Der einzige, auf den du dich verlassen kannst, bist du selbst. Vorausgesetzt, dass du gerade nicht in einer depression, schizophronie oder ähnlichem hängst. Frei von solchen symptomen bin ich heute zum zweitbesten anbieter gelaufen, habe vorher mit ihm gemailt. War nicht leicht zu finden, die suchmaschinensoftware ist ein wenig ungenau, so um dreihundert meter in einem gewerbegebiet mit vielen firmen. Es sollte so kommen, ich fragend durch die gegend laufend und der typ auf dem parkplatz kommt mir entgegen. Nicht nur, dass er mich mit meinem namen anspricht, er hat mich erwartet. Kommt zufällig auch aus Lille.
Warum ich seine firma nicht vorher kontaktiert habe, es war der falsche moment. Der preis des angebots damals war doppelt so hoch wie die versicherungsgrenze. Dann änderte sich vieles und ich habe auf die leute aus dem norden gehofft. Dieser fehler hat mich eine woche gekostet. Danach kam die günstigste firma und alles war im range. Bis zu dem zeitpunkt, als dort kein personal für die bergung zur verfügung stand und mein versicherungsansprechpartner in den geplanten krankenstand versetzt wurde. Alle pläne waren dahin, rettung in einem monat, vielleicht.
Somit kam die neue firma ins spiel, sie hat zeit und ressourcen. Es kann nächste woche geborgen werden, jedoch fahren auch sie nicht ohne eine anzahlung los. Somit habe ich zwei firmen, die bereit sind, das schiff vom riff zu ziehen, nur meine versicherung muss in vorleistung gehen. Oder kann jeder mal so kurz in die tasche greifen und fünfunddreißigtausend euro vorstrecken? Ich kann das nicht, und selbst wenn ich es könnte, wäre es mir technisch nicht mehr möglich, den geldtransfer von hier zu starten. Das ganze wird mit dem cover sicherheit gelabelt, bedeutet aber nur kontrolle. Keine überweisungen mehr per sms-tan, nur noch das verfahren mit neuen geräten. Kein geldtransfer, keine großen banknoten ohne kontrolle. Danke, großer bruder.
Die neue bergungsfirma hat gerade freie kapazitäten und deshalb sind sie auf den preis eingegangen, 35′€. Mehr geht immer, aber sie machen das, oder versuchen es. Wer spielt dagegen, meine versicherung, und ich bekomme schon wieder einen hals. Bei aller gnade und mit großem entgegenkommen sind sie bereit, die hälfte im voraus zu bezahlen. Nur die firmen hier kennen die versicherungen und legen erst ab, wenn das geld vollständig auf dem konto ist. Halb schwanger geht nicht und das begreifen die versicherungsfuzzies in Wien nicht.
Wenn nicht die ganzen bergungskosten gezahlt werden, ist das schiff ein totalverlust und das kostet 70′€. Heute ist Mo und ich werde gleich den vertrag unterzeichnen. Auch diese große versicherung in Österreich funktioniert nach demselben schema, und ich würde mich wundern, wenn sie mich nach der bergung nicht feuern. Dann wird es ohne absicherung weitergehen müssen, wenn das schiff bei der bergung nicht sinkt. Ich bin jetzt schon drei wochen hier seit der strandung. Mal sehen, wie stabil der verbeulte eimer noch ist. Wenn das finanzielle geregelt ist, kann es zum ende der woche losgehen.
Heute ist Mi, zwei tage vor dem ablegen und ein neues problemchen taucht auf. Keiner weiß, ob das schiff noch auf dem riff liegt oder sich verschoben hat. Meine versicherung besteht auf eine recherche vorher, verständlich. Nur will die marine nicht fliegen und es muss schon wieder eine lösung her. Die bergungsfirma kennt da ein paar piloten und es ist nur die frage, will die versicherung das bezahlen.
