefert. Das ist so bescheuert wie in Uruguay. Also werde ich gleich mal loslaufen und mehr diesel ordern, als ich gebrauchen kann. Zuviel bezahltes geld erhalte ich zurück.
Die reparaturen gehen auch sehr gut voran, zwei pendelruder sind produziert, der windgenerator läuft wieder und das ruder hat seine bohrung für den bolzen bekommen.
Dann kamen zwei nette menschen von einem anderen segelboot vorbei, ich nenne sie mal A&B. Ich konnte seit drei monaten mal wieder in der eigenen sprache mit einem gegenüber reden. Auch haben sie mir mut gemacht, doch durch Patagonien zu fahren. Es soll dort herrlich sein und es ist mehr eine reise, als eine segeltour. Neuer plan: wenn mein einer mitsegler noch will, kommt nun die kehrtwende der kehrtwende.
Heute am Do kam endlich der diesellaster, verspätet und freundlich. Meine kalkulation von fast hundertfünfzig litern stimmte, somit muss ich nur wieder auf den berg laufen, um das restgeld zu holen.
Gestern habe ich noch zwei muttern in die plicht geschweißt, damit die grätinge festgeschraubt werden können. Auf der herreise wurde ja ein holzteil durch den seezaun vorm verduften aufgehalten. Und da ich das erste mal seit der ankunft die holzteile angehoben habe, lag dort noch der eine verschluss von der sprayhood. Hätte ich also gar nicht das stück aus der mitte heraus schneiden müssen, pech.
Morgen bekommt das windsteuerruder den ersten anstrich mit antifouling, zwei schichten grundierung sind schon aufgetragen. Es fehlt nicht mehr viel und ich bin abreisebereit. Nach dem heutigen gespräch mit A&B fahre ich auch fast allein durch Patagonien. Mal sehen, wie weit ich meine meinung noch ändere.
Am Fr bin ich dann wirklich den berg hinauf gelaufen und meine lernkurve ist mies. An der tankstelle angekommen, zeigte die uhr zwanzig nach zwölf, also lunch time und das personal ist auswärtig. Dann wollte ich die zeit im baumarkt verbringen, aber dort war der laden auch zu. Um eins kam die fachfrau wieder und gab mir mein restgeld zurück. Dadurch dass alle in dieser zeit unterwegs sind, besteht die größte gefahr, hier überfahren zu werden, um zehn nach zwölf oder um zehn vor eins, denn dann ist hier rush hour.
Auf dem rückweg habe ich noch am müllcontainer vom anleger nebenan vorbeigeschaut und für die nächsten fischfangversuche einige haken aus einer mülltüte geangelt.
Wie schön ist es, wenn jemand ein auto hat und ich auch noch gefahren werde. Am Sa war so ein tag, einkaufen, schiffswrack an land besichtigen und zur müllkippe fahren. Das bringt mir spaß und war erschreckend zugleich. Hier wird wie in den sechzigern und siebzigern des letzten jahrhunderts der müll entsorgt. Und noch viel schlimmer, denn sie machen es an der küste, so dass der plastikmüll, nachdem er von der planierraupe zerpflückt wurde, durch den wind aufs meer geweht wird. Dazu kommt noch ein stinkender schwelbrand. Für die tausenden möven ist am wochenende fressen satt. Und dabei wollen sich die Falklands als naturreservoir ausgeben, diese drecksäue.
Das schiffswrack lag hinter dem kaputten anleger und dem restschiff im wasser. Es soll vielleicht als ausstellungsobjekt beim museum teilweise wieder aufgestellt werden.
Am So gab es zwei stunden, in denen der wind gedreht hat. In dieser zeit war windstärke null und somit der richtige zeitpunkt, um das ruder der windsteuerung einzubauen. Passte alles, die eine flex hat jetzt keinen griff mehr, dafür das ruder. Jetzt ist die liste für eine abreise in richtung norden abgearbeitet und es könnte losgehen. Wenn es nach süden geht, habe ich noch ein paar kleinere dinge zu erledigen.
