Wundenlecken in Mindelo

 

Diesmal ohne bilder.

Die marina kostet dreizig euronen am tag, plus strom, plus wasser. Viel geld für mich, aber es gibt keine andere auf den Kap Verden. Der tagesverdienst liegt hier auch wieder um zehn euronen, die menschen denken, dass die segler reiche säcke sind. In der relativen betrachtung haben sie recht, nur ich bin es nicht. Einer meiner drei rechner muckt herum und ich musste den bildschirm tauschen. Der neue war auch defekt, also ein weitere musste her. Inzwischen kann ich diese dells schon blind zerlegen.
Die immigration mit dem hafenmeister haben sich sehr gebessert. Die ganze prozedur dauerte nur zehn minuten und war umsonst, keine sechshundert escudos wie damals.
Meine mails hole ich in einem restaurant ab, wie vor acht jahren. Der download ist langsam, aber upload ist schnell. Von den neunhundert mails waren zwanzig prozent spam und der rest hinweise auf versuchtes eindringen in meinen blog. Ganze drei mails waren für mich, keine gute ausbeute.
Der ersatzteileshop in der marina existiert nicht mehr. Also eine pumpe oder ersatzteile zu kaufen wird zum abenteuer. Wenigstens der diesel ist hier noch bezahlbar, für hundertzwanzig cents der liter. Das wird sich aber auch ändern, denn sie fangen an ein kreuzfahrtschiffterminal zu bauen. Deshalb auch die neuen gelben fahrwasserwegstonnen. Dann kommen die verfetteten amis und plündern die stadt. Die preise steigen und die verarmte bevölkerung muss weichen, hurra. Das einkommen liegt hier bei zweihundert euronen im monat oder wer es gesundheitlich kann auf dem bau schwerst zu arbeiten bekommt fünfzehn am tag.

 

Ich fange langsam an die liste abzuarbeiten. Es gibt hier auch wochenenden, habe ich völlig verdrängt, denn jeder tag ist sonntag für mich. Der windgenerator ist wieder zurecht gebogen und der verklemmte tropfen öl kam in die welle hinein. Nun läuft er wieder und macht krach.
Ich will das ja noch nicht so recht sehen, eine weltumseglung. Die definition dafür mag unterschiedlich sein. Meine ist wieder zum startland zurück zu kommen. Aber doofland reizt mich gerade nicht. Da ich meine kurslinie von vor acht jahren gekreuzt habe, sind einige der meinung, ich habe es geschafft. Aber somit wäre ich auch der erste, der mit einem Luftschiff die welt umsegelt hat. Anton ist nicht mehr, vielleicht hätte er sich gefreut.

 

Endlich habe ich meine genua abgeschlagen und auch das grossegel. Alles kein spass, neue verbindungen zu den rutschern angenähnt und auch den segelkopf repariert. Dort zerlegen sich die nähte. Das muss bis Spanien halten und dort gibt es eine rundumüberholung. Ich dachte der segelmacher würde heute um zwei uhr kommen, war wohl nichts. Das segel habe ich gefälligst gefaltet bei ihm abzuliefern. Vor acht jahren war da mehr service von ihm. Also morgen auf ein neues.
Dann muss ich lesen, dass die amerikanische sprengung der pipelines von einer segelyacht aus vollzogen wurde. Das equipment passt nicht auf das schiff, das wasser ist zu tief und die versallenregierung in Berlin hält die bevölkerung für strunzdoof, aber vielleicht sind sie das ja auch in doofland.
Das paradies ist hier auch weiter gezogen, sie halten zuerst die hand auf und helfen danach rudimentär. Mein versuch zwei impeller für die bilgenpumpen zu kaufen, scheiterte an den einhundert euronen, die sie aufgerufen hatten. Herstellungskosten von zwei plus versand aus China macht vier pro stück und nicht fünfzig. Sie sind gierig und verschlucken sich dabei.

 

Der schnacker, der mich durch die stadt geführt hatte, wollte am ende natürlich ein salär. Er brauchte angeblich milchpulver für sein baby, beim arsch des propheten. Das pulver hat er sicherlich wieder verscherbelt und die zweitausend escudos anderweitig genutzt. Gestern laberte er mich schon wieder auf der strasse an, ich kann mir menschen merken, er wohl nicht. Er leugnete, dass er mich kennt, aber es war der gleiche vortrag, wie eine nutte, die eine zurecht gelegte geschichte für den freier erzählt. Und er wollte mich schon wieder abziehen, beinahe hätte er eine gebrochene nasse gehabt, neben seiner narbe unterm auge, an der ich ihn erkannt habe.

 

Die reparaturen laufen schlecht, ersatzteile gibt es nicht. Ich werde wohl noch eine weitere woche bleiben müssen. Es weht hier immer wind, meine segel kann ich so nicht wieder einfädeln.