Der nächste tag, die gleiche situation. Kein geld auf dem konto. Keiner will fliegen und satellitenbilder sind teuer. Somit wird der aufenthalt in der herberge doch länger. Mein gepäck kann nicht abgeholt werden, da ich nicht weiß, wie die folgenden tage aussehen. Ein trauerspiel in mehreren akten. Ich habe mich erstmal mit nahrung für die nächsten tage eingedeckt, schlecht wird davon nichts, ist ja auch nur für den masseerhalt. Der nachmittag wird mehr bringen.
Jetzt ist es schon Fr und am morgen ging es sehr schnell. Die versicherung gab grünes licht, und meine nachfrage, ob mich jemand abholen kommen könne, wurde prompt beantwortet. Gleich ging es los, schnell noch das zimmer geräumt und keine zeit mehr, um mails zu senden. Erstmal ins büro, dort habe ich eine sicherheitseinweisung bekommen, danach zum schlepper und ein schneller rundgang. Ich habe ein einzelzimmer mit drei weiteren leeren kojen.
Um vierzehn uhr sollte ich wieder im büro sein und die zeit habe ich mit einer enttäuschenden mahlzeit fish and chips überbrückt. Für zwölf euro gab es ein stück fisch und fritten, beides zu fett, die remoulade fade. Der bauch war gefüllt, kurz in der marina vorbeigeschaut und die neue situation mitgeteilt.
Im büro ein versuch, die mails zu versenden, funktionierte auch nicht. Dann wieder zum schlepper und warten. Es ist schwül, warm und um fünf uhr waren sie mit den vorbereitungen soweit fertig. Nun müssen nur noch die maschinen gestartet werden und dann ablegen. Am So sollen wir ankommen. Ist halt eine fahrt von Hamburg nach München mit dem boot, also nicht mal kurz um die ecke.
Um achtzehn uhr ging der motor an und das habe ich kaum gemerkt, nur eine kleine schwarze rußwolke. Schön leise und das bei einem vierziger abgasrohr pro motor, in zentimeter, das gefällt. Nach zehn minuten wurden dann die beiden hauptmaschinen angeworfen, aus der traum. Der erste motor war nur der eine generator. Dann haben wir abgelegt und innerhalb der lagune war es ein ententeich. Als wir durch die riffpassage gefahren sind, habe ich es unten in der kombüse deutlich gemerkt. Ab jetzt schwankt das schiff, jedoch nur wenig. Das wummern der beiden reihenachtzylinder wirkt sehr schlaffördernd.
Vierzehn stunden weiter, nach einer besseren nacht als in der auberge, ist das meer außergewöhnlich ruhig, das betonen hier alle. Hoffentlich hält es an. Die routine steht an einem whiteboard, wer wann wache hat. Die motoren laufen immer noch auf fünfhundertsechzig umdrehungen und wir fahren um neun knoten. Alles ist im grünen bereich, zeitankunft geplant morgen um sechs uhr.
Was mich wundert, sind die vielzahl an instrumenten, die nicht funktionieren oder etwas falsches anzeigen. Ab und zu piept etwas, das wird dann weggedrückt. Die verkabelung ist für Neuseeland gemacht worden, einige neuere steckdosen sind geändert worden. Die navigations- und kommunikationsgeräte findet man auch schon im technikmuseum. Ein paar sachen sind neu, einen verkabelungsfehler zu finden wird teuer.
Die nacht auf So war kurz, zu groß meine aufregung, ob das schiff noch da ist. Der morgen um sechs war nieselig und das schiff war zu sehen. Dann mehrere schleifen gefahren und zum schluss weit in das atoll hinein. Respekt, hätte ich nicht getan, aber kapitän ist ja auch nicht allein. Dann wurden fender mit gewichten auf die korallenköpfe ringsum verteilt und danach fiel der anker. Man flog da viel rost ab, rund ein kilo.
