Hello Tahiti

Es ist alles sehr, sehr teuer hier. Die marina saugt einem die kohle unter den fingernägeln heraus, fast vierzig euro die nacht plus strom und wasser. Dafür ist das wifi sehr langsam und nicht am schiff zu empfangen.
Meine erste aktion ist der besuch eines zahnarztes, um den backenzahn zu retten.

Damit ich ein wenig luft habe, ist die marina für eine woche meine. Es funktioniert hier fast alles, und ich habe die zeit, meine baustellen zu reduzieren. Die baustelle zahn ist für sechzig euro behoben oder aufgeschoben. Beim nächsten mal geht der zahn von bord, er ist schon gebrochen, schade.
Die nächste baustelle ist auch schon behoben, der oberwantenbeschlag, und eine neue ist dafür hinzu gekommen. Alles hatte ich so schön vorbereitet, die deckenverkleidungen innen abgeschraubt und wollte noch die isolierung entfernen. Habe ich dann doch sein gelassen, zu viel dreck und styrodur brennt nicht, schmilzt nur. Ich wollte noch ein brett im deckenbereich als abdeckung darunter stellen, habe ich aber vergessen.
Das schweißen ging unerwarteterweise sehr gut, ab und zu habe ich unten mal vorbei geschaut, alles war ok. Und dann hatte ich so einen guten run mit dem schweißen, die sticke zündeten super und das resultat war für mich sehr akzeptabel. Es fiel mir noch auf, dass nur noch vier zentimeter zum vollkreis fehlten, dann wäre die halterung ab gewesen. Dann nochmal nach unten schauen und da kam auch schon der qualm heraus. Etwas heißes war auf einen plastikdeckel getropft, dieser brannte, das styrodur ist weggeschmolzen, das küchenregal durch die strahlungshitze schwarz gekokelt und ein handtuch glimmte vor sich hin. Schön, dass ich meine schweißerhandschuhe an hatte und so das feuer löschen konnte. Dumm war nur das geschmolzene plastik auf dem handschuh. Das hätte sehr böse enden können, glück gehabt. Was beim aufräumen noch ekelig ist, brennendes styropor erzeugt kleine schwarze fäden und die sind jetzt weit verbreitet im schiff, dreck.

20180908 brandopfer

 

20180908 brandopfer isolierung

 

Unten im schiff ist alles durcheinander, die nächste baustelle habe ich eröffnet. Die motorfundamente im vorderen bereich werden erneuert, habe ich noch von den Falklands auf lager. Dafür muss aber der generator weg, die batterien darunter raus und der warmwasserboiler muss auch weg. Das alles ist schon ein akt und den boiler habe ich dann auch gleich versetzt, einen meter weiter zum bug. Das hätte ich schon in Berlin machen können, nur damals war er fast neu und heute habe ich die hülle mit dem zwei kilogramm hammer bearbeitet. Nun passt er unter das bodenbrett. Mit einem neuen macht man so etwas nicht.

20180909 boiler

 

20180909 boiler neuer platz

 

Heute habe ich das chaos zum sonnenaufgang verlassen, es ist Sonntag, markttag in der halle und auf den straßen davor. Es ist jeden tag markt, nur heute ist mehr davon. Warum ich gestern fisch im supermarkt gekauft habe, weiß ich heute auch nicht mehr, in der halle gab es davon reichlich und geruchsintensiv. In der anderen halle sind die asiaten zahlreich am zerhacken von gegarten gänsebrüsten, hühnern oder riesigen portionen vom schwein. Gern auch mal was rohes dazwischen. Vor dem frühstück meldete sich mein magen mit warnungen bei den gerüchen. Zwischen dem fleisch und dem fisch gab es backwaren, warum dort, wer weiß. Ich habe mir zwei schokocroissants gegönnt, der preis war überall gleich.
Draußen gibt es dann alles in schälchen und die haben ihren preis. Man sucht aus, es kommt in eine tüte und das geld wechselt den besitzer. Nur beim eierverkäufer lief das nicht so glatt. Dort gibt es immer nur eine große palette von fünfundzwanzig stück und ich wollte nur zwölf. Macht er nicht, obwohl er schon die dutzendpackung gefüllt hatte. Dann eben bei der nächsten eierfrau. Nach den karotten, tomaten, salat, paprika und gurken habe ich mir noch drei kleine wassermelonen gegönnt. Und wieder zurück zum chaos, kaffee mit dem gebäck zum frühstück. Die fotos sind vom wochentag, am Sonntag ist es zu eng, zu viel gedrängel und mehr diebe.