Und die jungs vom nachbaranleger sind nett, konnte ich doch zwei waschmaschinenladungen waschen und trocknen. Danach wollte ich noch die standheizung in betrieb nehmen oder den fehler finden, jedoch will sie nur noch den ventilator starten. Also ist das teil abgeschrieben und eine neue muss her oder ein reflexofen.
Mein optionaler mitsegler will immer noch, nur jetzt erst ab Januar, das ist aber schon wieder recht spät für den Pazifik. Andererseits könnte ich nach hause fliegen und ersatzteile kaufen. Dann aber bräuchte ich hier einen sicheren platz für das schiff.
Seit heute bin ich zwei monate hier auf der insel und habe wieder einen durchblick. Ich muss nur ein paar scheine bedrucktes papier in die hand nehmen und wieder nach hause fliegen. Dort kann ich mich um ersatzteile kümmern und weitere kräfte tanken. Nur dass das hier einer der schlechtesten plätze auf der welt ist, um günstig zu verschwinden. Eine reise bis nach europa dauert zwei bis drei tage, davon einen im flugzeug. Entweder man fliegt mit der army in achtzehn stunden in die nähe von Oxford, danach bus, danach bahn bis London, danach tube zum anderen bahnhof, danach zug bis Lille. Das gibt es ab zwölfhundert pfund plus zweihundert für die kosten nach der landung. Oder eben über Santiago nach Paris in drei tagen für weniger, es soll der bessere weg sein. Und so sind die würfel gefallen.
Ich habe schon einen sicheren hafenplatz organisiert, es fehlt nur noch ein windschwacher tag, der aber in der nächsten woche zweimal erscheinen soll. Dann liege ich in Karls’ hafen, den er sich gebaut hat, nachdem er ein schiff zusammengeschweißt hatte und keinen liegeplatz bekommen konnte, sehr praktisch.
Eine andere geschichte ist die vom toten fischer vor Süd Georgien und das schiff musste nach Stanley zurückfahren, todesursache tbc. Alle seine sachen wurden in eine holzkiste verpackt und landeten im müllcontainer am nachbarsteg. Dort habe ich auch meine angelhaken heraus gefischt und zeigte auch interesse an der schon geöffneten holzkiste. Zum glück war sie zu groß, lag auf dem rücken, der deckel war offen und der inhalt sah nicht wirklich lecker aus.
Jetzt habe ich erst erfahren, was der inhalt ist und dass der container verbrannt werden sollte. Das krankenhaus hier meinte, es sei nicht notwendig, die vom anleger meinten besser ja. Der einzige ofen hier für solche aktionen wollte, aber der container war zu gross. Nun steht die geschredderte kiste mit den ganzen klamotten schon wieder auf dem anleger und wird wohl demnächst auf der einzigen müllhalde abgekippt werden. Irgendwie will keiner eine verantwortung dafür übernehmen, alle offiziellen hören weg und ich habe schon leichten husten.
Jetzt kommt’s: Ich habe mich endlich entschieden, für ein paar monate nach hause zu fliegen. Das hätte ich schon früher tun sollen, aber es hat sich erst jetzt herauskristallisiert. Im Januar geht es dann weiter in richtung süden.
Hallo Wolfgang,
Sehr gute Entscheidung! Eine lange Auszeit wird Deine Batterien wieder aufladen. Danach gehst Du frisch an die nächste Etappe.
hier ein kleiner Exkurs Gittermasten:
http://www.segeljahre.de/?p=1328
oder auch hier (letztes Jahr)
http://www.alunga.ch/2016/ereignisreiche-tage/
Doch fragwürdig: bei der geringen Anzahl an Masten ein hoher Ausfall….
Mach’ es gut und gute Reise!
Jörg