Falklands schwieriger Abschied

Ein wetterfenster zu bekommen, das richtig passt, bedarf einer langen wartezeit, wenn man sie hat. Die vorbereitungen waren abgeschlossen, alles funktionierte. Und am Mo ging es dann mit dem ablaufenden wasser los. Wenig wind und strahlender sonnenschein und auf dem meer sollte es recht gut werden.
Den motor gestartet und dann festgestellt, dass sich ein navigationsdisplay nicht meldet und inaktiv ist. Schnell mal eben das untere mit dem im cockpit getauscht, hat funktioniert. Dann das großsegel im hafenbereich hochgezogen und es ging los. Durch den austausch der geräte gab es nun aber keinen autopiloten mehr, echt blöd. Somit war handsteuerung angesagt, das übt ja bekanntlich.

Auf der imaginären linie, an der man sich an- oder abmeldet, hat Martin eine patenthalse hingelegt, der wind war fast eingeschlafen. Da wir zwischen ein paar felsen waren, musste der motor ran. Doch dieser wollte nicht anspringen, das erste mal, leichte panik. Sprit war da, kam wohl nicht an den einspritzdüsen an, somit schnell den magnetschalter getestet. Dafür noch den dieselfilter entfernt und keinen fehler gefunden.
Der wind hatte sich inzwischen gedreht, und die beste lösung war es, zurück zu segeln. Auf dem funkkanal sechzehn meldete sich keiner, keine schlepphilfe zu erwarten. Der anker war vorbereitet, die eventuelle mooring kam auch in frage, und so wir haben das erste mal unter segeln den alten platz erreicht, ohne weiteren bruch, hurra.

Einen richtigen fehler an der einspritzpumpe konnte ich nicht finden, habe dafür eine dichtungsscheibe unter den magnetschalter montiert. Danach mehrere startversuche bis die batterie fast am ende war. Mit der entlüftung der düsen dann sprang der motor doch noch an und lief. Ausschalten, einschalten, und es ging nichts mehr. Das ganze noch einmal und dann lief er doch noch. Nur das funkgerät muckt auf, empfangen ja, senden nur schlecht, muss bis Chile ohne gehen.

Somit war Martins kleiner steuerfehler im endergebnis doch sehr gut. Wäre uns erst mitten auf dem meer die verweigerung des motors aufgefallen, wäre viel zu kotzen gewesen.

20170126 abschiedsflagge

 

Das navi-instrument wurde neu gekrimmt und funktionierte auch wieder, zwei stunden lang. Somit gibt es im cockpit erstmal wieder keine windanzeige, aber der autopilot lebt.
Inzwischen ist auch der windanzeiger auf dem mast verschwunden und ein mastrutscher in der segelmitte ist gebrochen. Nur mit der genua und dem dritten reff im großsegel ging es weiter. Die nacht war heftiger als die vierzig bis fünfzig knoten tagsüber. Am morgen war der spuk vorbei und der zweite tag auf see war ein motorsegeltag. Nur nicht genau in die zielrichtung zur Staaten Insel, das kann also noch dauern.

Am nachmittag ist der wind eingeschlafen, motor aus und treiben lassen. So vergingen der abend und die nacht. Am morgen, achtzehn meilen weiter östlich gab es dann eine fettwartung am antrieb, kaffee und es wurden wieder die segel gesetzt. Hauptsache irgendetwas mit süd und west im kurs, Mr Perkins ist immer dabei.

Die flaute setzte sich auch am dritten, vierten und fünften tag fort. Da waren wir schon auf der höhe der Staaten Insel, nur leider hundertachtzig meilen östlich. Das neue konzept hieß dann, hauptsache nach westen kommen.

20170122 flaute

 

Flaute auch in der nacht zum sechsten tag, jedoch kam morgens um fünf uhr ein wind mit vierzig bis fünfzig knoten aus südwest. Bei strahlendem sonnenschein ging es nach nordwest, so gut es ging. Diesmal auf dem anderen bug und dabei flogen zwei teller durch die kombüse bis zum tödlichen aufschlag auf dem boden. Fast zur selben zeit hat eine böe die neuen repeller an den generatorenmast gedrückt, schredder, schrott. Haben nur eine woche gehalten, das wird langsam teuer. Am abend wieder windausfall und treibend durch die nacht.