20180910 markthalle

 

20180910 markthalle

 

Eine information an die leserschaft und besonders an diejenigen, die kommentare absenden. Ich zensiere eigentlich nichts, aber ich habe einen spamfilter und da gibt es einstellungen, damit roboter mich nicht zutexten. Auch gibt es einen länderfilter und jetzt kommt der punkt: Falsches land und der kommentar ist in der quarantäne und wird automatisch nach vier tagen gelöscht, wenn ich nicht einschreite. Nur während ich auf dem meer bin, kann ich nicht handeln. Ich bekomme nur eine mail mit dem inhalt des kommentars und deshalb erfahre ich es überhaupt. Also bitte nicht böse sein, wenn das geschriebene nicht erscheint, danke zum beispiel an Hugo für seine textergänzung, du oder dein server waren im falschen land.

Die motorfundamente sind noch am Sonntag fertig geworden, die halterung vorne links ist nicht ohne richtigen aufwand lösbar. Dafür müsste die seewasserpumpe entfernt werden, um an die schrauben heranzukommen. Dann fast alles tastend in einem halben meter tiefe, gibt nur weiteren ärger. Irgendwie habe ich den motor mit den fundamentschrauben und am ende mit einem wagenheber leicht hoch bekommen. Das in sich zerlegte fundament raus, das neue angepasst, austausch und absenken. Ich bin nicht glücklich mit der lösung, der gummipuffer hat nur eine schraube zum motorwannenblech bekommen, muss halten. Beim probelauf hat sich Mr Perkins nicht so sehr bewegt und beim ausschalten nicht so gerüttelt.

Da vieles zugänglicher als sonst ist, habe ich am Montag den hauptölfilter gewechselt, ein wenig öl hinzu und fertig. Danach bin ich zum batterien suchen durch die stadt gelaufen. Die läden sind verteilt und so habe ich gegenden gesehen, die ich sonst nicht betreten hätte. Im ersten marinezubehörladen wurde die standard hundert amperestunden batterie in agm technologie für dreihundertachtzig euronen aufgerufen. Und ich brauche zwei davon. Um die ecke gab es ein autozubehörgeschäft mit einer markenware zu zweihundertzwanzig oder ohne marke für hundertfünfzig euro das stück. Geht doch und schon hatte ich sie fast gekauft.
Die temperaturen stiegen schon auf dreißig grad, der nächste marineladen machte mittagspause und ich habe mich auch irgendwo an einem stinkenden kanal im schatten ausgeruht. Auf der anderen seite war ein geschäftiges treiben, aber so nicht auszumachen. Es stellte sich als gartenbaumarkt heraus und dieser hatte als promo die batterie für neunzig euro. Kein agm, aber wartungsfrei, das reicht. Meine lichtmaschine macht sowieso nicht genügend volt für die teuren batterien, also das ist ok.
Dann noch einen letzten dealer angelaufen, der konnte aber nichts und zurück zum schiff. Die gute alte handkarre herausgekramt und wieder zum gartenmarkt. Mal sehen wie lange diese teile halten, wenn es nur ein viertel der zeit der teuren batterien ist, passt es immer noch.
Am schiff nassgeschwitzt angekommen, das blei ins schiff gewuchtet und eingebaut. Erster fehler, die pole sind vertauscht, hatte ich nicht richtig bedacht. Passt aber trotzdem und der anlassser zieht sauber durch, hurra. Wenn nach dem ausschalten nur nicht dieses plätschern wäre.
Ich hasse diese selbstverursachten mißgeschicke und schreien hilft da auch nicht so richtig. Den öleinfülldeckel habe ich nicht wieder reingeschraubt und dort ist auch der rücklauf des nebenstromfilters dran. So pisste dort das schöne motoröl heraus und sammelte sich, nachdem es über den ganzen motor gelaufen ist, in der wanne bei den motorfundamenten. Hat man keine arbeit, macht man sich welche.