Ich bin mit der zweiten fuhre zu Themroc gefahren, keiner war in der zwischenzeit auf dem schiff gewesen, schonmal etwas gutes. Nur hat sich das schiff rund hundert meter weiter bewegt. Der rumpf sieht noch immer gut aus, ein wenig mehr rost und kein wasser im schiff. Hätte ich nicht die zeit mit vagen versprechen vertan, wäre alles leichter gewesen. Von meiner seite habe ich alles getan für diese bergung, ventile dicht, ankerkettenklüse dicht, innen ein wenig aufgeräumt, das windsteueruder demontiert. Danach wieder den motorraum geschlossen und die dieselkanister im bad angebunden.
Dann kam eine herbe enttäuschung mit zerstörung. Die mittleren klampen sollen mit einem fünf zentimeter tau belegt werden und dafür wurde der süllrand in dem bereich herausgeflext. Ich weiss noch nicht, ob ich das wieder zusammenbrate oder ein schweißer.
Das wetter ist traumhaft, kaum wind oder wellen, und wenn nichts dazwischenkommt, geht es heute die hundertdreißig meter zurück ins wasser. Das bedeutet auch, dass die gute seite auch schrammen abbekommen wird, daumen drücken.
Während ich mich von einer warmen dusche trocknete, wurde indes das dicke seil nicht am schiff befestigt. Vielmehr war der kapitän im dingi und seine zwei guten mitarbeiter durfen ihr neues tauchequipement an einem markierten korallenkopf ausprobieren. Eine halbe stunde plus nachbereitung wurde vertan, der kapitän weiß hoffentlich, was er tut. Dann waren alle bereit, den anker zu liften. Das dingi war wieder vollgetankt, der große zweitakter hat einen kräftigen durst. Beim anheben fielen noch einmal zwei kilogramm rost von der kette.
Das ging bis zu dem zeitpunkt, als die kette ständig durch die kettennuss rutschte. Ein dickes seil mit haken über der winch wurde zerrissen, der anker war fest. Dann kam die sehr große flex heraus, der kapitän konnte den neuseeländischen stecker nicht in die dose bringen, das habe ich dann getan. In kurzer zeit war ein neunhundert kilogramm schwerer anker und zwanzig meter kette im atoll auf dem grund.
Die bojen wurden wieder eingesammelt und in dem moment drehte das wetter. Wind, regen und schlechte sicht. Der schlepper fuhr außen um das atoll herum, das dingi innen zum schiff. Die situation war so ungefähr wie vor einem monat, als ich auf das riff gespühlt wurde. Große brecher an der riffkante und eine starke strömung. Es wurde eine leine zum schiff geschossen und die drei am boot fingen an zu ziehen. Nach einer weile nahmen sie das dingi zur hilfe und zentimeterweise kamen sie mit der schwimmtrosse dem schiff näher.
Die dämmerung began und sie hatten eine verbindung zum schiff geschaffen, die zweite trosse fehlte und die vorbereitete schlinge von über dem probeller nach vorn war auch nicht verbunden. Dann waren sie erschöpft, es war fast dunkel und der außenborder wollte auch nicht mehr. Themroc hatte nun drei gäste für die nacht, die verbindung zum schlepper wurde getrennt, mit einem fender und gewicht versehen und wir tuckerten in die nacht hinein.
Heute am Mo sieht es schon wieder besser aus. Die drei haben überlebt und das schiff hat sich in der nacht zur riffkannte gedreht. Vielleicht war es gut, dass ich ein paar brocken korallen vom rumpf weggeräumt habe. Ein neuer tag und das wetter ist wieder besser.
Um halb zwölf war alles vollbracht. Es wurde eine neue leine rübergeschossen, eine weitere trosse auf das riff gezogen und mit der anderen verbunden. Ich war mir ziemlich sicher, dass das schiff ins wasser zurückkommt, denn die crew hatte nicht genug sprit um zum schlepper zu kommen. Sie musten den trip übers riff mitmachen, ihr dingi war hinten angebunden.