 

Am wochenende war ich aktiv im motorraum, das wasser muss raus. Und dafür musste ich den abgaskrümmerschlauch entfernen, um mit einer pütz das wasser zu schöpfen. Um hundert liter gingen so ausserbords. Heute am Mo habe ich den schlauch wieder an seinen platz gebracht und einen motortest gestartet. Mr.Perkins ist mit seiner letzten geduld in die marina gelaufen. Er will nicht starten, also fehlersuche und ich glaube, dass die starterbatterien aus Thaiti fertig sind. Sie ziehen den anlasser sauber durch, aber dabei kommt der magnetschalter an der einspritzpumpe nicht aus dem quark. Kenne ich schon seit den Falklands. Der schmierige schwarze süff im vorfilter des wasserabscheiders ist auch raus und ich habe das erste mal einen der grossen dieselfilter im system getauscht, nach dreitausend stunden. Morgen ist ein neuer tag. Und ich habe das erste geldstück auf der strasse gefunden, vielleicht kommt das glück zurück.

 

Der filter direkt an der einspritzpumpe ist auch neu und jetzt läuft der motor, als wenn nichts gewesen wäre. Ich habe eine weitere woche bezahlt, hier wollen sie es im voraus. Wenn der service nicht stimmt, pech gehabt. Die hundertfünfzig liter wasser, die ich bezahlt hatte sind auch weniger geworden. Der tank ist noch nicht voll und das kann nicht sein. Sie wissen von nichts. Meine lösung wird der wassermacher sein, aber abends, wenn die schiffstoiletten unbelegt sind.
Am ende der ersten woche im Juli ist hier dann schluss, leider tritt mir niemand in den arsch, damit die restarbeiten erledigt werden. Muss ich auch selber machen und den restvorrat an motivation muss ich dringend finden. Dabei muss ich nur noch auf den mast und den windmesser checken, die hydraulik nochmals entlüften und vielleicht den autopilot zur mitarbeit überreden.
Die tägliche routine geht wenigstens. Ich habe jeden tag einen supermarkt besucht, konserven, mehl, nudeln und frischwaren gekauft. Was hier immer noch gut ist, der fischmarkt. Der stand mit den wenigsten fliegen ist meiner. Das ist frauensache, ein fisch und der wird dann von männern dreizig meter weiter zerlegt. Traditionelle rollentrennung. Es sieht für die hiesigen verhältnisse recht sauber aus. Draussen am strand zerlegen sie auch frische fische, das blutwasser landet im sand und die kakerlaken sind dort sehr zahlreich, nicht so lecker. Die preise sind aber einheitlich, drei euronen das kilo für den fisch.

 

Was geht hier noch so ab. Es hat sich vieles in acht jahren verändert, ein grosser schritt war wohl die plandemie. Die hat vielen hier das genick gebrochen. Sobald die menschen hier einen kleinen handschlag machen, halten sie die hand auf, ich wiederhole mich. Das habe ich auch unter den einheimischen beobachtet. Dann fällt mir der anstieg der prostitution auf. Für ein sehr kleines geld verkaufen sich die menschen. Da ist etwas faul. Gehe ich aus der marina heraus, kann ich in zwei stunden dreizig bettelnde hände treffen. Natürlich haben sie alle hunger, nur ein offeriertes brot können sie angeblich nicht beissen. Kohle soll rüberwachsen. Die einen versaufen das geld für groc, einen hochprozentigen lokalen schnaps, die anderen aggressiven rauchen wohl crack. Diese marina dient laut vielen verschiedenen aussagen zum anlanden von kokain und die offiziellen schauen mit offenen händen weg.
Es ist für mich sehr traurig, das hier war der erste fremdkontakt. Nicht mehr Europa und noch nicht Afrika, eine mischung. Sie machen sich alles kaputt.

 

Endlich war mal kein wind und so konnte ich um mitternacht meine genua einfädeln. Der rest wird beim segeln justiert. Heute im morgengrauen wieder ruhe draussen und das gross mit den segellatten ist wieder an seiner position. Das sind grosse schritte hier. Den wassermacher habe ich nun doch nicht gestartet. Hundert liter wasser kosten zwei euronen und der tank ist voll. Auch wenn sie schon wieder beschissen haben, es waren höchstens fünfundsechzig liter.
Die wunde des windmessers ist erstmal nicht zu lecken. Die halterung ist mittig gerissen und das teil war nur noch durch das kabel fixiert. Ging ohne und wird auch so bleiben müssen. Meine vhf antenne ist auf St.Helena stifften gegangen und an der halterung schauen nur noch zwei kleine drähte heraus. Ich schnacke sowieso nicht so gern.
Der taucher für die rumpfreinigung war ein schnorchler. Nach zwei stunden war er fertig und der grösste teil der handbremse ist ab. Am abend gab es dann noch ein bier im anal, ein lokal von einheimischen. Wie es wirklich heisst, weiss ich nicht, nur der grosse werbebanner ist um eine ecke befestigt. So kann man aber den ersten buchstaben, ein C, nicht lesen. Vor der bar lungern im dunkeln alle, die etwas brauchen, zigaretten, drink oder doch besser gleich geld. Mit einem habe ich meine mütze getauscht. Er bekam die geschenkte fishercompany von St.Helena und ich habe nun eine mit der aufschrift OBEY. Er wusste sicherlich nicht, was es damit aufsich hat. Wir werden uns wohl in der nächsten zeit daran gewöhnen oder der elektronische geldhahn wird abgedreht. Dann geht nichts mehr, aber der deutsche michel merkt ja schon heute nichts mehr.
Ich habe heute am Fr ausklariert und werde bis So ankern. Also wieder ein bischen offline, das geht schon. Der nächste geplante stopp ist Horta, in zwei wochen wenn es gut läuft.

 

 

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