Vielleicht sollte es ja so kommen, es war viel öl, zwei normale, eine sehr große küchenrolle und ein paar lappen mussten kräftig saugen, um das große blech unter dem motor zu säubern. Ich habe fünf liter wieder aufgefüllt und somit war es der erste ölwechsel nach achtzehnhundert stunden. Die eiserne motorölreserve ist jetzt in der benutzung und einen neuen kanister habe ich gestern dann auch gleich noch gekauft.
Zur mittagszeit war ich noch einmal beim zahnarzt, durch eine plötzliche gehstoppbewegung hatte ich die beiden kauleisten aufeinander gepresst, die zunge war glücklicherweise nicht dazwischen. Nur eine ecke der neuen füllung war danach im mund. Ein patient war vor mir da, also bitte warten.
Da hat man zeit zum nachdenken und so langsam kamen mir gedanken zum spannungsabfall von batterien während des startens, die scheinbar ok sind, in den kopf. Da das bei mir der fall war, konnte während dieser zeit das magnetventil auch nicht ziehen und den diesel frei geben. Am abend hatte ich es dann wieder eingebaut, funktioniert wieder. Ein guter tag für Mr Perkins, frisches öl und ein intaktes ventil.
Für mich lief es dann nicht so gut, durch den biss ist der zahn weiter gebrochen und locker. In zwei stunden, morgens um acht kommt er raus, der zweite zahn in meinem leben, ade.

Dafür, dass er gewackelt hat, war er noch sehr fest verankert. Viel betäubung hilft viel, trotzdem bleibt so ein merkwürdiges gefühl beim herausreissen. Das war der problemzahn mit der nervigen wurzel. Dass das ganze aber so blutig wurde, habe ich nicht gedacht, eine erinnerung an einen schlachthof kam auf.
Nichts heißes essen, keinen sport treiben, wenig bewegen, was kühles und keine akrobatik. Somit war kein masttag angesagt und die aufgaben müssen am Do erledigt werden. Ich bin stattdessen zur motu-uta gelaufen, namensgeberin meiner hauptbausponsorin. Luftline unter tausend meter, nur ich musste außen herum zur ehemaligen insel laufen. Dort hat sich der zoll niedergelassen und der gibt einem einen zettel für duty free diesel. Das ging super schnell und war sehr einfach. Bei der rückkehr war intensives kühlen des mundraumes angesagt.

Einen tag vor der abfahrt aus dieser marina war dann doch noch gerödel. Mehrfach war ich im mast, weil ich das richtige werkzeug nicht dabei hatten, aber am nachmittag war die liste abgearbeitet und das chaos im schiff grob beseitigt. Morgen am Fr geht es fünf meilen weiter zur anderen marina, dort kann man draußen auch ankern.

War das ein erholsamer aufenthalt in dieser marina Papeete, eher nicht. Das war mir vorher klar. Der romantische ankerplatz zur hafenmole, den tausende segler bis in die späten neunziger genutzt haben, ist der marina zum opfer gefallen. Damals lag man mit dem heck zur mauer und kostenfrei. Die vierspurige straße nahm man in kauf. Heute zahlt man viel geld für eine sechsspurige hauptstraße. Morgens um fünf fängt der verkehr an und endet spät abends. Dann gibt es auf der anderen seite ein nachtlokal mit livemusik, die gassenhauer der letzten vierzig jahre. Kein schönes erlebnis. Das einkaufen von hier ist weit, nur der markt ist nah. Auch sind die mobilen restaurants nur fünf minuten weit entfernt und so wollte ich am letzten abend dort vieles probieren. Der zahn kam dazwischen, kein streetfood.
Papeete ist recht groß, vieles ist heruntergekommen, zu vermieten oder abbruchreif. Etwas richtig altes gibt es nicht, nur der kleine park auf der anderen straßenseite. Man muss hier nicht unbedingt den hafen anlaufen.

