Refit teil zwo
Der slipyard ist fast zu und die restlichen schiffe, so auch ich, müssen mindestens einen monat warten. Das wusste ich vorher und es stört mich auch nicht. Dass auch gleichzeitig Thailand zu ist, stört mich ebenfalls nicht. Man kann das land verlassen, nur man kommt in kein anderes land hinein. Und alles weil ein paar leute etwas großes vorhaben. Wir werden sehen, Orwell 2.0.
Das austauschen der außenhaut am schiff geht voran, das dritte loch ist fast zu. Durch die schnelle hilfe von anderen, bauenden luftschiffbesitzern weiß ich jetzt auch, wie die reihenfolge der verschweißungen sein soll. Die farbe ist auch schon geordert und den preis für das sandstrahlen kenne ich. Es geht also weiter, nur heute ist wieder ein Freitag und das nimmt der schweißer wörtlich. Dafür werden sie nächste woche zu zweit arbeiten.
Inzwischen habe ich die windsteueranlage abgebaut, ich will ja nicht ganz untätig sein. Das zerlegen ging allerdings nach hinten los. Einige imbusschrauben sind so festgegammelt, dass ich sie aufbohren musste. Bei der letzten überholung in Argentinien haben sie geschlampt und die edelstahlschrauben direkt in das aluminium gedreht. Diese beiden materialien reagierten seitdem. Die lagerbuchsen werden fast alle ausgetauscht, das spiel des systems ist einfach überall zu groß, in der summe riesig. Der nächste ozean ist groß und die steuerung ist sehr wichtig dafür.
Das blech nummer sechs im loch nummer drei am schiff ist fast drin. Morgen wird es hoffentlich fertig geheftet sein und loch nummer vier wird offen sein. Ich gehe währenddessen immer zwischen der baustelle, den buchsen für die windsteuerung und dem schiff hin und her.
Aber heute ist Sonntag und ich hatte wieder den roller. Einmal zum großen supermarkt, der recht gut sortiert ist, danach zum hühnerfrittierladen kentuckyschreitficken. Das erste mal in meinem leben, mal etwas neues. Kurz vor dem rollerparkplatz noch vier neue t-shirts erstanden mit sinnfreien aufdrucken. Irgendwie zog es mich dann noch in den riesigen baumarkt. Dort habe ich das motoröl, das ich in Neukaledonien für sehr teures geld erworben hatte, wiedergefunden. Hier kostet der liter nur zwei euro dreißig, also ein viertel von dem goldöl.
Und weil heute sowieso nichts läuft, bin ich mal zum strand. Sie nennen es beach, ich eher küste. Kein richtiger sand und auf der anderen seite ist Langkawi in sichtweite. Auch habe ich die stelle wiedergefunden, an der ich mich festgefahren hatte. Nach fünf stunden auf dem roller bin ich dann wieder am schiff angekommen, der hintern tut weh vom sitzen.
Am Montag war dann das loch nummer drei zu und das vierte wurde aufgetrennt. Diesmal nicht mit dem brenner, das war mir zu heikel im badbereich. Gleichzeitig sind weitere buchsen gedreht worden, es sieht gut aus. Noch zwei boote gehen ins wasser und keins mehr raus. Somit kehrt hier ein wenig ruhe ein. In diesen monat muss sich im schiff einiges bewegen, personal ist genug da und nur drei aktive boote.
Es gibt hier keine kleinen t-eisen, nur die größe ab zehn zentimeter. Also fertigen die mitarbeiter hier die teile selbst. Wie schnell die eine schablone dafür gebaut haben, war erstaunlich. Sicherlich nicht das erste mal. Dann eine kurze heftung, ein flachstahl unten in der nut, eins senkrecht darauf. Einer heftet die teile zusammen, während der andere mit dem hammer die vorrichtung weitertreibt.
Der eine manager wollte dann die l-profile aus flachstahl biegen, das ist murks, wurde von mir abgelehnt. Der andere manager hatte vorher ein u-profil besorgt und es wurde eine seite abgeflext. Dann kam es zwischendrin zu einem kleinen eklat. Am ende siegte abflexen gegen biegen.
Das war gestern, und heute wird hier kräftig im schiff geschliffen und das ist wieder scheiße. Als abhilfe dient ein großes gebläse, das den staub aus dem schiff saugt, denn die stahlplatten haben noch den zunder drauf und sind nicht grundiert. Außen wird eh gesandstrahlt, aber warum haben die den dreck nicht vorher entfernt. Arbeitsreihenfolge und effizienz sind noch nicht bis hierher gedrungen.