Dann den gang rein und mein schiff bewegte sich, fast trocken auf dem riff. Bei hochwasser wäre es zur zeit nur ein meter gewesen. Aber jetzt hundert meter in einer minute und es war wieder im nass. Nach zwanzig minuten und einer durchsicht auf lecks kam das trio zurück. Glücklich, hungrig und müde, die nacht war kalt. Im standgas mit sieben knoten geht es jetzt zurück nach Nuomea.
Die hälfte haben wir schon geschafft und morgen vormittag sollte es aus dem wasser gehen. Jetzt noch etwas auf dem boot zu regeln, geht anscheinend aufgrund der schlinge nicht. Das gespann muss in fahrt bleiben. Dabei sieht es ziemlich brutal aus, egal welche welle, drüber und durch. Immerhin wird so der vogelmist von einem monat weggespült. Und was mir sorgen macht, ist der großbaum, der hat sich losgerüttelt. Somit kommt er backbords heraus und schwingt wieder zur mitte zurück. Ein bergungsschaden, der nicht hätte sein müssen, und dabei hatte ich noch alles festgezogen.
Genau nach zeitplan sind wir wieder in Noumea eingetroffen, ein schlepper macht es möglich. Dann liefen noch ein paar unschöne aktionen ab. Als mein schiff längsseits geholt werden sollte, hatte es zu viel speed und rammte seinen anker in den schlepper. Das störte diesen nun weniger, jedoch ist mein anker total verbogen und angeschweißte muttern wurden abgespant. Dann war mein boot an der betonmauer zum lift fest, und der schlepper hat sich noch einmal mit einem streifzug verewigt.
Danach die durchsicht am schiff und die nackenhaare wollten nicht da bleiben, wo sie hingehören. Der großbaum hatte sich nicht losgerüttelt, hatte ich ihn doch gut gesichert. Das trio hat die schot gelöst und mit anderen reffleinen im segel verbunden und irgendwo festgebunden. Dieser segelschaden, die lazyjacks sind abgerissen, das kleine bimini war mit verbunden und ist total irreparabel verbogen und zerlegt, geht auf deren konto. Auch haben sie nicht die fünf zentimeter seile außen am rumpf geführt, sondern innen und dann an der vorletzten relingstütze nach außen. Diese konnte dann nicht der volllast von zwanzig tonnen schlepperkraft widerstehen und ist verbogen. Zum abschied bei der rückwärtsfahrt noch der touché an der reling, weitere biegungen.
Das war alles unschön, ärgerlich hingegen sind entstandene abstände zu den spanten im küchenbereich. Der kühlschrank wurde herausgedrückt und die arbeitsplatte angehoben. Da ist dann wohl doch etwas passiert. Mir ist es unerklärlich, warum der kapitän unbedingt am vormittag das schiff ziehen wollte. Zum einen wäre da sein trio, das die nacht auf dem riff schlecht durchlebt hat, das ist ok. Vielleicht ist es aber auch der morgige tag, ein feiertag mit langem wochenende und wer will den verpassen. Der heftige rumpfschaden wurde jedoch erst dadurch herbeigeführt.
Und zu guter letzt wollte keiner gewusst haben, dass ich in diese woche zum travellift komme, welch eine überraschung und alle termine sind leider schon belegt. Also vielleicht am Fr mit glück oder in der zukunft, nächste woche, irgendwann.
Warum habe ich die marina vorher informiert, nur aus spaß. War ich doch noch kurz vor der abreise dort und habe denen mitgeteilt, dass ich anfang bis mitte dieser woche komme. Als dienstleister würde ich mit solchem personal, wie in der marina oder auf dem schlepper sehr schnell altern. Ich sollte vielleicht das meiste woanders reparieren lassen, vertrauen ist wichtig.
Die fortsetzung folgt auf dem trockenen, mal sehen, wie es weiter geht.