Am vormittag habe ich mich dann davongemacht, in richtung der anderen marina. Wieder einmal vergebens den port control gerufen und das jeweils zweimal, auch vor der landebahn des flughafens. Keine antwort, also habe ich den besonderen bereich nach einem flugzeugstart schnell überquert. Ich weiß nicht, ob die böllerschüsse mir golten, ich war aus meiner sicht keine gefahr. Am anderen ende das gleiche spiel. Von oben habe ich unten im funkgerät gebrabbel gehört, vielleicht auch meinen schiffsnamen, nun denn. Heute habe ich mal die handfunke durchgemessen und zwei kabel hatten keinen durchgang, kein lautsprecher und kein was weiß ich. Also dieses kabel muss neu.
Als ich beim flughafen um die ecke bog, traute ich meinen augen nicht, über hundert schiffe liegen hier vor anker oder an einer mooring. Eine lücke zur marina habe ich gefunden, nachdem ich den zollfreien sprit getankt habe. Das ist reichlich diesel für dreiundsiebzig cent pro liter, bis neuseeland mindestens. Die marina ist römisch katholisch und ich mag das nicht, schwer einhandtauglich. Mein plan sieht es vor, am Mo wieder hier aufzubrechen, da es reichlich wind gibt und der stimmt für den weg rüber nach Moorea.

Aber der plan ging schon wieder nicht auf, zuerst kein wind, dann ein wenig, danach zehn minuten reines segeln und am ende wieder einrollen. Dazu teilweise regen bis kurz vorm pass in Moorea. Die wolken waren noch tief, aber unten konnte ich gut sehen, einen platz suchen und den anker wieder fallen lassen. Jetzt bin ich in einer der bekanntesten buchten der welt und es ist dauerregen, so ein mist. Aber irgendwann kommt auch die sonne zurück.

20180918 cookbay

 

20180919 cookbay

 

Heute morgen konnte ich draußen frühstücken, der regen hatte am späten abend aufgehört. Nach dem baguette jedoch kam der niesel zurück. Die cookbay im regen, na schön. Meine vorstellung dieses platzes war vielleicht auch realitätsfern. Rings um die bucht verläuft eine straße und das ist ab und zu laut. Der fluss, der hier endet, bring viel sediment mit sich, das wasser wird sehr braun, türkis ist es sonst. Aber im großen und ganzen ist es recht nett, die schiffe hängen nicht so dicht bei einander, man hat platz.

20180918 cookbay regen

 

Das war am letzten ankerplatz nicht der fall und zum wochenende wurde es richtig nervig. Jeder der ein motorboot, jetski oder ähnliches hat musste da lang fahren, mit vollgas am ankerfeld vorbei. Ich hoffe, dass seine schraube einen schaden bekommen hat, derjenige, der meine ankerplastikflasche abgefahren hat.

Es sind nicht die bellenden und heulenden hunde in der nacht, nicht die knatternden mopeds oder die ausflugstouristen auf den gelben quads in fünfergruppen. Diese bucht hat ihre guten zeiten vor dreißig bis vierzig jahren gehabt, dann gab es einen boom mit urlaubern, die etwas besonderes haben wollten. Die ressorts und hotelanlagen entstanden und noch mehr leute kamen und noch mehr verkehr. Und schon war die küstenstrasse laut und die ersten kleinen hotels mussten schließen und verfallen langsam. Ich wiederhole mich, aber hier rottet es vor sich hin. Die defekten baumaschinen am ende der bucht stammen aus den guten zeiten, heute sind sie zugewachsen und rosten weiter. Viele der häuser sind verlassen und haben das gleiche schicksal.

20180919 cookbay

 

20180919 cookbay

 

20180919 cookbay

 

20180919 cookbay

 

20180919 cookbay

 

Eine bucht bin ich weiter und hier sieht es besser aus, von weitem sehr gepflegt und bewohnt. Am anfang haben sich die schiffe gehäuft, am riff so um die dreißig bötchen und am ende der bucht keins. Mich hat es dann auch in die mitte gezogen, dort war ein neueres schiff und altlasten. Das ganze vor einem magasin, was will man hier mehr. Die auswahl ist aber schlechter, als auf den atollen. Warum sich nur die menschen mit schiffen als herdentrieb auf einem fleck sammeln müssen.

20180919 cookbay nachbarbucht

 

Mein nächstes ziel wird morgen früh in hundert meilen entfernung erreicht werden. Somit habe ich gute dreißig stunden zeit, um durch den pass von Raiatea zu fahren und zu ankern, ohne verlust.

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