Heute ist Mittwoch, der fünfundzwanzigste März. Die finanzindustrie hat längere arme und so gibt es ab heute eine quasi ausgangssperre, zumindest in Bangkok. Hier auf dem land gibt es schon mal zwei kontrollposten zum fiebermessen bis nach Satun. Diese vollpfosten machen jeden blödsinn mit. Die schulbildung ist schlecht und viele enden im mindestlohnbereich. Eine fremdsprache ist oft mangelware. Keine bildung, keine perspektive und kuschen. Die amerikaner haben im illegalen vietnamkrieg aus diesem land einen groß puff gemacht, und das ist er geblieben, frauen zählen nichts bis wenig. Muss ich mehr schreiben.
Auch hatte ich geschrieben, dass der slipyard geschlossen ist. Ja, nein, weiss nicht. Ein segler ist noch hier und geht sehr bald ins wasser. Nur es kommt keiner mehr heraus, oder fast keiner. Wenn es aber um den könig geht oder seine machterhaltenden instrumente, dann lutschen die menschen hier jeden drops. Das personal des schiffes wird intensiv und mit mehr demut gegrüßt. Heinrich Mann mit seinem untertan lässt grüßen, geht es noch ein wenig tiefer, die hier können das.
Somit ist am Donnerstag der slipyard zu, quasi fast. Zwei weitere polizeiboote sind an land und wie flink sie arbeiten.
Dafür gibt es einen neuen schweißer am schiff, älter, ruhig und soll erfahren sein. Während er mal hier und dort ein stück zu schweißt, damit kein verzug entsteht, schleift ein jungsporn im schiff. Der dreck ist außerordentlich, für den zunder auf den platten benutzt er eine schrubbscheibe. Jetzt erstmal grob geschliffen, danach noch einmal fein, dilettanten mit dreifacher arbeit. Das gleiche schleifen mit den t-schienen, vor dem schweißen wäre es einfacher gewesen. Aber dann gleich farbe rübergüllen. Die brennt doch beim schweißen wieder ab.
Am Freitag war dann die besatzung wieder kleiner und ich als feuerwehrinspekteur im schiff. Lebten die flammen zu lange, habe ich sie gelöscht. In Papeete habe ich gelernt, dass die isolierung auch brennen kann und das ist mist.
Sie haben wenig zu tun und deshalb wird das schiff schon mal eingetütet. Ich habe ihnen gesagt, dass das sandstrahlen erst erfolgt, nachdem ich neue halterungen für die küche eingeschweißt habe. Aber sie haben doch zeit.
Somit war am Sa großes aufgebot, außen hat zuerst der alte die nähte gezogen, der mit der flex hat die senkrechten nähte grob geschliffen. Innen war der standardschweißer aktiv, mit der flex und danach schweißend an den ersten innennähten. Bis jetzt sieht es gut aus, aber es war heiß im schiff. Ein paar kiloampere sind in wärme verwandelt worden.
Nachtrag zu den patroullienbooten, egal ob sie aus stahl sind oder aluminium. Das große erste boot hatte ein kleines loch im rumpf am bug. So floss dort über zwei tage landwasser heraus, nachdem das loch vergrößert wurde. Ich habe das auch mal abgeschmeckt, süsswasser. Dann stellte sich heraus, dass der wassertank ein leck hat. Was war das ergebnis, sie haben das loch im rumpf zugeschweißt. Der wassertank wurde nicht repariert, sechs opferanoden sind schon mindestens seit dem letzten anstrich nicht mehr vorhanden. Diese leute fahren das material auf verschleiß, nicht weil sie es müssen, sondern weil sie keine bildung haben. Es ist keine frage ob, sondern nur wann das nächste loch durchgammelt. Bei den anderen schiffen sieht es ähnlich aus, dort hätte sogar ich schon die anoden getauscht. Überall auf der welt bei bildungsfernen gesellschaften ist es das gleiche. Ist irgend etwas kaputt, weil es nicht gewartet wurde, wollen sie einfach ein neues haben. Erfahrungen eines seglers während der reise.
Am So war wieder ein ausflug angesagt, vorher noch in den großen supermarkt und danach wieder in den baumarkt. Dort habe ich zwei räder für meine sackkarre erstanden, die leider nicht passen, ein paar Liter motoröl und elektrokabel.