20170122 repeller schrott Xte

 

Am morgen des So war der kurs vorerst südwest, dann wurde daraus nordwest. Eigentlich nur noch hundertvierzig meilen bis zum ziel. Zum abend hin wieder das gleiche spiel, der wind wurde für hoch am wind kurse zu schwach. Wir nutzten die zeit, um den segelrutscher auszutauschen und die großfallrolle zu fixieren. Nach dem abendbrot gab es dann unerwartet wind für unsere richtung südwest. Mit dem reparierten groß und der genua ging es in die nacht hinein. Nach vier stunden mussten wir in der nacht reffen und der kurs war immer noch super. Am morgen dann das erwachen, der wind hatte schon wieder gedreht. Also eine halse fahren und wieder nach nordwest bei strahlendem sonnenschein.

flk staaten1

 

Dieser südatlantik zeigt sich von seiner gemeinen seite. Die brutale eigenschaft hatte ich ja schon in den roaring fourties zu spüren bekommen. Nur diesmal kommt frust auf, man will zum ziel und der wind spielt nicht mit.
Alle, die über die Falklands nach Patagonien wollen, sollten sich zeit nehmen. Das schiff sollte in Stanley jeden tag abfahrbereit sein, und ich rate tunlichst, auf das passende windfenster zu warten. Die entfernung zur Staaten Insel lässt sich gut in drei tagen bewältigen. Die ungeduld des schnellen ablegens aufgrund von zeitdruck zahlt man mit entsprechenden tagen auf see. Alle winde mit einem nordanteil gehen gut, auch ein seltener ostwind passt. Leider sind gerade jetzt die westwinde vorherrschend, also von da, wo wir hinwollen.

Heute ist der dreiundzwanzigste Januar und wir sind seit einer woche auf see. Diese pleite übertrifft alle bisherigen rekorde in sachen umwege. Der wind war heute morgen so schwach, dass nicht einmal die segel standen. Das wurde dann im laufe des vormittags besser und jetzt läuft das schiff selbstständig in richtung nordwest. Aber es sind noch immer oder schon wieder um achtzig meilen bis zum ansteuerungsleuchturm.
Dafür ist das chicken tikka marsala während der ruhigen phase schonmal vorbereitet worden, es kann hier auch ganz schnell anders werden.

Ich kann nicht sagen, ob diese sandbank, die burdwoodbank, auswirkungen hat. Gestern abend vermutete ich aber ein starke strömung um zwei knoten an ihrer grenze. Also dieses gebiet besser meiden. Dafür gab es gestern eine walsichtung und ein dutzend delphine.

flk staaten 2

 

Am tag nummer acht roch es plötzlich verbrannt, schnell mal den kopf in die luke gestreckt und nur alte socken gerochen. Einen kilometer neben dem schiff hatte sich ein trawler geräuschlos, aber nicht geruchsarm herangeschlichen. Auf dem radar waren dann zwei von der sorte zu sehen. Diese begleiteten uns bis zum abend hin, dem ende der südwest segelei. Der wind war dieses mal für uns, nicht zu stark und in die richtige richtung. Und dann hinter einer großen wolke die plötzliche landsichtung, hurra!

Die zunächst aufkommende idee, eine der ersten buchten anzulaufen, wurde nach einer stunde wieder fallengelassen. Unbekannte bucht, im dunkeln und viele felsen versprechen keine ruhige anfahrt. Somit startete ich den versuch, zur zielbucht zu kommen, eine weitere schreckliche nacht. Kaum wind, motor läuft und eine strömung, die nicht der freund ist. Erst zum morgen hin kam wind und die Staaten Insel konnte nach westen abgefahren werden.

20170125 isla des los estados

 

20170125 isla des los estados

 

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Der kurzeitige wind flaute ab und wurde durch den motor ersetzt. Das meer war ein ententeich und fünf stunden später erreichten wir die einfahrt zum vielleicht besten ankerplatz in Patagonien. Pinguine an der einfahrt und im wasser, viel grün, bäume und steile felswände. Wenn man die erste bucht durchquert hat, kommt die zweite nach einer sehr engen passage.

20170125 puerto hopner

 

20170125 puerto hopner bucht1

 

20170125 puerto hopner bucht1 einfahrt

 

In der zweiten bucht liegen wir zwischen dem ufer und einer kleinen insel mit dem anker und zwei landleinen. Nach neun tagen ein gigantischer anblick, plätscherndes wasser, einen wasserfall und sonnenschein. Hier könnte ich länger verweilen.

20170125 puerto hopner bucht2

 

20170125 puerto hopner bucht2

 

20170125 puerto hopner bucht2 einfahrt

 

Dieser kampf mit dem wind hat erstmal ein ende, nur noch über die Le Maire Straße. Das wird noch ein dicker brocken werden, ist aber überschaubar. Die reise bis hierher hat neun tage gedauert, ohne den ersten versuch. Geplant dafür hatte ich drei, eine kleinere grobe fehlschätzung.
Auf den karten sind die violeten kreuzkurse und kreise sichtbar. Die rote und blaue linie war der gedachte optimale weg von dreihundertzwanzig meilen. Wir haben dafür siebenhundertzwanzig gebraucht. Dazu haben wir über hundert liter diesel verfahren. Bruch gab es reichlich, vieles wird hier in Puerto Hopner repariert werden.

flk staaten 3

 

Der abschied mit wolken um die berge fiel nicht so leicht, mit sonnenschein wäre es richtig schwer gewesen. Der plan war, mit dem auflaufenden hochwasser zum absprungankerplatz, dem letzten vor der Le Maire Straße, zu fahren, um dort den tidenwechsel abzuwarten.

