Kanaren Wild West, oder the bright darkroom

Die wertigkeit des alleinsegelns muss ich neu taxieren. Es ist spannender zu mehreren, aber es hat auch seine besonderen tücken. Man kann glück haben oder es ist ok – und dann gibt es noch den griff ins klo. Ich brauche input und von guter gebildeter güte. Das hat nichts mit dem bildungsabschluss zu tun, sondern mit der bereitschaft, weiter zu denken, als es einem üblicherweise gesagt wird.
Einen fehler habe ich leider begangen, und will diesen ab sofort abstellen. Ich sagte den leuten vor reisebeginn, dass es einen betrag xy kostet, eventuell auch weniger. Dies verstehen einige kleingeister anders – und somit habe ich es jetzt geändert, die kosten sind fix. Dann bleiben mir elendige diskussionen wie gestern erspart, als jemand dachte, zwei wochen segeln für absolut lau zu bekommen. Von den variablen kosten die hälfte zu bezahlen, sich bekochen zu lassen, frische bettwäsche zu bekommen, die ganzen tage nur zwei themen einheitsbrei von sich zu geben, nämlich ausschließlich vom intensiven angeln in allen variationen und den vorteilen von zweitaktaußenbordmotoren – das gibt es bei mir nicht mehr. Meine segellebenszeit ist für dieses niveau zu kurz. So, jetzt ende vom dicken hals.

Und deshalb bin ich jetzt auch nicht mehr in der marina Las Palmas, weil ich die stadtautobahn auch von dem ankerplatz nebenan hören kann. Abends loszusegeln und am morgen in Santa Cruz anzukommen habe ich zudem auf morgen früh vertagt.
Dafür ist wieder rostschutzfarbe am bug, das ankerhakenkonzept ist überarbeitet, das rigg ist inspiziert und das schiff wieder sauber, so auch die wäsche.

Den anker habe ich um halb zehn hochgeholt und dabei noch eine gummileine mit haken an der kette geangelt. Großsegel vorher hochgezogen und den hafen verlassen. Draußen kam guter wind und ich bin richtung nordspitze von Gran Canaria gesegelt. Eine wende und der wind ging nicht mehr. Mr Perkins angeworfen, um nicht auf die vielen felsen zu laufen, aber auch danach ging zu wenig. Nach zwei stunden kam wieder richtiger wind und die reise nach Teneriffa konnte fortgesetzt werden. Aber pünktlich zum sonnenuntergang hörte der wind wieder auf, das gleiche wie vor einer woche.
Optisch war die insel schon sehr nah, praktisch hieß es vier stunden mit dem motor, da ich auch gerade im verkehrstrennungsgebiet dümpelte. Um ein uhr nachts bin ich dann wieder in der marina Santa Cruz angekommen, in der stadtmarina. Endlich ruhig schlafen und hier ist kein schwell.
Leider regnet es seit dem hellwerden und somit ist es ein guter tag, um an dem watermaker weiter zu bauen. Bis zu den Kapverden muss er funktionieren.

Das einzige, das ich geschafft habe, ist allerdings, das elektrische system vom watermaker zu installieren. Nicht nach vdi, aber so, dass man keinen gewischt bekommt. Alle verkabelungen haben auf anhieb funktioniert, sehr angenehm. Leider ist die achse vom poti zu lang und der schrank geht nicht mehr zu, werde ich noch verbessern.

In Santa Cruz kann man auch lecker essen gehen, liegt wohl auch an der neuen gesellschaft von Renate und Eckhard. Wir sind am So dann in richtung süden aufgebrochen, wind doppelt so viel wie die angesagten drei, von hinten. Die wellen waren sehr viel für ungeübte zeitgenossen. Auf dem halben weg nach San Miguel haben wir versucht, in einer bucht zu ankern. Leider ging die welle genau hinein und so sind wir dann doch weiter gesegelt.
Durch den stopp sind wir auch erst im dunkeln angekommen, eine marina mit begrenzungsbojen. An der tankstelle durften wir nicht und wurden dann zu einem freien längsslot gelotst. Ein sehr knappes anlegemanöver auf der schlechten seite, aber ohne schaden.
Der künstliche ort hat nur teure minisupermarkets und restaurants mit koberern.

Nach zwei tagen sind wir dann weiter, unten um die südspitze herum bis Los Cristianos auf den ankerplatz in der hafenbucht. Das wasser auf dem weg dorthin ist noch immer warm.