Um dort hinzukommen, gab es erstmal einmal fiebermessen am ortsausgang. Wie sinnfrei ist das, hätte ich fieber und vielleicht auch das virus, ist es eh zu spät, da ich es seit tagen schon verbreitet hätte. Nun egal, die menschen haben einen bezahlten job und das ist viel wert in diesen land.
Das nächste fiebermessen war unmittelbar in der tür zum supermarkt, mit strichen auf dem boden und dabei wichtig tun. Und auf dem weg dorthin hielt eine frau mit kind auf einem roller an der roten ampel neben mir an und gab mir einen mundschutz. Nett gemeint und danke, trotzdem sinnlos.
Zurück zum schiff, die waren abgeliefert und weiter geht die reise. Diesmal nicht in richtung meer, sonder immer links abbiegen, ich habe keine karte und muss mir den weg merken. Die landschaft ist recht flach, kleine steigungen mit ein paar hügeln. Diese sind von monokulturen bewachsen. Entweder es sind gummibäume mit ritzungen und auffangbehältern oder noch palmenplantagen. Wenn das gebiet tief und flach ist, findet man auch teiche für garnelen. Das ende der straße war am fluss, eine brücke, dann der weitere ort und ende. Dort beobachteten die menschen schon sehr interessiert mein verhalten. Umkehren und wieder zurückfahren.
Hierzu sollte es einige bilder geben, jedoch habe ich die kamera im roller gelassen und ein anderer konnte sie gut gebrauchen. Das geht auch als test durch, denn nur auf dem werftgelände hatten sie zugriff. Somit muss ich ein wenig mehr auf den inhalt des schiffes achten.
Nachtrag: gestern am Di abend habe ich die kamera wiederbekommen, jemand aus dem büro hat sie gerettet. Also gibt es doch wieder bilder.
Somit ist jetzt Mo und die woche fing nicht gut an. Der alte mann in der werkstatt, der wusste, wie vieles funktioniert, und der die manschaft koordiniert hat, ist tot. Er meinte, als siebzigjähriger müsse man arbeiten bist zur kiste, ist auf das dach seines hauses geklettert, um den wassertank zu reinigen. Der war fast leer, doch er musste sich an irgendwelchen stromleitungen festhalten. Die finger verbrannt und der austritt in der brust. Man fand ihn stunden später im tank, ein Darwin award kandidat oder man bucht ihn einfach auf den virus.
Das ist bitter für die familie und den rest im ort, jeder kennt alle und der größte arbeitgeber/nehmer ist diese werft hier. Somit ist der alte schweißer an meinem boot sein bruder, die verwandschaft in der werkstatt und alles steht still. Das nächste problem längerfristig ist das verlorene wissen.
Dem schweißer, der den rumpf stückweise ersetzt hat, habe ich verklickert, wie die t-eisen zu verschweißen sind, dass man dafür sinnigerweisse ein u-eisen werkzeug mit schraube benutzen kann, da es die arbeit beschleunigt und verbessert. Er hat es auch beherzigt und wendet es an, die qualität wird hoffentlich besser. Heute am Di sind schon die unteren beiden längsverstärkungen im schiff.
Heute kam zudem mein neues ankerwinschgetriebe. Natürlich kann es nicht beim ersten mal passen. Diesmal ist die welle vom motor zu klein oder der adapter zu groß. Kein problem, es wird etwas dazwischen gebaut, mal sehen.
Heute ist Fr der dritte april und die situation verschärft sich. Das große milgram experiment geht auch hier in die zweite phase. Zusammensitzen und essen geht vor dem kleinen laden innerhalb der werft nicht mehr. Man hat kurzerhand den shop zum restaurant definiert und aus der schmaus. Futter to go ist aber noch möglich.
Milgram wurde im jahr der ersten machtergreifung geboren und starb im orwellschen jahr, schon recht komisch. Alle machen mit, denunzieren der nachbarn die nicht mitspielen läuft sehr gut. Ich warte nur noch auf den zeitpunkt, an dem man das coronapositivabzeichen, feindsenderseherabzeichen oder selbstständigdenkerabzeichen auf seine jacke nähen muss. Die obrigkeit hat schiss, zu recht und muss sich vor dem pöbel schützen. Wird dann aber nichts mehr nützen.
Heute sind drei wochen seit dem projektmeeting vergangen, das schiff ist noch immer offen und nicht fertig. Wenn sie wort halten, stehe ich hier ab morgen für umsonst.