Back to my roots

Aufregen und ausrasten vor dem rechner bringt ja rein gar nichts, nada, also lass ich das mal sein. Der buchversender von der englischen insel hat anscheinend mein geld genommen und das einiger anderer auch und hat den laden einfach dicht gemacht. Das ist ärgerlich, zumal ich den weiteren seeweg meiner reise planen wollte. Das muss also noch erfolgen.
Der internetbasierte oberbuchhändler hat mir mein geld aber erstattet und eine neue order ist schon auf dem weg. Hoffentlich kommt diese an. Alternativ habe ich viele beschreibungen aus dem netz heruntergeladen – wird auch reichen müssen, im schlimmsten fall.

Meine planungen laufen also erstmal ohne die notwendige literatur weiter. Ich habe über fünfzig ankerplätze und mögliche häfen in meine karten eingetragen. Dazu habe ich noch eine weitere wetterseite gefunden (leider nur online) mit strömungen und wellen, das ganze von jedem ort auf der welt.

Und damit fangen die überlegungen an: Es wird keine spazierfahrt bis nach Kap Hoorn. Was danach dort abgeht, kann indes entspannter gesehen werden.
Zum einen habe ich ein zeitfenster, das man einhalten sollte, da unten in Patagonien. Am besten von januar bis spätestens april sollte das revier durchfahren sein, danach kommt der südwinter. Der zweite aspekt ist die entfernung dorthin, der kürzeste weg von Franz. Guayana wären viertausendsechshundert seemeilen, die aber so nicht gesegelt werden können. Das thema richtiger wind kann erstmal vernachlässigt werden. Zum anfang muss ich zum passatwind gegenan, das bringt wenig spaß und geht langsam.
Dafür muss ich erstmal ein stück zurücksegeln, richtung Afrika, aber innerhalb eines korridors, in dem die strömung gegen mich am geringsten ist. Nach eintausendfünfhundert seemeilen kann ich dann rechts abbiegen, richtung süden.

Realistisch denke ich mal dauert das einen monat. Das sind viele tage, an denen ich mich fragen kann, warum und muss das sein und warum habe ich den masochisten in mir nicht früher entdeckt. Danach noch weitere achthundert meilen südlich bis nach Brasilien. Dort kann ich dann lebensmittel und andere vorräte auffüllen. Aber ich bin dann erst im norden des kontinents. Bis Rio de Janeiro sind es noch dreizehnhundert meilen und da ist auch schon der zweite monat verbraucht.
In Montevideo bin ich nach weiteren tausend meilen. Da ich aus Guayana nicht vor ende september wegkommen werde, wäre es jetzt schon ende november. Den rest bis Kap Hoorn von zwölfhundert meilen schaffe ich bis ende dezember. In der summe sind dies fünftausendachthundert seemeilen, im optimalen fall.
Soweit alles gut, nur ich sehe von den ländern kaum etwas und der wind muss mit mir gut sein, das ist wunschdenken. Wenn das alles einigermaßen klappt, kann ich mir drei weitere monate den arsch in Patagonien abfrieren. Das ist das ziel und meine idee. So schnell komme ich da auch nicht wieder hin, und es soll sich ja landschaftlich lohnen. Karg, öde und einsam gefällt mir, jetzt noch aus der warmen perspektive Berlin gesprochen.

Für ein paar tage bin ich nach Hamburg gefahren, um nach dem rechten zu sehen. So bald werde ich dort auch nicht mehr auflaufen, wenn alles nach plan läuft.
Diese kurze reise hat sich um einen tag verschoben, fieber, irgendeine nicht schmerzhafte entzündung. Arzttermin, besorgnis und blutabnahme, wenn es akut ist, meldet er sich.
Und das hat er auch getan, also ist das nicht lustig, aber ich bin erstmal in Hamburg und habe den arzttermin auf nächsten Montag gelegt. Positiv denken, immerhin ist es keine malaria, das wurde auch getestet.
Der zweite termin war schon besser, wieder aderlass und kein rückruf. Dafür war ich noch beim halsnasenohrenarzt, gleiches haus, gleicher stock, nur andere seite. Auch nichts konkretes, aber vielleicht bringt ein ct der chronischen nebenhöhlen eine erkenntnis. Und da altwerden auch probleme mit sich bringt, bin ich noch den kurzen schmerzen im zahnbereich nachgegangen. Jetzt habe ich eine wurzelbehandlung bekommen, bis zwei tage vor dem umzug, na klasse, hat mir noch gefehlt.