Draußen auf dem meer mussten wir aufkreuzen. Der wind war so gut, dass wir am absprungankerplatz weiter gefahren sind. Der nächste ankerplatz ist in fünfzig seemeilen am anfang des Beagle Kanals. Die vielen hinweise, warnungen und horrorstorries zu dieser meerenge haben das schlimmste schon vorweg genommen. Wir hatten ein echt gutes wetterfenster, wind aus der richtigen richtung, sonne, der strom war hauptsächlich mit uns und die wellen auch. Wirklich schlimm sieht anders aus, mit zehn meter wellen und sturm.

Jedoch gibt es an den rändern einen gegenstrom. Trifft dieser mit den wellen zusammen und der wind mischt mit, so gibt es eine kochende hackbrühe ohne fleischeinlage. Die wellen sind steil um einsfünfzig und auf dem kamm spritzt das gegenlaufende wasser in die höhe. Diese zone ist mehrere meilen auf beiden seiten breit. In der mitte war es recht gut, bis auf dass der wind häufig ausfiel. Der motor musste sehr oft gestartet werden und lief dann lange mit. Somit war die überfahrt sehr viel länger als geplant.

Auf der anderen seite ging es in die nacht hinein, jeder durfte mal schlafen gehen. Am morgen habe ich dann den ankerplatz gestrichen und es ging gleich zum nächsten weiter. Diese guten dreißig meilen sollten recht schnell gehen, lief das schiff mit dem wind gerade um fünf knoten. Das war leider nur kurze zeit der fall, die regel waren drei. Dann streikte der wind und der motor musste sich gegen eine strömung und das ablaufende wasser durchkämpfen.

Nach insgesamt fünfunddreißig stunden fiel der anker in einer ruhigen bucht am Beagle Kanal, direkt unterhalb der armada. Dabei war der motor dreißig stunden gelaufen und hat siebzig liter diesel geschlürft.

Nach Puerto Williams sind es nur noch dreißig meilen, das kann aber bekanntlich auch dauern. Diese motorbootfahrerei geht mir schon jetzt auf den senkel und die kanäle in Patagonien sind lang.

Ein weiteres problem sind die navtext meldungen. Habe ich mir doch eine neue wetterbox gekauft, da ich die alte am ladegerät geschrottet hatte. Nur empfange ich hier nur warnungen, aber keine wettervorhersage. Haben die etwa den wichtigen teil eingestellt? Echter mist.

Am nächsten morgen brauchten wir zwei versuche, um aus der bucht zu kommen. Das erste mal gab es draußen im kanal eins auf die nase. Das wollte uns wohl auch der mitarbeiter der armada mitteilen, leider gab es rufverständigungsprobleme. Zu viel wind und genau aus der richtung, in die wir wollten. Das ist hier wohl auch das grundproblem.

Beim zweiten mal am abend ging es besser. Nur mussten wir hier aufkreuzen, um voran zu kommen, alles mit motorunterstützung. Zum sonnenuntergang wurde dann wieder die windmaschine abgestellt, echt merkwürdig. Nach insgesamt vier stunden haben wir die zwischenbucht erreicht, mal sehen was das italienische buch so kann, das ist die bibel für Patagonien. Der mond half nicht und so ging es in eine rabenschwarze kleine bucht hinein. Ein wenig taschenlampe, eine kleine runde gedreht und schon fiel der anker.

20170130 dunkle bucht

 

20170130 dunkle bucht

 

20170130 dunkle bucht

 

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Am morgen fing dann der ruhige trip nach Puerto Wiliams an. Am letzten abend hatte uns noch einmal die armada angefunkt, alles bestens. Am nächsten tag wollte uns wieder keiner verstehen oder reagierte nicht. Dafür gab es diesmal einen besuch mit dem patrolienboot.
Danach war der leichte wind weg und der meldete sich auf die letzten zwei meilen wieder. Mit dem motor gegenan war fast unmöglich, fahrt unter einem knoten. Im sturm mussten wir wieder kreuzen, die böen hatten sechzig knoten wind, auch bei vierzig plus bis fünfzig ist es kein spaß mehr. So haben wir zwei stunden für die letzten zwei meilen nach Puerto Wiliams gebraucht. Ich brauche das sicherlich nicht.

Jetzt mal sehen, was dieser ort so kann.

 

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