20150922 badetag

 

20150922 badetag

 

Und etwas anderes ist hier noch warm, die sonne und die freikörperkultur. Hatte ich bis jetzt in spanien auch nicht gesehen. Sie lümmeln sich von der halskrause abwärts haarlos, an den felsen und treffen sich dahinter. Was macht denn der nackte ruckelnde mann hinter dem bückenden anderen. Das ganze am nachmittag. Ab sechs änderte sich die szene und auf einem platten stück laufsteg sammelten sich die körper, diesmal angezogen. Es wurde taxiert und in augenschein genommen, die latte, die den ganzen tag in der sonne brutzelte, wurde mit der hand zum halb erigierten objekt formiert, alles vom ankerplatz aus sichtbar. Die krönung waren zwei oralfanatiker und daneben ein selbstbesorger mit herunter gelassener hose, rot weiss gestreift.
In brehms tierleben findet man kein kapitel über diese gattung mensch. Keine information in anderen öffentlichen medien, aber hier live als objektstudie. Aus der perspektive recht locker, aber auch mitleiderregend im abgang. Somit wissen wir drei an bord mehr als andere, die nur abfällige bemerkungen über diese jungs machen.

20150922 bucht los cristianos

 

20150922 bucht los cristianos hafen

 

Der ausflug mit dem schlauchboot in die stadt brachte ein wenig internet, einen apéro und einen teuren supermarkt für das nötigste. Der motor lief wie immer, das wasser spritze wie immer nass und alles war am schiff wie vorher. Nur diese schlauchbootrödelei nervt langsam, rauf runter, schleppen und wieder verpacken. Eine gute lösung muss her.

Am nächsten morgen sind wir dann bei diesigem wetter mit radar nach la gomera motort. Platte see, kein wind über nullkommasiebendrei und eine menge delfine. Die ankunft in San Sebastian war nicht von meinem funkglück gekrönt. Die wollten mich nicht hören, wir bekamen dann aber irgendwann durch eigeninitiative einen platz.
Der ort macht sich, viele fußgängerzonen und restaurants, deren öffnungszeiten doch recht kurz sind. Jetzt noch eine ankerbucht und meine terminfracht wird am Sa abgeladen.
Und Mama, mir geht es immer noch gut, nur nicht, wenn ich morgens um neun geweckt werde, dann bin ich sehr verstimmt.

20150925 hafen san sebastian gomera

 

20150925 hafen san sebastian gomera

 

20150925 küste san sebastian gomera

 

Die bucht am Fr abend im südlichen La Gomera bot schon wieder nacktes fleisch, es waren aber höhlenbewohner, die die lebensmittel per rucksack heran schleppten. Es sind fünf löcher bewohnt und mit tüchern verhangen. Der ankergrund war sandig, aber leider kamen am morgen die wellen und der schlaf war abgebrochen. Nur mit einem kaffee sind wir weiter gezogen.

20150925 bucht gomera

 

20150925 bucht gomera

 

20150925 bucht gomera

 

Das frühstück war dann in der bucht playa de la negra oder daneben. Eine alte kleine mole existiert, zerfallene häuser und felsen, die die wellen verschlucken. Der ankergrund war wieder sand auf sechs meter.

20150926 playa de la negra anlegesteg

 

20150926 playa de la negra felsen

 

20150926 playa de la negra häuser

 

Die restliche fahrt war schnell geschafft und wir haben im hafen von Vueltas an der kaimauer festgemacht. Es war schon Sa nachmittag und nur einer von der security war zugegen, der hafenmeister nicht. Und deshalb muss ich auch nichts zahlen, da ich morgen wieder in richtung teneriffa ablegen werde.
Eckhard und Renate sind heil angekommen und haben ihr hiesiges appartement bezogen.

220150926 hafen vueltas kaimauer

 

20150926 hafen vueltas

 

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2 Antworten auf Kanaren Wild West, oder the bright darkroom

  1. Hans sagt:

    Hallo Wolfgang,
    Reisen bilded und auf deiner Tour lernst du illustre Orte und Plätze kennen, wo andere ihre “schönsten Wochen des Jahres” verbringen. So ganz nebenbei scheint es für dich auch noch Lehrstunden in Sachen Mitsegler zu geben. Das wird ja immer interessanter.
    Gruß Hans

    • themroc sagt:

      das lernen hört nicht auf und deshalb habe ich angefangen, die welt zu erkunden

      die neuigkeiten wollen einfach nicht abreissen

      gruss Wolfgang

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