Diese roots meinte ich allerdings nicht. Vielmehr war doch über vierzig jahre Hamburg meine heimat. Während des kurzen aufenthalts konnte ich nur ein paar sehr wichtige freunde treffen, die vielen schönen plätze der stadt müssen noch warten. Und ein paar der speziellen orte, die ich in guter erinnerung habe, sind auch schon weggebaggert, leichte wehmut. Zum beispiel die damals ganz neue klinik im krankenhaus, wo ich das licht erblickt habe. Heute schon platt und durch ein neues haus ersetzt.

Das erste buch über ankerplätze im südlichen pazifik ist mittlerweile angekommen und hat sich schon bewährt. Die auf zwei blogs erwähnten inseln in der südsee habe ich sofort im buch gefunden. Jetzt fehlt nur noch das andere buch über Chile. Eigentlich läuft es sehr gut, der backupkompass ist auch eingetroffen. Und für die warmen gewässer habe ich noch ein neues tauchset geordert. Zwei tage später, im exakten zeitintervall wurde es angeliefert. Einer unterwasserreinigung des schiffsrumpfs steht nur noch die ekelige braune brühe in Guayana im sichtweg.
Dann fehlen nur noch mitsegler, aber an der front ist stille. Für eine langweilige atlantiküberquerung findet man genügend leute, für Kap Hoorn sieht es schlechter aus. Ein netter hat sich gemeldet, mal sehen, wie und ob es weiter geht.

In weniger als einen monat ist hier der umzugstermin, also nachmieter finden, packen, versorger kündigen und so weiter. In ein paar wochen gibt es neues zu berichten.

 

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7 Antworten auf Back to my roots

  1. Jörg sagt:

    Moin Wolfgang,

    Da muss ich mich aber Gela anschließen. Das hört sich gewaltig nach Hardcoresegeln an. Absolut entgegen Deiner bisherigen Vorgehensweise, die doch eher gemächlich war, sogar nach Sevilla bist Du gefahren, was ich noch in keinem anderen Blog gelesen habe. Und nach der Atlantküberquerung warst Du nicht gerade euphorisch über den zurückliegenden Törn. Macht es nicht vielleicht mehr Sinn, den kommenden Südfrühling / Sommer dazu zu nutzen, die bisherige Art beizubehalten und so weit wie Möglich Richtung Süden zu kommen, um im nächsren Schritt unten rum zu gehen? Was treibt Dich? Und ich denke, dort gibt es sehr sehr viel zu entdecken.
    Wie dem auch sei, ich danke Dir jedenfalls für Deinen Blog und dass Du uns an deiner Reise teilhaben lässt.
    Schreibst Du uns noch, welche Bücher Du für Deine Planung nutzst? Bis bald Jörg

    • themroc sagt:

      Ja das klingt sehr doof, zeitlassen ist bisher auch angesagt gewesen. Ich müsste mich dort ein ganzes jahr lang herum drücken, wobei Brasilien nur 90tage geht, dann ausreisen und wieder kommen.
      Wenn das segeln mir gegen den strich geht, muss ich mir was einfallen lassen.
      gruss WOlfgang

      • Jörg sagt:

        … im Pazifik wird noch genug gesegelt. Da warten ganz andere Dimensionen auf Dich.
        Die Sache mit den 90 Tagen Visum für Brasilien ist doch auch nicht schlecht. Das treibt Dich etwas voran. Obwohl Brasilien ja riesig ist, mit einer unendlichen Küste….

        • themroc sagt:

          Wenn es gut geht, komme ich auf dem rückweg in brasilien vorbei. Jetzt habe ich auch keine lust die nächsten 15monate an der küste zu verbringen. Diese ist segelfreundlich von süd nach nord.
          Wenn es nicht funktioniert, geht noch der kanal, will ich aber eigentlich nicht.

          optinistischer gruss
          Wolfgang

          • Kai sagt:

            Viele lösen das 90-Tage-Problem indem sie mit dem Bus eine Landtour ins Nachbarland machen um sich einen Stempel für den Reisepass zu holen. Danach zählen die 90 Tage von neuem. Wenn du Tipps für Patagonien/Kap Hoorn brauchst, die kann ich dir geben…

  2. Gela Anders sagt:

    Hallo Wolfgang und Sabine,
    dann rann an den Speck und einen Happy Umzug wünsch ich euch.
    Und warum gerade Lille, hab ich da was überlesen…?
    Dein geplanter Kap Horn Törn scheint aber ein wenig grenzwertig in der jetzigen Planung, oder.
    Was für Etmale möchtest du den schaffen um den Schnitt zu halten.
    Da must du dem Wettergott Rasmus aber einige gute Opfer bringen,
    so vorab das er auf dich acht gibt und dir die eine oder andere gute Briese schickt.
    »Rasmus altes Rübenschwein, lass uns heute nicht allein«

    Beste Grüße
    Gela Anders

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